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Ein „Lex Uber“ teuer erkauft?

Print-Ausgbae 12. Juli 2019

Wirklich zufrieden zeigt sich eigentlich nur die Wiener Taxiinnung, die sich bei der Politik für die Beendigung des „ruinösen Wettbewerbes“ bedankt: Ihr jahrelanger Kampf gegen den Konkurrenten Uber hat den weltweit agierenden Fahrten-Vermittlungs­dienst mit der Novellierung des „Gelegenheitsverkehrsgesetzes“ an den Rand der Aufgabe des österreichischen Marktes gebracht. In der letzten Sitzung des Nationalrates vor der Sommerpause wurden die Gründe für die von ÖVP, SPÖ und FPÖ beantragte und ohne jede Begutachtung beschlossene Änderung des Gesetzes ausführlich diskutiert. Man war sich im Wesentlichen einig: Neue Geschäftsmodelle hätten dazu geführt, dass Taxi- und Mietwagengewerbe die gleichen Leistungen zu völlig unterschiedlichen Bedingungen anbieten. Die Neuregelung soll dazu führen, dass die Vorzüge beider Seiten erhalten bleiben, aber zu fairen, für alle gleichen Bedingungen.

Klartext sprach NEOS-Tourismussprecher Sepp Schellhorn: Das neue Gesetz sei in der WKO geschrieben worden, mit dem Ziel, „Uber tot zu sehen“. Er unterstrich das Fehlverhalten des Unternehmens, das lieber Millionen an Bußgeld in Kauf nimmt, als die rechtsverbindlichen Taxitarife und Rahmenbedingungen zu respektieren. Er hob aber auch die Vorzüge des Geschäftsmodells hervor, das Dynamik durch Wettbewerb, bessere Leistungsqualität durch Transparenz und hohe Akzeptanz durch attraktivere Preise vor allem bei jüngeren Kunden brachte. Die unbestreitbaren Probleme durch eine Überreglementierung bis zur amtlichen Vorschreibung fixer Tarife zu lösen, sei „ein Schlag ins Gesicht jedes unternehmerisch und marktwirtschaftlich denkenden Menschen“.

Ist das novellierte Gelegenheitsverkehrsgesetz tatsächlich mehr als eine „Lex Uber“? Aus dem Gesetz wurde das „mit Personenkraftwagen ausgeübte Mietwagengewerbe“ einfach eliminiert und mit dem Taxigewerbe unter dem neuen Dach „Personenbeförderungsgewerbe mit PKW“ zusammengelegt. Für Taxis bringt das kaum wesentliche Änderungen, für Mietwagen fällt die „Rückkehrpflicht“ weg, die dazu zwingt, nach jeder Fahrt zur Betriebsstätte des Vermieters zurückzukehren – außer einer Schikane gegen Uber nur ein sinnloses, umweltfeindliches Ärgernis. Dafür wird für alle Mietwagenfahrer, für die bisher auch ein Probeführerschein als Berufsvoraussetzung reichte, der sogenannte „Taxischein“ verpflichtend, ein Befähigungsnachweis samt Prüfung. Vor allem aber müssen sich künftig nicht nur die Taxis, sondern alle Mitglieder des neuen Gewerbes an ein Tarifsystem halten, das der Landeshauptmann für ein bestimmtes Gebiet erlassen kann, aber nicht muss. Sinn macht ein fixer Tarif nur für den traditionellen Taxibereich. Wenn mit September 2020 die klar erkennbare Trennung von Taxi und Mietwagen verloren geht, bleiben für alle anderen nur Ausnahmereglungen für jene Fahrten, die nicht nach dem Tarif abgerechnet werden müssen. Ihre Definition umfasst neben einfachen Punkten wie Krankentransporte, Schülerbeförderung oder Fahrten über Landes- oder Tarifgebietsgrenzen hinaus, auch recht komplizierte. Um zu erreichen, dass die Tarifpflicht nur die „Spontanbeförderungen von Personen“ – also das bisher klassische Taxigeschäft – erfasst, nicht aber das typische Mietwagengeschäft, sind zwei Ausnahmen an Zeitlimits gebunden: Bei Fahrten, die über eine Pauschalvereinbarung abgerechnet werden, muss der Fahrpreis über dem Zeittarif für eine Stunde liegen. Und wenn ein Fahrzeug über einen „Kommunikationsdienst“ für mindestens 90 Minuten im Vorhinein gebucht und ein auf der Basis des geltenden Tarifes berechneter voraussichtlicher Fahrpreis genannt wurde, dann ist in jedem Fall dieser zu verrechnen, auch wenn der tatsächliche Fahrpreis darüber liegt.

Das ist genau so kompliziert, wie es klingt. Wenn’s korrekt zugeht, muss bei jeder Fahrt, die nicht nach Tarif abgerechnet wird, dokumentiert werden, welche Ausnahmeregelung in Anspruch genommen wurde – eine Horrorvorstellung. Entschärft wird das Problem offenbar dadurch, dass völlig unklar ist, wer das kon­trollieren soll. Wenn es ein „Lex Uber“ ist, wurde es teuer erkauft: Ein klaglos funktionierendes System wurde durch ein bürokratisches Chaos ersetzt. Dass alle Beteiligten versichern, es könne sich nur um einen ersten Schritt handeln, ist ein schwacher Trost: Wann es wieder eine Regierung gibt, die keine anderen Sorgen hat, als sich mit diesem Randproblem zu beschäftigen, steht in den Sternen. Jedenfalls Zeit genug für die kreativen Uber-Juristen, eine gangbare Hintertüre zu finden.

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