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Airbnb ist nicht mehr zu bremsen

Print-Ausgabe 11. August 2017

Gleiche Rahmenbedingungen für gleiche Tätigkeiten: Das ist nicht nur die Forderung der Hotellerie, wenn die Tätigkeit der Privatquartier-Vermieterplattform Airbnb (und ähnlicher) diskutiert wird, dazu bekennt sich auch die Politik. Bisher drehte sich alles darum, wie man Airbnb bremsen könnte. Bei einer Sommerpressekonferenz präsentierte der Obmann des Fachverbandes Hotellerie Siegfried Egger als „erste konkrete Maßnahme“ einen Ansatz, wie man das Problem anders angehen könnte: Wenn es schon nicht möglich erscheint, private Vermieter mit den gleichen teuren Auflagen von der Sicherheit bis zum Gesundheitsschutz zu belasten, mit denen auch der kleinste Gewerbebetrieb drangsaliert wird, könnte die Wettbewerbsgleichheit auch erreicht werden, indem man diese entsprechend davon entlastet.

Kleine Beherberger entlasten

Als dafür geeignetes Vehikel sieht Egger die „Genehmigungsfreistellungsverordnung“: Wie dieses juristische Wortungetüm erkennen lässt, stellt diese bestimmte Betriebe von der Pflicht zu einer Anlagengenehmigung frei. Aufgezählt werden darin Einzelhandelsbetriebe mit Ausnahme des Lebensmittelhandels bis zu 200 m², Bürobetriebe und einige andere, deren geringes „Gefährdungspotential“ diese Ausnahmeregelung rechtfertigt. Das würde auch auf kleine Beherbergungsbetriebe zutreffen und der Fachverband Hotellerie strebt die Ausdehnung der Freistellung auf alle gewerblichen Beherberger mit bis zu 30 Betten an. Damit wären die kleineren Vermieter in wesentlichen Punkten nicht schlechter gestellt, als ihre private Konkurrenz. Damit wären aber auch die Vermieter von Airbnb zumindest gewerberechtlich aus dem Schneider: Bei einer Freigrenze von 30 Betten wird es nur wenige geben, bei denen es sich lohnen würde, sie gewaltsam den Auflagen des Gewerberechts zu unterwerfen. Davon auszugehen, dass die Airbnb-Vermieter nur mit Kleinbetrieben in ungleicher Konkurrenz stehen, geht allerdings an der Realität vorbei: Die Zusammenfassung auf der Plattform Airbnb gibt den ehemals schwachen Einzelkämpfern die Marktmacht einer internationalen Kette, mit der die Struktur der Branche aufgemischt wird.

Versuche, die ausufernde Privatquartier-Vermietung durch Begrenzung der zulässigen Vermietungsdauer, durch das Verbot einer Zweckentfremdung von Wohnraum oder Registrierungspflicht einzubremsen, brachten wenig: Sie blieben an den Grenzen von Eigentumsrecht und Datenschutz hängen. Was bleibt, ist die Sicherung der Ortstaxe. Kein Wunder: Umsatz- und Einkommenssteuerpflicht hängen von den Einkommensverhältnissen der Vermieter ab, nur die Ortstaxe ist für jede Vermietung fällig. Um sie eintreiben zu können, würden die Gemeinden von Airbnb die Daten ihrer Vermieter brauchen. So viel Transparenz könnte diese allerdings vergraulen, daher wird von den Plattformen die Herausgabe dieser Daten aus Datenschutz-Gründen konsequent verweigert. Die Stadt Wien hat im Vorjahr in einer Novellierung des Tourismusgesetzes dekretiert, dass die Kundendaten der „registrierten Unterkunftgeber“ zur Verfügung zu stellen seien. Und für den Fall, dass doch nicht, gleich den Plan B mitgeliefert: Nötigenfalls kann auch die Plattform die Ortstaxe für ihre Vermieter abführen. Etliche Bundesländer, die ihre Tourismusgesetze ebenfalls überarbeiten, folgen diesem Beispiel. Und Airbnb wird darauf eingehen: In einer Aussendung wurde mitgeteilt, dass bereits mit 270 Städten solche Vereinbarungen getroffen wurden und mit weiteren 100 in Europa Gespräche laufen. In Wien seit letztem Herbst, und Tourismusdirektor Norbert Kettner meinte auf die Frage, welches Ergebnis er zum bevorstehenden Ende der Übergangsfrist erwarte, mit entwaffnender Offenheit: „Ich kenne keine Stadt, die von Airbnb die Vermieterdaten erhalten hat.“

Hotellerie verkraftet Konkurrenz

Er unterstrich aber auch, dass es eine wachsende Zielgruppe gibt, die das Bedürfnis hat, in einer (privaten) Wohnung untergebracht zu sein. Die Hotellerie scheint das gut zu verkraften: Im ersten Halbjahr ist nicht nur ihr Umsatz um fast 10 Prozent überproportional gestiegen, auch die Auslastung hat sich von 67 auf 69 Prozent erhöht.

Wenn die Ortstaxenansprüche der Städte demnächst erfüllt sind, kann man das Thema Airbnb abhaken, bis auf ein paar Hoteliers sind die Kritiker befriedigt. Was bleibt, ist ein zusätzlicher Vertriebskanal, der deutlich billiger ist, als booking.com & Co. Immer mehr Hoteliers haben dies schon erkannt – nicht nur jene mit weniger als 30 Betten.

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