Tourismusausschuss im Nationalrat

Vertagte Entschließungsanträge, düsterer Sommer-Ausblick, Reisebüros kein Thema

T.A.I. 24 TOP News

Die Corona-Auswirkungen auf die Tourismusbranche standen im Mittelpunkt der jüngsten Sitzung des Tourismusausschusses im Parlament, die am 10. Juni 2020 über die Bühne gegangen ist. Als Experten in dem von Obmann Gerald Hauser (FPÖ) geleiteten und unter Anwesenheit von Tourismusministerin Elisabeth Köstinger abgehaltenen Ausschuss zugezogen waren diesmal Wolfgang Kleemann (ÖHT - Österreichische Hotel- und Tourismusbank), Oliver Fritz (WIFO) und Manfred Schekulin (Prodinger Steuerberatung). Drei weitere Experten hätte gerne NEOS Tourismus- und Wirtschaftssprecher Sepp Schellhorn zugezogen, die jedoch, wie Schellhorn kritisierte, „nicht zugelassen worden“ wurden.

Die „Vollbremsung"

Ebenfalls zur Sprache kam der „Bericht zum Tourismus in Österreich 2019“, doch der stand aus verständlichen Gründen im Schatten der Debatte: nach dem in den Ferienregionen noch äußerst erfolgreichen Winter 2019/2020 sind nach der Corona-bedingten „Vollbremsung" im März und April zusammen mit der Schließung der Grenzen und Einstellung der Flugverbindungen die Anzahl der Übernachtungen um 72% gesunken, die Zahl der Ankünfte um 80%.

Düsterer Ausblick 2020

Der Ausblick auf den kommenden Sommer und das Gesamtjahr sieht dementsprechend düster aus. WIFO-Experte Oliver Fritz rechnet für die Sommersaison im besten Fall mit einem Minus vom -27%, im pessimistischen Szenario werden es rund -47%. Das Kalenderjahr 2020 (darin enthalten sind die guten Zahlen aus Jänner und Februar) könnte bei -24% zu liegen kommen, im schlimmsten Fall bei -36%.

Grenzöffnung und Sommerkampagne

Viel hänge davon ab, wie sich die Grenzöffnungen auswirken (mit 16. Juni wird bekanntlich die Reisefreiheit wieder auf 31 Staaten ausgeweitet, ab Juli kommen weitere Länder hinzu). Das Sonderbudget der Österreich Werbung (ÖW) in Höhe von 40 Mio. € soll helfen, im Inland und den Quellmärkten die noch vorherrschende Reisezurückhaltung etwas zu lösen. Die Sommerkampagnen wurden jedenfalls bereits gestartet.

Lob und Tadel für Unterstützungsmaßnahmen

Für die Betriebe wird es in jedem Fall ein harter Brocken. Wie Ministerin Köstinger ankündigte, soll im Zuge der Regierungsklausur am 15. und 16. Juni (sie geht im Bundeskanzleramt über die Bühne) sollen zusätzliche Unterstützungsmaßnahmen für alle betroffenen Bereiche beraten werden.

Das bisherige Maßnahmenpaket der Bundesregierung wurde im Tourismusausschuss differenziert beurteilt. Wolfgang Kleemann, Geschäftsführer der ÖHT (Österreichische Hotel- und Tourismusbank) berichtete, dass heuer durch Corona bisher 6.500 Förderanträge eingelangt sind, von denen 5.800 bewilligt wurden(737 Mio. € Bundeshaftungen), was dazu beigetragen habe, „die Betriebe massiv zu stabilisieren.“

Manfred Schekulin (Prodinger Steuerberatung) wiederum kritisierte die prinzipiell „als gutes System“ bezeichnete „Kurzarbeit als „Bürokratiemonster, das radikal vereinfacht werden“ müsse. Bezüglich Fixkostenzuschuss appellierte Schekulin, dass die Eintrittshürde von 40% Umsatzrückgang auf 25% gesenkt werden müsse.

Reisebüros kein Thema

Kein Thema waren im Tourismusausschuss die Probleme der Reisebüros, Reiseveranstalter und Incoming-Agenturen. Ministerin Köstinger betonte zwar die Notwendigkeit, dass „die AUA umgehend mit den Rückzahlungen an die Reisebranche vorangeht“, und ihre Sorge über „einen einsetzenden Dumpingwettbewerb, etwa von großen Reiseveranstaltern“, doch das war’s dann auch schon.

Ob es bei der Regierungsklausur zu den von Köstinger tags zuvor beim „Runden Tisch“ mit VertreterInnen von Österreichs Reisebranche versprochenen Maßnahmenpaket für die Reisebranche kommt, wird sich weisen. Wie von T.A.I. berichtet, stellte die Tourismusministerin „die eine oder andere Lösung, die finanzielle Hilfe und Planungssicherheit bringt“, in Aussicht.

Entschließungsanträge „vertagt“

Zurück zum Tourismusausschuss: es wurden von den Abgeordneten Gerald Hauser und Josef Schellhorn vier Entschließungsanträge eingebracht, die aber allesamt mit den Stimmen von ÖVP und den Grünen „vertagt“ wurde. Details siehe Infokasten.

Im Tourismusausschuss am 10. Juni 2020 eingebrachte Entschließungsanträge

  • Entschließungsantrag für eine Miteinbeziehung der privaten VermieterInnen von Ferienwohnungen - im Rahmen des häuslichen Zu- und Nebenerwerbs mit maximal 10 Betten - in den Coronavirus-Härtefallfonds (FPÖ);
  • Entschließungsantrag für ein Maßnahmenpaket für Tourismus- und Freizeitwirtschaft mit Fokus auf eine Sonderlösung am Bankensektor (Freeze- oder Timeout-Lösung für zumindest ein Jahr), speziellen Bilanzierungshilfen sowie einer Sonderlösung beim Fixkostenzuschuss (NEOS);
  • Entschließungsantrag für eine bundesweite Registrierungspflicht für Home-Sharing-Anbieter als Grundlage für die Einhebung von Steuern und Abgaben (FPÖ);
  • Entschließungsantrag für eine Verkürzung der Abschreibungszeiträume von Betriebsgebäuden und Einrichtungen im Tourismus auf 33 Jahre sowie Einführung einer funktionalen AfA (Absetzung für Abnutzungen) für schnell abnutzende Komponenten, wie z.B. Wellnessanlagen in der Hotellerie (FPÖ).

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