Print-Ausgabe 16. Juni 2017
Er redet nicht um den heißen Brei herum: Markus Grießler, Chef der Segelschule Hofbauer und seit zwei Jahren Obmann der Sparte der Tourismus- und Freizeitwirtschaft in der Wiener Wirtschaftskammer. Bei den Zimmerpreisen der Wiener Hotellerie sieht er „definitiv noch Luft nach oben.“
T.A.I.: Sie haben vor kurzem im Rahmen der „Berufsinformationswoche der Tourismus- und Freizeitwirtschaft“ eine Initiative gesetzt, um Jugendlichen die Ausbildung in der Branche näher zu bringen. Wie ist diese Aktion verlaufen?
Markus Grießler: „Die Berufsinformationswoche ist mit vielen interessierten Jugendlichen und durch die Mithilfe zahlreicher engagierter Branchenprofis aus Hotellerie, Gastronomie und den Kaffeehäusern ein voller Erfolg gewesen. Rund 1.200 Wiener Schülerinnen und Schüler informierten sich über die vielfältigen Ausbildungsmöglichkeiten in der Wiener Tourismuswirtschaft. Mittels verschiedener ‚Werkstätten‘ wurden wichtige Tätigkeiten der Berufe von SchülerInnen der Gastgewerbefachschule und Profis aus der Wirtschaft interaktiv präsentiert. Auch die Ergebnisse bei den Lehrlingsstaatsmeisterschaften zeigen, wie viel Potential in unseren Jugendlichen steckt und so wird das Thema Jugend und Lehrlingsnachwuchs für unsere Sparte auch in den nächsten Jahren ein Top-Thema bleiben.
T.A.I.: Wird es Folgeveranstaltungen geben?
Grießler: „Ja, die Woche wird auch in den nächsten Jahren fortgeführt.“
T.A.I.: Zwei Bauprojekte sorgen derzeit für heftige Diskussionen: der Neubau des InterCont Hotels am Heumarkt und 3. Piste am Flughafen Wien. Wie stehen Sie zur Kontroverse rund um den Neubau des InterCont, dessen Höhe mit 66 Metern das derzeitige Gebäude um 50 % übertreffen wird?
Grießler: „Aus Sicht der Tourismuswirtschaft ist das Projekt sinnvoll und nützlich: Ein in die Jahren gekommenes Gebäude wird neu gestaltet, der Eislaufverein langfristig abgesichert und der Raum rund um den Heumarkt lebendiger, da neue fußläufige Verbindungen geschaffen werden. Außerdem ist das Projekt ein klares, positives Signal an Investoren: In Wien geht was weiter, hier kann man in den Standort investieren. Es ist wichtig, dass die Stadt verantwortungsbewusst mit dem Weltkulturstatus umgeht – sie muss aber die Balance zwischen Erhalten und Erneuern schaffen.“
T.A.I.: Und welche Chancen bestehen Ihrer Meinung nach, dass es doch noch zum Bau der 3. Piste kommen wird?
Grießler: „Um in Zukunft wettbewerbsfähig zu bleiben, ist die dritte Piste unabdingbar. Perspektivisch gesehen ist die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts fatal. Bereits jetzt verzeichnet Wien 15 Millionen Nächtigungen pro Jahr. Laut den Zielen der Tourismusstrategie 2020 sollen die Nächtigungszahlen in den nächsten drei Jahren auf 18 Millionen anwachsen. Dafür ist auch ein Ausbau der touristischen Infrastruktur nötig. Man muss jetzt die richtigen Entscheidungen treffen, um später gerüstet zu sein. Ich bin daher zuversichtlich, dass die zuständigen Gremien diese enorm wichtigen wirtschaftlichen Aspekte bei ihrer Entscheidung mitberücksichtigen.“
T.A.I.: In unserem letzten Gespräch meinten Sie, dass nach der erfreulichen Nächtigungsentwicklung auch die Ertragszahlen entsprechend nachziehen sollten. In den ersten Monaten 2017 gab es nun einen deutlichen Anstieg des RevPAR. Der liegt aber absolut und auch Index-bereinigt immer noch unter den Vergleichswerten von 2013. Sind Sie trotzdem zufrieden?
Grießler: „Diese Entwicklung ist ein Schritt in die richtige Richtung, aber definitiv noch kein Grund zufrieden zu sein. Hier gibt es definitiv noch Luft nach oben, um auch beim Thema Umsatz bzw. RevPAR dem Attribut Tourismushauptstadt gerecht zu werden.“
T.A.I.: Sie haben sich wiederholt für den Bau einer neuen, multifunktionalen Veranstaltungshalle in Wien ausgesprochen. Wie groß soll diese dimensioniert sein? Wo soll sich diese befinden? Gibt es dazu konkrete Pläne?
Grießler: „Internationale Musikstars machen einen Bogen um Wien, große Sport-Events können nicht ausgetragen werden. Eine neue Multifunktionshalle würde Abhilfe schaffen, den Tourismus ankurbeln und Wiens Ruf als Kultur-Hochburg auch für die Zukunft absichern. Die Halle sollte maximal für 20-30.000 Personen ausgelegt sein (Anm.d.Red.: der größte Saal der Wiener Stadthalle fasst knapp 16.000 BesucherInnen). Der wirtschaftliche Nutzen einer neuen Multifunktionshalle ist nicht von der Hand zu weisen.“
T.A.I.: Zum Thema Sonntagsöffnung meinten Sie im Herbst, dass „im Hintergrund intensiv verhandelt“ werde. Wie stehen hier aktuell die Dinge?
Grießler: „Unsere Vorschläge liegen am Tisch und könnten sofort umgesetzt werden. Es liegt nun an der Gewerkschaft, die bisher zu unseren Vorschlägen offiziell noch nicht Stellung bezogen hat. Klar ist für uns: Die Zahl der Gäste in Wien jagt von einem Rekord zum nächsten. Tourismuszonen funktionieren in acht Bundesländern, warum also nicht auch in Wien?“
T.A.I.: Politisch werden heuer die Karten auf Bundesebene neu gemischt, mit vielen neuen SpitzenkandidatInnen. Wie stehen Sie dieser Weichenstellung gegenüber?
Grießler: „Es gibt viele Forderungen aus den Reihen des Tourismus, die mit dem nötigen politischen Willen Erleichterungen und Wachstum bringen. Hier setze ich große Erwartungen und Hoffnungen in die neue Regierung.“
Geboren: 2. Jänner 1972
Herausragende Charaktereigenschaft: Zielstrebig und optimistisch
Am Tourismus fasziniert mich: die Vielfalt der Menschen und Ideen
Schönstes Erlebnis bisher (touristisch): 7 Tage durch den Kakadu National Park zu wandern
Hobbies: Segeln
Wunsch an eine Fee: Tourismuszonen für Wien
Erstellt am: 16. Juni 2017
Wünscht sich Tourismuszonen für Wien: Markus Grießler von der Wirtschaftskammer Wien, Foto © Weinwurm
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