Print-Ausgabe 24. Februar 2017
Anstatt die 15- bzw. 30 Prozent-Regel nach dem Jahresumsatz zu bemessen, soll dies nun für jeden Einzelfall erfolgen – daran scheiden sich die Geister
Einen wesentlichen Teil des Entwurfs zur Gewerbeordnung (GewO) „neu“ aus Sicht des Tourismus stellt die geplante „Neuregelung der Nebenrechte“ dar. Vorgesehen ist hier, dass Gewerbetreibende Leistungen anderer Gewerbe im Umfang von max. 30 Prozent der eigenen Leistung erbringen dürfen, wobei maximal 15 Prozent aus einem anderen „reglementierten Gewerbe“ stammen dürfen. Soweit so gut. Doch während der ursprüngliche Entwurf vorsah, dass das Verhältnis zwischen eigenen und fremden Leistungen nur im GESAMTEN WIRTSCHAFTSJAHR gewahrt bleiben muss, wurde im nunmehr vorliegenden, endgültigen Entwurf über die Stellungnahme der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) eingebracht, dass die Bemessung der Prozent-Grenzen bei JEDEM EINZELNEN VERTRAGSVERHÄLTNIS erfolgen muss.
Die WKÖ folgt hier der Argumentation der Bundessparte Gewerbe und Handwerk. Die Sparte Tourismus hat sich deren Stellungnahme „ohne Minderheitsvotum“ angeschlossen. Die Reaktionen sind zum Teil überaus heftig. ÖVP-Tourismussprecher Franz Hörl schiebt den schwarzen Peter Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner zu, der „auf Druck der Handwerkssparte eingeknickt“ sei.
Die Tourismussparte sieht dies anders und begründet ihre Zustimmung zu der Stellungnahme damit, dass sie im Gegenzug eine Lösung zum Anbieten von Massageleistungen durch Hotels an ihre Gäste eingebracht hat. Das Massieren von Beherbergungsgästen soll dadurch in Zukunft ein generelles Nebenrecht der Hotellerie werden, vorausgesetzt, dass eine facheinschlägig ausgebildete Fachkraft die Massage vornimmt.
Ein weiterer Grund, weshalb die Tourismussparte ihre Zustimmung gab, liegt darin, dass die Bemessung nicht explizit vom Umsatz, sondern anhand frei wählbarer Bewertungsregeln vorgenommen werden kann. So ist z.B. „die Gesamtdauer der Beherbergung im Verhältnis zur Dauer der konsumierten Nebenleistungen eine zulässige Bewertungsregel“, so Tourismussparten-Obfrau Petra Nocker-Schwarzenbacher.
Wenn ein Hotelgast z.B. um 13:00 Uhr eincheckt und am Folgetag um 13:00 Uhr wieder auscheckt, könne der Hotelier dem Gast in dieser Zeit 15 Prozent Nebenleistungen (3,6 Stunden) aus anderen reglementierten Gewerben sowie weitere 15 Prozent aus freien Gewerben verkaufen.
Einige Funktionäre der Bundessparte Tourismus sehen die Angelegenheit trotzdem kritisch. So ist etwa für den Obmann Stellvertreter Gabriel Obernosterer klar, „dass die Nebenrechte im Hotelbereich möglichst umfassend“ sein sollten, was nur bei der Jahresumsatzbetrachtung der Fall sei.
Ein weiteres, von den Nebenrechten nicht behandeltes Thema stellen die Transferfahrten dar. Während für den Transfer vom/zum Flughafen/Bahnhof eine Konzession für das Gästewagengewerbe zu lösen ist, benötigt der Hotelier für den Transfer zum Schilift zusätzlich die Mietwagen-Konzession.
Der Tourismussprecher der Grünen, Georg Willi, hat sich bereits entschieden gegen den abgeänderten Entwurf ausgesprochen: „Wir Grüne finden, dass der Begutachtungsentwurf dem entsprach, was die österreichischen TouristikerInnen brauchen. Jetzt werden geplante Verbesserungen in der Gewerbeordnung wieder gestrichen. Teurere Nebenleistungen können die Hoteliers nicht mehr anbieten, weil die 15 Prozent des Umsatzes bezogen auf einen Gast gerade im Winter rasch erreicht sind.“
Die Zeit, die nunmehr vorliegende und für den Tourismus extrem nachteilige Variante doch noch abzuwenden, ist denkbar knapp: Der bereits abgeänderte Entwurf zur „Neuregelung der Nebenrechte“ kommt bereits am 14. März 2017 in den Parlaments-Ausschuss für „Wirtschaft und Industrie“.
Um zu verhindern, dass er dort sowie danach im Plenum des Nationalrates durchgewinkt wird, müssten die Tourismus-affinen Abgeordneten Farbe bekennen: Zehn von ihnen (Andreas Hanger, Peter Haubner und Gabriel Obernosterer für die ÖVP, Wolfgang Klinger und Thomas Schellenbacher für die FPÖ, Matthias Köchl, Ruperta Lichtenecker und Birgit Schatz für die Grünen, sowie Sepp Schellhorn für die NEOS und Josef Steinbichler für Team Stronach) sind sowohl fixe Mitglieder im Tourismus wie auch im Wirtschafts- und Industrie-Ausschuss, zehn weitere sind in einem der beiden zumindest Ersatzmitglieder. ÖVP-Mandatar Peter Haubner ist im Wirtschafts- und Industrie-Ausschuss sogar Obmann, Ruperta Lichtenecker Obmann-Stellvertreterin und Sepp Schellhorn Schriftführer.
Georg Willi, der Tourismussprecher der Grünen, zählt leider nicht dazu. Er will mit seinen Fraktions-KollegInnen aber, „mit Anträgen versuchen, eine Mehrheit für die (ursprüngliche) Begutachtungsversion des § 32 GewO zu finden.“ T.A.I. wird über die weitere Entwicklung berichten.
Im Begutachtungsentwurf für „§ 32. Gewerbetreibenden stehen auch folgende Rechte zu …“ stand unter Absatz 2 folgende Ergänzung:
Der wirtschaftliche Schwerpunkt und die Eigenart des Betriebes sind jedenfalls gewahrt, wenn die Ausübung der Rechte gemäß Abs. 1 insgesamt 30 vH der hauptberuflich ausgeübten gewerblichen Tätigkeit der Gewerbetreibenden im Wirtschaftsjahr nicht übersteigt, wobei die Ausübung der Rechte gemäß Abs. 1, die ansonsten anderen reglementierten Gewerben vorbehalten sind, 15 vH der hauptberuflich ausgeübten gewerblichen Tätigkeit der Gewerbetreibenden im Wirtschaftsjahr nicht übersteigen darf.
In der nunmehr vorliegenden Regierungsvorlage für das Parlament wurde der Passus „im Wirtschaftsjahr“ ersatzlos gestrichen. Es ist in § 32 Absatz 1b. nur noch festgelegt, dass …
b) die ergänzenden Leistungen bis zu 30 vH der gesamten Leistung ausmachen, wobei die ergänzenden Leistungen, die ausreglementierten Gewerben stammen, höchstens 15 vH der gesamten Leistung ausmachen dürfen.
Erstellt am: 24. Februar 2017
Schiebt dem Wirtschaftsminister den schwarzen Peter zu: ÖVP- Tourismussprecher Franz Hörl
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