Tourismuspolitik

Kernfrage: „Wer macht die Hack’n?“ NEOS haben dazu einige Antworten

Print-Ausgabe 28. Februar 2020

T.A.I. im Gespräch mit NEOS Wirtschafts- und Tourismussprecher Sepp Schellhorn – er ging sowohl mit Regierung als auch mit Wirtschaftskammer hart ins Gericht

Als „Musterschüler auf der Oppositionsbank“ bezeichnete vor wenigen Tagen der ORF die NEOS. „Gerade jetzt, wo SPÖ und FPÖ mit sich selbst beschäftigt sind, ist die kleinste Fraktion oft die lauteste in der Kritik an der ­Regierung.“ Zwei Tage zuvor traf T.A.I. NEOS Wirtschafts- und Tourismussprecher Sepp Schellhorn. Der Hotelier und Gastronom (u. a. Der Seehof in Goldegg sowie weitere Betriebe in Salzburg und dem Gasteinertal) lief einmal mehr zur Bestform auf.

„Ich freue mich, dass ich als Oppositionspolitiker viel Arbeit habe. Aber es ist unerfreulich für die Betriebe“, kam Schellhorn zur Sache: Bezüglich Fachkräfte gebe es „ein Totalversagen“ der Regierenden und „trotz Jubelmeldungen rund um die Nächtigungs-Zahlen“ für die betriebliche Praxis „immer größere Probleme“. Diese reichen von der Mitarbeiter-Besteuerung („Der Faktor Arbeit ist zu hoch besteuert, es gibt keine Leistungsanreize mehr“) über die Übergabe-Thematik („Verschuldungs- und Tilgungsgrad sind so weit auseinander gegangen, dass es keine Bereitschaft mehr für Nachfolge gibt“) bis hin zu Umwelt und Nachhaltigkeit, wo „klare Konzepte fehlen.“ Schellhorn: „Die, die an den Schalthebeln sitzen, haben keine Ahnung mehr davon. Sie sind zu weit entfernt.“

Er selbst beschäftige in der Hochsaison üblicherweise rund 110 MitarbeiterInnen. „Derzeit sind es 86. (Kanzleramtsminister Gernot) Blümel und (WKO-Präsident Harald) Mahrer können sich nicht vorstellen, was UnternehmerInnen alles mitmachen. Wir müssen alle mehr leisten, damit am Ende des Tages dasselbe rauskommt.“

Was können die NEOS konkret tun? Schellhorn: „Ein größeres Entlastungspaket muss her zur Erleichterung der täglichen bürokratischen Hürden. Wir NEOS werden konkrete Lösungsvorschläge und Gesetzesvorlagen bringen, die anderen Parteien vor uns hertreiben.“ An Ideen mangelt es Schellhorn nicht: „Wenn wir die Dienstleistungsgesellschaft für die Freizeitgesellschaft bereitstellen wollen – das bedeutet jene zu finden, die da sind, wenn die anderen frei haben, sprich an den Wochenenden – dann haben wir einen konkreten und leicht umsetzbaren Vorschlag: Senken wir die Besteuerung auf den Faktor Arbeit an den Wochenenden drastisch ab. So werden Anreize geschaffen. Das will sicher auch die Arbeitnehmervertretung.“

Im Tourismusausschuss (Schellhorn ist stv. Vorsitzender) möchte er „gleich am Anfang eine Gesamt-Problemstellung besprechen“. Dabei gehe es auch um die Frage, „welche Konzepte es vonseiten des Tourismusministeriums gibt. Ich habe in letzter Zeit von dort nichts gehört“. Bezüglich Österreich Werbung (ÖW) ortet Schellhorn vom Tourismusministerium „nur Sprechblasen“, den „Plan-T“ bezeichnet er „als das größte Täuschungsmanöver“ und als „Paradebeispiel dafür, wie man alle an der Nase herumführt“. Die „Ausrede, da war die Wahl dazwischen, zählt nicht“. Denn bei der Landwirtschaft (u. a. Buchführungspflicht von 300.000 auf 700.000 Euro Umsatz angehoben) sei es sehr wohl gegangen: „Das wünschte ich mir für den Tourismus!“

Bezüglich Mitarbeiter-Besteuerung lautet die Forderung „mehr Netto vom Brutto“, für Betriebe, die zusperren wollen, soll eine „Abwrack-Prämie“ her. Punkto Nachhaltigkeit geht es Schellhorn um eine CO2-Bepreisung bei gleichzeitiger Entlastung der Arbeitskosten, das Ende des Diesel-Privilegs, Ausbau der Öffis sowie das Bekenntnis, „Touristenströme zu lenken“, mit Fokus auf Qualität vor Quantität, sprich „eine bessere Preisdurchsetzung“. Schellhorn: „Wir müssen achtgeben, dass keine Übersäuerung stattfindet, wie in Salzburg, Hallstadt und bald in Wien. Der einzige, der das kapiert, ist der (Wiener Tourismusdirektor) Norbert Kettner, der die Devise ausgegeben hat ‚mehr Qualität statt Quantität‘.“ Im Westen Österreichs gebe es hingegen noch Destinationen, „die den Geschäftsführern Prämien für mehr Nächtigungen zahlen“.

„Last but not least“ verlangt Schellhorn ein Entwicklungskonzept bis 2040, das definieren soll, „wohin wir gehen und mit welchen MitarbeiterInnen wir das machen wollen.“ Denn die Kernfrage laute: „Wer macht die Hack’n?“ Österreich fehlen 160.000 MitarbeiterInnen. 83 Prozent der Betriebe geben an, deswegen Umsatzrückgänge zu verbuchen. Eine Lösung wäre das kanadische Einwanderungsmodell, bei dem man aus dem Ausland sehen kann, welche Jobs es gibt und sich für diese bewerben kann. Schellhorn: „Wenn die Wirtschaftskammer endlich etwas sinnvolles tun will, dann soll sie das tun. 1,7 Mrd. Euro Rücklagen hat sie ja.“

Starke Worte also, denen jetzt Taten folgen sollen. Dazu Politikberater Thomas Hofer im eingangs erwähnten ORF.at-Bericht: „Die Arbeit von NEOS ist sehr professionell. Man sieht, dass die Partei den Finger in die offenen Wunden der Regierung legt.“ Ob das auch im Tourismus gelingt, wird sich weisen. 

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