Tourismuspolitik

„Hü hott“ im Tourismusausschuss mit „Trägerraketen“ & „Tohuwabohu“

Print-Ausgabe 16. Juli 2021

Tourismusministerin Elisabeth Köstinger und der Vorsitzende des Ausschusses Gerald Hauser (Foto Köstinger: © BMLRT, Foto Hauser: © Parlamentsdirektion/Photo Simonis)


 

Die 6. Sitzung des Tourismusausschusses im Parlament kurz vor der Sommerpause war in mehrfacher Hinsicht interessant – die Anträge der Opposition wurden durchwegs vertagt

Politik in einer Demokratie ist kein einfaches Unterfangen. Davon können auch die Abgeordneten des Tourismusausschuss einige Lieder singen, der kurz vor der parlamentarischen Sommerpause Ende Juni zu seiner zweiten Sitzung im laufenden Kalenderjahr zusammentraf, zur sechsten in dieser Legislaturperiode. Die Tagesordnung mit 17 Anträgen versprach laut Ausschussobmann Gerald Hauser einen interessanten Verlauf.

Zunächst stand der aktuelle Tourismusbericht 2020 auf dem Programm, samt Zusammenfassung der bisherigen Corona-Maßnahmen. Tourismusministerin Elisabeth Köstinger brachte darüber hinaus, aus Aktualitäts-Gründen, die Delta-Variante zur Sprache, für die es „unterschiedliche Einschätzungen“ gebe. Der Impffortschritt helfe massiv (aktuell hält Österreich bei einer Impfquote von 55,85 %, vollständig geimpft sind 41,38 %). Die 3G-Regel („geimpft, getestet, genesen“) werde jedenfalls über den Sommer bleiben. Falls es neuerlich zu einem Anstieg der Infektionen kommen sollte, soll Köstinger zufolge regional gehandelt werden.

Zur Sprache kam auch der Comeback-Plan (siehe auch T.A.I.-Interview mit Fachverbands Hotellerie Obfrau Susanne Kraus-Winkler auf Seite 18). Wie Ministerin Köstinger betonte, werde derzeit mit dem Arbeits- und dem Finanzministerium an der Finanzierung gearbeitet.

Spannend wurde es zunächst, als es um den von den Regierungsparteien eingebrachten Antrag zu Änderungen des KMU-Förderungsgesetzes ging. Dieser war als „Trägerrakete“ gestaltet: Ein leeres Stück Papier, das erst im Fachausschuss mit Inhalt beladen wird und dann zur Abstimmung kommt. Wie sich herausstellte, ging es um einen Veranstalterschutzschirm (Förderungsmaßnahmen für Veranstaltungen und Kongresse). Die Änderungen betrafen die Klarstellung, dass die Grenze von 300 Mio. Euro als kumulierte Grenze zu verstehen ist sowie eine inhaltliche Anpassung an EU-Vorgaben. Die Änderungen wurden dann einstimmig (also von Regierungs- und Oppositionsparteien) beschlossen.

Den Anträgen der Opposition erging es weniger gut: Sie wurden einmal mehr mit den Stimmen der Regierungsparteien vertagt. Dies ist insofern interessant, als zwei Anträge die Stärkung des Eigenkapitals betrafen (der erste wurde seit September 2020 bereits mehrmals von Gerald Hauser eingebracht, der zweite stammte von dem bis kurz vor der Ausschusssitzung noch amtierenden NEOS Tourismussprecher Sepp Schellhorn). Dieses Thema wurde wenige Tage später bei der Präsentation des „Comeback-Plans“ als eine der zentralen Maßnahmen genannt.

Während die im Zuge des „Auf geht‘s“-Prozesses als Kernbereich genannte Stärkung des Eigenkapitals allgemein gehalten ist, waren die beiden Anträge dazu im Tourismusausschuss um einiges konkreter. So schlägt Gerald Hauser eine bis Ende 2022 befristete Möglichkeit zur Aufwertung des Vermögens sowie einen Steuerabzug für fiktive Eigenkapitalzinsen (im Sinne der steuerrechtlichen Gleichstellung von Fremd- und Eigenkapital) vor.

Der Entschließungsantrag von Sepp Schellhorn wiederum sieht die Einführung einer Aufwertungsoption auf den Verkehrswert der Liegenschaft (sowohl steuerlich als auch unternehmerisch) als geeignete Maßnahme. Darüber hinaus soll die Republik einen Beteiligungsfonds dotieren, der privaten Beteiligungsfonds und -investorInnen einen Teil ihrer Risiken abdeckt.

Die neuerliche Vertagung beider Anträge wurmt Ausschussvorsitzenden Gerald Hauser angesichts der Brisanz des Themas besonders: „Die Oppositionsanträge zur Stärkung des Eigenkapitals hätten schon längst aufgegriffen werden können.“

Den übrigen Anträgen von SPÖ, FPÖ und NEOS erging es nicht besser. Sie betrafen gratis Corona-­Tests für PrivatzimmervermieterInnen, finanzielle Hilfe bei Corona-­bedingten Stornierungen, eine Förder-Obergrenze von maximal 60 Zimmern bzw. 120 Betten bei Tourismus- und Hotelneubauten, die Schaffung von künftig nur noch drei Kategorien für touristische VermieterInnen (= Ende des „Tohu­wabohu“ bei den Strukturen für touristische Vermietung), die Öffnung des Härtefallfonds für PrivatvermieterInnen bei Arbeitslosigkeit (diese haben bisher keine Chance auf eine Unterstützung) sowie die Auszahlung des Corona-Verdienst­entgangs nach dem Epidemiegesetz. Gerald Hauser, der diesen Antrag (ebenso wie sechs andere) eingebracht hatte: „Es muss endlich Druck für eine zügige Bearbeitung aufgebaut werden.“

Wie eingangs erwähnt: Politik in einer Demokratie ist kein einfaches Unterfangen. Aber sie wirkt. Wenn auch aus unterschiedlichen Gründen nicht sofort, dann zumindest mittelfristig. T.A.I. bleibt weiterhin am Ball.

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