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Folgen der Steuerreform

Hotellerie vor Fall ins Bodenlose? Längere AfA kostet 140 Mio. Euro

Print-Ausgabe 8. April 2016

Mehr als die Hälfte der Betriebe schreibt ein negatives Vorsteuer-Ergebnis – die Steuerreform wird deren Situation weiter verschlechtern 

Die Stimmung in der Branche ist schlecht. „Es ist die betriebliche Situation, die uns Sorgen bereitet“, sagt Petra Nocker-Schwarzenbacher, Obfrau der Bundessparte Tourismus in der WKÖ,  Ende voriger Woche beim „Tourismus-Seminar“ in St. Johann im Pongau. Dabei standen die „Auswirkungen der Steuerreform auf die Tourismuswirtschaft“ im Zentrum. Als Referenten geladen waren der scheidende Geschäftsführer der Bundessparte Rainer Ribing und dessen Nachfolger Manfred Katzenschlager sowie Peter Voithofer (KMU Forschung Austria) und Wolfgang Kleemann (Österreichische Tourismusbank).

Peter Voithofer hatte im Vorfeld KMU-Bilanzen von 4.900 Beherbergungs- und 3.500 Gastronomi betrieben durchforstet. Unter Berücksichtigung eines fiktiven Unternehmerlohns von 30.000 Euro ergibt sich vor Steuern im Schnitt ein Gewinn von 1,4 Prozent für die Hotellerie und 1,94 Prozent für die Gastronomie. Allerdings sind 52 Prozent der Betriebe negativ und das in Zeiten, in denen niedrige Zinsen entlastend wirken. Zum Vergleich: KMU der übrigen marktorientierten Wirtschaft bringen es auf ein Vorsteuer-Ergebnis von 3 Prozent, also mehr als das Doppelte der Hotellerie.

Durch die Steuerreform wird die Situation weiter verschlechtert. „Wir fallen ins Bodenlose“, so Petra Nocker-Schwarzenbacher. Nicht für die guten Betriebe, – laut ÖHT-Geschäftsführer Wolfgang Kleemann liegt der Median der ÖHT-Bilanzen (ca. 1.000 Betriebe) bei 2 Prozent, die besten Hoteliers schaffen über 7 Prozent –, aber für das breite Mittelfeld wird es schwer. „Viele Kleinstbetriebe stehen bereits jetzt unter Wasser“, betonte Voithofer.

Den größten Schaden richtet die Verlängerung der Abschreibung (AfA) von 33 auf 40 Jahre an. Voithofer: „Zusammen mit Personal und Energie bilden die Abschreibungen in der Hotellerie den höchsten Fixkosten-Faktor.“ Die Personalkosten etwa stiegen seit 2010/2011 von 36 auf zuletzt 37,5 Prozent.Voithofer geht davon aus, dass der Hotellerie durch die Steuerreform alleine aufgrund der verlängerten AfA eine zusätzliche Steuerlast von 140 Mio. Euro ins Haus steht und das jährlich. Für die Gastronomie sind es vergleichsweise geringe 10 Mio. Euro. In Summe sind davon 25.600 Unternehmen betroffen.

Da ist es kein Wunder, dass sich auch bei der ÖHT „negative Stimmungsäußerungen häufen“, wie Kleemann betonte. So zitierte er einen Hotelier, der heuer seinen Betrieb an die nächste Generation übergeben wollte, angesichts der Belastungen (u.a. auch die erhöhte Grunderwerbssteuer) mit den Worten davon Abstand genommen hat: „Ich g‘frette mich noch ein paar Jahre, aber der Jugend will ich das nicht umhängen.“

Kleemann nannte aber auch Erfolgsfaktoren, welche die Spitzenbetriebe auszeichnen. Neben einem breiten Vertriebs-Mix (nur auf OTAs zu vertrauen, ist zu wenig, je mehr Eigen- und Direktvertrieb, umso besser), spielt vor allem die Investitions-Neigung eine entscheidende Rolle: „Hoteliers, die investieren, kommen besser über saisonale Probleme, sie erzielen wesentlich höhere Durchschnitts-Preise und -Erträge.“ Hotelbetriebe in Salzburg und Tirol wären am stabilsten, wobei hier dem starken Winter eine entscheidende Rolle zukommt. „Der Sommer wird vom Winter quersubventioniert“, so Kleemann, der die warme Jahreszeit für „durchaus verbesserungswürdig“ hält.

Petra Nocker-Schwarzenbacher – ihr 4-Sterne Hotel Brückenwirt (45 Zimmer, Seminarräume für bis zu 65 Personen) zählt zu den Vorzeigebetrieben – spricht der Branche jedenfalls Mut zu: „Wir sind überzeugte Unternehmer, wir gehen positiv in die Zukunft und hoffen irgendwann auf eine Trendwende.“ Mit letzterer meinte sie wohl jene in Richtung einer Unternehmer-freundlicheren Politik. 

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Erstellt am: 08. April 2016

V.l.: Petra Nocker-Schwarzenbacher, Peter Voithofer und Wolfgang Kleemann

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