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Tourismuspolitik

Gute Noten für Regierung, aber: „Müssen konkurrenzfähig bleiben“

Print-Ausgabe 16. November 2018

Tourismussparten-Obfrau Petra Nocker-Schwarzenbacher ist mit der Regierung bisher zufrieden – für viele wichtige Themen stehen aber noch Lösungen an

Wie sich die Zeiten ändern: Im „Arbeitsprogramm der Bundesregierung 2017/2018“ – damals noch mit Bundeskanzler Christian Kern an der Spitze – wurde Österreichs Tourismus mit keiner einzigen Silbe erwähnt. Zehn Monate und eine Nationalratswahl später wurde unter Bundeskanzler Sebastian Kurz diesem Wirtschaftszweig im „Regierungsprogramm 2017-2022“ ein ganzes, vierseitiges Kapitel gewidmet, und er erhielt mit dem BMNT (Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus) ein eigenes Ministerium. Was seither erreicht wurde und welche Forderungen an die Regierung noch bestehen, darum ging es im Gespräch von T.A.I. mit Petra Nocker-­Schwarzenbacher, Obfrau der Bundessparte Tourismus in der WKÖ.

T.A.I.: Wie steht es um die Zusammenarbeit der neuen Bundesregierung mit dem Tourismus?

Nocker-Schwarzenbacher: „Es ist eine Qualität der Zusammenarbeit, die wir vorher nie hatten. Das liegt einerseits in der Schaffung des eigenen Tourismusministeriums, anderseits in der Person der Ministerin. Sie hört sich die Wünsche und Sorgen an und ist telefonisch erreichbar. Durch Ulrike Rauch-Keschmann haben wir jetzt auch eine Vollblut-Touristikerin als Sektionsleiterin bekommen.

Die wichtigsten Eckpfeiler wurden bereits bei den Regierungsverhandlungen, bei denen ich dabei war, in den Boden geschlagen. Einige davon sind bereits umgesetzt, wie die Rücknahme der Mehrwertsteuer-­Erhöhung für den Logis-Bereich. Es ist viel zerstört worden, vor allem bei der letzten Steuerreform.“

T.A.I.: Ist das alles, was von den Ankündigungen umgesetzt wurde?

Nocker-Schwarzenbacher: „Nein, auch die Genehmigungsfreistellungsverordnung wurde realisiert, durch die es für Betriebe bis 30 Betten ein vereinfachtes Betriebsanlagengenehmigungsverfahren gibt, oder das Arbeitszeit-Gesetz, das medial leider auf das Schlagwort 12/60 reduziert wird. Das ist aber nur der Rahmen, der hilft, Spitzen gut abzudecken und zwar im Einvernehmen mit den MitarbeiterInnen. Auch diese wünschen sich Flexibilität. Jeder Betrieb ist gut beraten, sich hier auf die MitarbeiterInnen einzustellen. Wir wünschen uns bezüglich der 12/60-Regelung eine Klarstellung, brauchen aber nicht, dass das Gesetz nochmals aufgeschnürt wird.“

T.A.I.: Was ist sonst noch umgesetzt worden?

Nocker-Schwarzenbacher: „Noch einige zusätzliche Punkte. Wenn wir jetzt noch die Regionalisierung der Mangelberufsliste kriegen, die uns zugesagt wurde und die derzeit verhandelt wird – sie soll im ersten Quartal 2019 kommen – dann sind das hervorragende Ergebnisse für die Branche. Dazu kommen noch viele gute Sachen, die weitergeführt werden, beispielweise bei der ÖHT. Insgesamt herrscht eine sehr gute Stimmung.“

T.A.I.: Was sind Ihre darüber hinausreichenden Forderungen an die Bundesregierung?

Nocker-Schwarzenbacher: „In der Steuerreform 2020 sollte in jedem Fall die Anpassung der Abschreibung an die betriebswirtschaftliche Realität drinnen sein. Die Erhöhung der AfA auf 40 Jahre war einer der größten Rückschläge, die wir hinnehmen mussten. Das ist noch nicht ausverhandelt. Wir werden sehen, wie weit sich der Finanzminister da rauslehnen kann.“

T.A.I.: Was wäre eine Wunschgröße?

Nocker-Schwarzenbacher: „Unser Wunschziel sind 25 Jahre auf Gebäude. Viele Betriebe finanzieren sich auf 15 bis 20 Jahre. Sie schreiben damit Gewinne aus, die viele nicht bezahlen können. Die Eigenkapitalquote ist nach wie vor gering und wir sind eine investitionsintensive Branche. Das ist Teil des Erfolges.“

T.A.I.: Bestehen neben der AfA-Senkung noch weitere Forderungen?

Nocker-Schwarzenbacher: „Ja. Die KÖSt-Senkung, eine begünstigte Besteuerung für nicht entnommene Gewinne sowie eine Investitionsförderung stehen ebenso auf unserer Prioritätenliste wie eine bundesweite Registrierungspflicht für Airbnb & Co. Auch die Lohnnebenkosten erschlagen uns – wir wären wirklich froh, wenn unsere MitarbeiterInnen mehr im Börsel hätten. Unsere Personal- und Lohnkosten bewegen sich ja zwischen 35 und 40 Prozent.“

T.A.I.: Das ist eine sehr lange Wunschliste …

Nocker-Schwarzenbacher: „Ja, aber man wird dadurch nicht reich, sondern kann damit den Betrieb und den Standort aufrecht halten – und damit die Region. Der Tourismus schafft Arbeitsplätze bis ins hinterste Tal und befeuert auch andere Branchen. Wir müssen schauen, dass wir konkurrenzfähig bleiben.“

T.A.I.: Zum Abschluss noch eine Frage zum Budget der Österreich Werbung, die ja neben dem Bund auch zu einem Viertel der WKÖ gehört. Wie sieht es mit einer Erhöhung aus?

Nocker-Schwarzenbacher: „Da ändert sich derzeit leider nichts. Fest steht: Das Budget ist viel zu lange gleich geblieben und durch die Inflation wird es immer weniger. Es müsste ein klares Signal von der Tourismusministerin kommen. Allen muss bewusst sein: Wenn man das ÖW-Budget nicht erhöht, werden gewisse Leistungen gestrichen werden müssen.“ 

Arbeitszeit-Merkblätter für Tourismus­betriebe

Nach Auftreten vereinzelter Problemfälle rund um das neue Arbeitszeit-Gesetz hat die Bundessparte Tourismus und Freizeitwirtschaft in der WKÖ Merkblätter an alle ihre Mitgliedsbetriebe ausgeschickt. Darin gibt es sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer detaillierte Informationen zum Umgang mit der neuen Höchstarbeitsgrenze. Der wichtigste Punkt: Überstunden, die über 10 Stunden am Tag bzw. über 50 Stunden in der Woche gehen, können vom Arbeitnehmer jederzeit und ohne Folgen abgelehnt werden. Ein Bedarf, das Gesetz zu ändern, besteht nicht. Das Gesetz erhöht die Flexibilität, stärkt gleichzeitig die Arbeitnehmerrechte und sorgt für Rechtssicherheit anstelle von Grauzonen. Insgesamt wird die Arbeitszeit dadurch nicht verlängert. Diese Informationen und viele mehr finden Sie unter www.dertourismus.at

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Erstellt am: 16. November 2018

„Es ist eine Qualität der Zusammenarbeit, die wie vorher nie hatten“, so Tourismussparten-­Obfrau Petra Nocker-Schwarzenbacher

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