Tourismuspolitik

„Die Bundesregierung gibt ihr Bestes, um Betrieben durch die Krise zu helfen“

Print-Ausgabe 24. April 2020

„Die Reisefreiheit wird noch einige Zeit eingeschränkt bleiben“, ist sich Elisabeth Köstinger sicher
© Paul Gruber Photography

T.A.I.-Interview mit Tourismusministerin Elisabeth Köstinger über die Lage der Reise­büros, der Incomer, die Corona-Maßnahmenpakete sowie die Reisefreiheit

Seit Wochen steht sie noch intensiver im Einsatz, als es für eine Ministerin und Mutter schon in Normalzeiten der Fall ist: Tourismus­ministerin ElisabethKöstinger. In der Osterwoche kam dann die kalte Dusche in Form heftiger Reaktionen der Touristik, weil sie in der gemeinsamen Presse­konferenz mit Außen­minister AlexanderSchallenberg nicht auf die wichtige Rolle der Reisebüros und Reiseveranstalter bei den Rückholaktionen sowie auf die besonders angespannte Situation der Reisebranche eingegangen ist. Die Entschuldigung dafür folgte einen Tag später im Zuge einer Presseaussendung. Jetzt traf T.A.I. Tourismus­ministerin Elisabeth Köstinger zum Interview. 

T.A.I.: Frau Ministerin, wie wird das von der Regierung für den Tourismus gesetzte Maßnahmen­paket angenommen? 

Köstinger: „Es wird sehr gut angenommen, der Bedarf ist enorm. Mehr als 1.000 Haftungserklärungen sind durch die ÖHT bereits ausgestellt worden, die MitarbeiterInnen dort arbeiten Tag und Nacht an der Bearbeitung der Anträge. Auch bei der Kurzarbeit ist die Nachfrage sehr groß. Wir sind froh, dass viele Betriebe diese Möglichkeit nutzen und ihre MitarbeiterInnen damit in Beschäftigung halten.  Über den großen Corona-Hilfsfonds wiederum können weitere Garantien und Betriebskostenzuschüsse beantragt werden. Auch der Härtefall­fonds ist beispielsweise für Privat­zimmervermieter zugänglich. In Summe zeigt uns das, dass die Instrumente für viele Betriebe notwendig und passend sind. Die Lage der Branche ist allerdings dramatisch und extrem schwierig. Die gesamte Bundesregierung gibt ihr Bestes, um unseren Betrieben dabei zu helfen, durch diese Krise zu kommen.“ 

T.A.I.: Beim ersten Tourismus-­Maßnahmenpaket ging es um 100 Millionen Euro, jetzt sind wir bei insgesamt 1 Mrd. Euro. Wird es noch weitere Nach­besserungen geben – Stichwort Reisebüros, wo es nicht nur um Outgoing, sondern auch um Incoming geht? 

Köstinger: „Die Reisefreiheit – wie wir sie bisher kannten – wird sicherlich noch einige Zeit sehr eingeschränkt bleiben. Die Krise trifft die Reisebüros damit ganz besonders hart. Die Reisebüros haben auch einen enormen Anteil daran, dass tausende ÖsterreicherIn­nen sicher nach Hause reisen konnten – das war eine gewaltige Leistung und ein großes Verdienst. Die Instrumente, wie Haftungsübernahmen oder Kurzarbeit, stehen auch den Reisebüros zur Verfügung und werden von vielen Unternehmen dieser Branche in Anspruch genommen. Wir versuchen unser Bestmögliches, um sie zu unterstützen, wo auch immer es geht.“ 

T.A.I.: Die Tourismustage  und die ATB (Austrian Travel Business) wurden auf das Jahr 2021 verschoben. Wird es davor – in welcher Form auch immer – Ersatzveranstaltungen geben? 

Köstinger:  „Es ist richtig, dass die Tourismustage und die ATB verschoben werden mussten. Das ist auch richtig so, denn wir können kein Risiko eingehen. Die Österreich Werbung hält aber Kontakt zu unseren Partnern im In- und Ausland und wird die Marktbearbeitung dann wieder hochfahren, wenn es die Rahmenbedingungen zulassen. Auch an virtuellen Austauschplattformen mit Einkäufern aus aller Welt wird gearbeitet.“ 

T.A.I.: Der Zeitplan für den Restart des Tourismus wird bis Ende April ausgearbeitet. Was zeichnet sich diesbezüglich ab? 

Köstinger: „Wir beurteilen die Lage jeden Tag aufs Neue und beobachten die Entwicklung in Österreich, aber natürlich auch in unseren wichtigsten Herkunftsmärkten. Ende April werden wir dann entscheiden, wie und unter welchen Rahmenbedingungen Tourismus, Freizeitwirtschaft und Gastronomie stufenweise wieder hochgefahren werden können. Es soll natürlich einen Sommer­tourismus in Österreich geben – an Regeln und Rahmenbedingungen arbeiten ExpertInnen der Branche und aus dem Gesundheitsbereich derzeit intensiv. Sicherlich wird es heuer einen Fokus auf Inlandstourismus geben, wobei die schrittweise Öffnung zu anderen Ländern für den Hochsommer auch eine Überlegung wert ist. Die Voraussetzung dafür ist aber selbstverständlich eine positive Entwicklung der Gesundheitsdaten und Infektionszahlen – nicht nur in Österreich, sondern auch in den Herkunftsländern. Österreich ist hier – ebenso wie beispielsweise Deutschland – auf einem guten Weg. Für konkrete Stichtage oder Festlegungen ist es derzeit aber noch zu früh.“ 

T.A.I.: Ab wann rechnet die Bundes­regierung damit, dass auch wieder touristische Reisen ins Ausland unternommen werden können? 

Köstinger:  „Die Reisefreiheit, wie wir sie bisher kannten, wird mit Sicherheit noch einige Zeit sehr eingeschränkt bleiben. Viele Länder stehen am Anfang oder mitten in der Corona-Krise. Das Risiko dorthin zu reisen, wäre sehr, sehr hoch. Österreich hat rasch und konsequent gehandelt, deshalb sind wir hier schon weiter als andere Staaten. Der Kampf gegen das Coronavirus ist aber auch bei uns noch nicht gewonnen. Wir werden alles dafür tun, damit wir erreichte Erfolge im Kampf gegen diese Pandemie nicht gefährden.“  

Tourismus-Maßnahmen im Zuge des Corona-Hilfspaketes

Corona-Kurzarbeitsmodell: Abwicklung durch das AMS

Härtefall-Fonds: Zuschuss für Ein-Personen-Unternehmen (EPU, neue Selbständige), freie Dienstnehmer nach §4 Abs. 4 ASVG und Kleinstbetriebe, Abwicklung durch die WKÖ; seit in Kraft treten des Härtefall-Fonds Phase 2 können auch Privatzimmervermieter Anträge stellen, Abwicklung über die Agrarmarkt Austria (AMA)

Garantien und Haftungen zur Kreditsicherung: spezielles Manahmenpaket für Tourismusbetriebe inkl. Tilgungs-Aussetzung von ÖHT-Krediten für 2020, Abwicklung durch ÖHT

Corona Hilfs-Fonds: Betriebszuschüsse und Kredite mit staatlicher Haftungsgarantie zur Überbrückung von Liquiditätsengpässen, Infos zur Abwicklung auf service.bmf.gv.at

Steuerstundungen: Informationen und Antragsformular auf www.bmf.gv.at

Kontakt: tourism@bmlrt.gv.at, infopoint_Coronavirus@wko.at

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