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Digitalisierung im Tourismus

Datenslalom zwischen WLAN, Maskenpflicht & Glasfaser aus der Luft

T.A.I. 24 TOP News

Magenta, – mit zuletzt 36,3% Marktanteil in Österreich Kopf an Kopf mit A1 (37,0%) -, zeigt sich besonders engagiert, wenn es darum geht, dem stark steigenden Digitalisierungsbedarf gerecht zu werden, der auch - und das ganz entscheidend - im Tourismus besteht: Im Zeitraum 2018 bis 2021 wird rund 1 Mrd. Euro in den Ausbau der mobilen und fixen Netze investiert. Bis Ende 2020 etwa werden knapp 40 Prozent der Haushalte und Betriebe an 1200 Standorten in allen Bundesländern mit 5G aufgerüstet.

Doch dies ist nur ein Teil der Herausforderungen, wie Magenta CEO-Andreas Bierwirth, – der frühere Austrian Airlines-Vorstand gehört auch dem Board von easyJet an und ist Aufsichtsratsvorsitzender von DO&CO -, im Gespräch mit T.A.I. betonte.

T.A.I.: Mitte März kam es zum Lockdown. Wie hat Magenta darauf reagiert? Und wie hat sich dabei die Datennutzung entwickelt?

Bierwirth: „Es ist ein historischer Zeitpunkt gewesen, den wir noch nie erlebt hatten. Bei Magenta haben die MitarbeiterInnen rasch von zu Hause weitergearbeitet, gleichzeitig mussten wir die Produktion auf maximalen Betrieb hochfahren. Es gab eine Datensteigerung, wie wir sie sonst in einem Jahr haben. Die Sprachminuten sind zuvor durch WhatsApp etc. zurückgegangen, am ersten Lockdown-Wochenende aber stark gestiegen. Wir haben gemerkt, wie wichtig unsere Leistung ist. Dieser Trend ist dann nach dem Lockdown wieder zurückgegangen und auch die Datenvolumen lagen nicht mehr so hoch, sondern eher dazwischen. Alles rund um Digital, also die digitalen Prozesse, wird mit Sicherheit bleiben. Es ist alles andere als eine Entschleunigung.“

Tiefgreifende Änderungen im Tourismus

T.A.I.: Magenta ist stark in der Hotellerie und im Geschäftstourismus engagiert. Mit welcher Entwicklung rechnen Sie für den Tourismus?

Bierwirth: „Das MICE-Geschäft, die Kongress- und Stadthotellerie sind unter Druck geraten, vor allem durch den Entfall des interkontinentalen Reisens, das einen besonderen Schlag bekommen hat. Meine Einschätzung ist, dass von 10 bisherigen Events künftig nur noch 5 live sind. Die 5 anderen werden digital, aber ihre Zahl wird sich auf 8 bis 9 erhöhen. Es wird also in Summe mehr Events geben, aufgrund von mehr Flexibilität. Bei digitalen Events hat man gemerkt: da geht was.

Der Ferientourismus wird weniger betroffen sein, vor allem bei Auto-Reisen. Das führt zum nächsten Thema: Flug. Corona hat dazu beigetragen, dass man eine deutliche Veränderung gespürt hat. Wenn jemand im Geschäftsbereich früher 10 Reisen gemacht hat, dann wird es künftig die Hälfte sein. Beim Geschäftsreisesegment kommt eben auch der Kostenaspekt dazu, der beflügelt das noch. Bei Privatreisen wird sich das nicht so ändern.“

T.A.I.: Welche Rolle werden Ihrer Ansicht nach Telekom-Provider, wie Magenta, in der touristischen Nach-Corona-Welt spielen?

Bierwirth: „Wir haben in den letzten 10 Jahren deutlich an Stellenwert gewonnen. Früher hatte man den Fernseher im Hotel-Zimmer, jetzt stellen die Gäste durch Streaming ihr TV-Programm selbst zusammen, ob bei Wellness, im Zimmer oder im Außenbereich. Ein Hotel muss heute zu 100% digital vernetzt sein. Die WLAN-Versorgung war im Hotel in der Vergangenheit das wichtigste Argument. Das bleibt es auch, aber es sind jetzt gewaltige Datenmengen, die da bewegt werden. Es braucht eine starke Bandbreite ins Hotel zum Verteiler und auch eine starke Bandbreite im Hotel. Das Thema WLAN ist in der Hotellerie das entscheidende.“

„5G quasi eine Glasfaser aus der Luft“

T.A.I.: Was wird sich durch den Ausbau des 5G-Netzes daran ändern?

Bierwirth: „5G ist nicht wie Glasfaser, bietet aber eine ähnliche live Qualität. Da kommt man mit 5G deutlich weiter, als mit 4G. Es ist also quasi eine Glasfaser aus der Luft. Aber: 5G ist keine Technologie, die Internetversorgung in der Stadt ermöglicht, sondern unterwegs und im ländlichen Bereich. Die Lösung lautet also: Festnetz (Anm.d.Red.: Glasfaser und WLAN) da, wo viele Menschen auf einem Fleck sind und sich bewegen, Mobilfunk im ländlichen Bereich und wo Menschen unterwegs sind.“

T.A.I.: Wo steht die österreichische Hotellerie bei der Digitalisierung?

Bierwirth: „Das ist sehr unterschiedlich. Einige sind extrem weit und es gibt andere, wo die Internetversorgung nicht einmal im Frühstücksbereich gegeben ist. Fazit: die Hotellerie muss weiter in die Digitalisierung investieren. Das heißt a) maximale Datenvolumen für das Hotel und b), wenn die Datenautobahn ins Hotel gegeben ist, zahlreiche Anwendungen zur Verfügung stellen, wie z.B. Netflix im Hotel oder Livebilder aus dem eigenen Strandbereich, die die Reiselust wecken.“

Magenta zwischen Hotelbett und Flugzeug-Cockpit

T.A.I.: Bietet Magenta dafür spezielle Pakete an?

Bierwirth: „Wir haben viele Hotels und Hotelketten, die zu unserem Kundenstamm gehören und mit Goingsoft eine eigene Firma, die auf die Hotellerie spezialisiert ist. Dazu kommt das Internet of Things, also Gegenstände, in der Hotellerie, wie intelligente Kühlschränke.

Im Bereich der Tourismusverbände arbeiten wir mit einigen ausgewählten Destinationen zusammen, aber nicht nur in Österreich, sondern als Konzern in mehreren Ländern Europas. Da geht es um Bewegungsdaten von Kunden, um das Herausfinden von den Hotspots, um so Tourismusströme steuern zu können.

Wir sind aber auch im Bereich Flugverkehr aktiv, - Stichwort: digitales Cockpit -, wo wir einige österreichische Fluggesellschaften als Kunden haben.“

T.A.I.: Welche Folgen wird Corona Ihrer Meinung nach nach für die Luftfahrt haben?

Bierwirth: „Da spielt ein übergeordneter Aspekt mit hinein: Wie findet Fliegen statt? So viel hat sich da – siehe Masken, etc. -, nicht verändert. Das ist ein progressiver Weg, der die Airlines schützt. Er wird Flugverkehr wieder ermöglichen, auch von Low Cost Carriern, wo Leute nebeneinandersitzen. Jetzt herrscht nur Maskenpflicht. Man wird sehen, ob das so bleibt. Entscheidend werden die Erfahrungswerte sein, wie man mit Corona umgeht. Ich bin verhalten optimistisch: man tut alles, um Luftfahrt zu ermöglichen und man wird sehen, ob das nachhaltig ist, oder nicht.“

Kurzportrait Andreas Bierwirth

Nach Banklehre, Berufspilotenausbildung und einem BWL-Studium ab der Westfälische Wilhelms-Universität Münster kam Andreas Bierwirth als Manageing Director zu Germanwings, war dann Vice President Marketing bei Lufthansa und gehörte von 2008 bis 2012 dem Vorstand von Austrian Airlines an. Danach folgte der Sprung als CEO an die Spitze von Magenta Telekom (100% Tochter der Deutschen Telekom).

Darüber hinaus ist Andreas Bierwirth seit 2014 Non Executive Director bei easyJet sowie seit 2016 auch Chairman von deren Safety Comittee. Seit demselben Jahr fungiert Bierwirth auch als Aufsichtsratsvorsitzender von DO & CO.

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