Fachkräftemangel

Von „sozialer Hängematte“ und „generellem Motivationsschub“

Print-Ausgabe 9. August 2019

Wie eine im Auftrag der Fachverbände Hotellerie und Gastronomie durchgeführte Market-Umfrage ergab, haben 40 Prozent der Betriebe (mehr als im Vorjahr) damit Probleme und sehen dringenden Handlungsbedarf. In einem gemeinsamen Fachgespräch stellten die Obfrau des Fachverbandes Hotellerie Susanne Kraus-Winkler und der Obmann des Fachverbandes Gastronomie Mario Pulker übereinstimmend fest, dass zur Bewältigung dieser Probleme „an vielen Rädern gedreht“ werden müsse.

Eine zufriedenstellende Lösung sei aber trotzdem nicht in Sicht: „Am Arbeitsmarkt sind einfach zu wenig Arbeitskräfte verfügbar, trotz vieler Arbeitsloser.“ Denn die erfreulich positive Entwicklung im Tourismus lässt vielmehr erwarten, dass sich die Situation noch verschärft. Seit 2010 erhöhte sich die Zahl der Mitarbeiter­Innen im Gastgewerbe um 22 Prozent auf 267.000, nicht zuletzt durch Steigerung der Qualität.

Mit der Entwicklung der Nachfrage sind die Betriebe hingegen zufrieden. Bei der aktuellen Befragung zeigten sich 83 Prozent für den Verlauf der Sommersaison optimistisch und für den eigenen Betrieb schätzen 87 Prozent die Aussichten für die Zukunft positiv ein – in der Hotellerie etwas besser als in der Gastronomie, in den westlichen Landesteilen optimistischer als in den östlichen und im Süden. Um den weiter steigenden Arbeitskräftebedarf zu decken, ist ein genereller Motivationsschub für die Arbeit im Tourismus nötig, „der rasch einsetzen sollte“, wie Mario Pulker betonte. Die Branche ist selbst bereits aktiv geworden: Die Erneuerung und Modernisierung der Berufsbilder mehrerer Lehrberufe wie Koch, Restaurant und Gastronomiefachmann wurde durchgeführt, man warte auf die rasche Verordnung zu bereits überarbeiteten Lehrberufen, wie Hotelkaufmann und Hotel- und Gastgewerbeassistent. „Selbst muss man sich um eine Anpassung der Betriebsabläufe bemühen, was auch ein Umdenken der Führungskräfte nötig macht, vor allem bei den mittleren Betrieben mit noch wenig Führungserfahrung“, meinte Susanne Kraus-Winkler. Dabei gehe es nicht zuletzt um das Eingehen auf individuelle Wünsche bei der Gestaltung von Dienstzeiten.

Bei einer Reihe von Initiativen und Aktionen ist auch eine verstärkte Kooperation mit dem AMS (Arbeitsmarkt Service) geplant, das direkter auf LehraspirantInnen in den Schulen zugehen sollte, etwa mit Informationskampagnen. Mario Pulker berichtete von einer AMS-Aktion, bei der in OÖ 3.000 Arbeitslose für eine direkte Vermittlung ausgewählt wurden. Für 2.200 wurden konkrete Gespräche vereinbart, für 180 wurden schließlich Jobs in westlichen Bundesländern vermittelt.

Während Pulker bei diesem Ergebnis noch „viel Luft nach oben“ sieht, zeigte sich das AMS eher zufrieden: Mehr sei erfahrungsgemäß nicht zu erwarten. Aus seiner persönlichen Erfahrung berichtete Pulker, dass von 16 avisierten InteressentInnen für einen Job als Koch einige wenige anriefen, tatsächlich aber nur einer zu einem persönlichen Gespräch gekommen war. Er schloss daraus, dass es die bestrittene „soziale Hängematte“ wohl noch geben müsse und der Gesetzgeber entsprechende Maßnahmen setzen sollte.

Zu den Wünschen, die das Gastgewerbe an eine neue Regierung hat, gehört die Reparatur der getroffenen Regelung für einen einfachen und unbürokratischen Einsatz von Aushilfskräften. Die Beschränkung auf 18 Tage im Jahr wird sowohl von Seiten der Dienstgeber als auch der Dienstnehmer als „praktisch nicht umsetzbar“ angesehen – man befürchtet unvorhersehbare Nachzahlungen. Das Ziel sind 36 Tage.

Neben einer Fachkräftekampagne hob Kraus-Winkler noch eine Reihe anderer Wünsche an die Regierung hervor. Bei der Market-Befragung forderte rund ein Drittel der Betriebe die Umsetzung der längst versprochenen Senkung der Lohnnebenkosten, ebenso die Rückführung der Gebäudeabschreibung von 40 auf realistischere 33 Jahre. Im Hinblick auf die notwendigen hohen Instandhaltungsinvestitionen wird „eine wirksame darauf ausgerichtete Förderung“ verlangt sowie eine bessere Koordinierung der Aufzeichnungspflichten, die den wachsenden Bürokratieaufwand eindämmen soll. 

Generelles Rauchverbot und seine Auswirkungen

Auf das bevorstehende totale Rauchverbot im Gastgewerbe hat sich die Branche laut Market-Umfrage bereits weitgehend eingestellt: 49 Prozent erwarten keine weiteren negativen Auswirkungen, 12 Prozent können ihren Gästen keine Rauchmöglichkeit anbieten, diese können nur vor dem Lokal rauchen. 4 Prozent erwarten deshalb verstärkte Anrainerbeschwerden. Seit Mai 2018, als die Aufhebung des schon beschlossenen Rauchverbotes bekannt wurde, haben noch 10 Prozent in den Nichtraucherschutz investiert.

Probleme sieht Fachverbandsobmann Mario Pulker vor allem für Nachtbetriebe wegen des Lärms durch rauchende Gäste vor dem Lokal. In Landgebieten wird damit gerechnet, dass viele Gäste vom Wirtshaus in Vereinslokale ausweichen. Für die rund 500 Sisha-Bars, bei denen 60 Prozent des Umsatzes auf die Wasserpfeifen entfallen, wird sich der Fachverband um Ausnahmereglungen bemühen.

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