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Die Folgen der Steuerreform

Tourismus im Steuerschock! Familienbetrieben droht das "Aus"

Print-Ausgabe 27. März 2015

MWSt, AfA und Grunderwerbssteuer ziehen der Hotellerie Boden unter den Füßen weg - Steuer-Experte Lukas Prodinger sagt, was jetzt zu tun ist.

Für Horst Rahe - Chef der A-Rosa Hotels und der A-ja Resorts mit Betrieben in Deutschland und Österreich -ist die Steuerreform der "größte Fehler, den ein Land machen kann, das so vom Tourismus abhängig ist wie Österreich". Dem pflichtet Lukas Prodinger, er ist Geschäftsführer und Gesellschafter der Prodinger Steuerberatung (sie betreut über 500 Hotels sowie Destinationen, Seilbahnen und LTOs), voll und ganz bei. Im T.A.I.-Interview erklärt Prodinger die Gründe dafür und zeigt auf, welche Maßnahmen von der Politik ergriffen werden müssen, um die zu erwartenden Szenarien abzuwenden.

T.A.I.: Viele Wortmeldungen von außerhalb der Branche meinen 'die 3 Prozent MWSt-Anhebung werden die Hoteliers wohl unterbringen können'. Wie beurteilen Sie das?

Lukas Prodinger: "Das staatliche Ausgabenproblem mit höheren MWSt-Sätzen zu kompensieren ist ein klassischer Schuss ins Knie. Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer in der Beherbergung von 10 auf 13 Prozent hat für Österreichs Tourismus extrem negative Auswirkungen. Der zunehmende Marktdruck verhindert seit Jahren, vor allem in der Ferienhotellerie, jegliche notwendige Preisanhebung. Markt und Nachfrage sind im Tourismus eng miteinander verzahnt und der Preis ist jeweils der Indikator.

Die Steuererhöhung kann daher nicht als 'Durchläufer' weitergegeben werden. Die Hotellerie hat im Sommer seit Jahren eine konstante Bettenauslastung von 40 Prozent, bei steigenden Nächtigungen und einem größeren Bettenangebot. Das Ergebnis: es konnte in den letzten zehn Jahren das Preisniveau nur um 6 Prozent angehoben werden, bei einer Inflation von über 22 Prozent! Die operativen Ergebnisse verschlechterten sich und das durchschnittliche EGT liegt nur noch bei 2 Prozent in einer Niedrigzinsphase."

T.A.I.: Ein weiteres Thema ist die Grunderwerbssteuer: die Freibeträge zu gering, ebenso dürfen die Schulden nicht vom Verkehrswert abgezogen werden. Welche Konsequenzen hat dies für die Branche?

Prodinger: "Mit der derzeitigen Regelung wird es keine Übergaben mehr geben. Die Hotellerie ist eine besonders anlagen-und kapitalintensive Branche. Die Immobilie ist für den Erfolg ein betriebsnotwendiger Faktor. Die Verkehrswerte sind als Basis für die Besteuerung zu hoch und die Freibetragsgrenzen für die Hotellerie zu niedrig. Es steht zwar ein Freibetrag von 900.000 Euro zur Diskussion, aber dieser reicht nicht. Auch können die Schulden nicht einfach vom Verkehrswert abgezogen werden. Ein Schuldenabzug ist bei der Grunderwerbssteuer nicht vorgesehen, da das Prinzip lautet. dass die Steuer von der Gegenleistung (Verkehrswert) berechnet wird."

T.A.I.: Ab wann werden die negativen Auswirkungen Ihrer Meinung nach in der Praxis spürbar werden?

Prodinger: "Nach dem Frankenschock kommt der Steuerschock - die Betriebsergebnisse werden sich verschlechtern. Wird die Steuererhöhung bei einer Buchung 1:1 an den Gast weitergegeben, um das gleiche Ergebnis zu erzielen, dann müsste der Zimmerpreis um 6,68 Prozent erhöht werden. Zu den 3 Prozent MwSt. kommen die Schlechterstellung im Halbpensions-Arrangement, die Inflation und die steigenden Mitarbeiterkosten hinzu."

T.A.I.: Horst Rahe - Chef der A-Rosa Hotels und der A-ja Resorts - bezeichnet die Steuerreform als "größten Fehler den ein Land machen kann, das so vom Tourismus abhängig ist wie Österreich". Er verweist auf das Beispiel der schweizerischen Hotellerie, die bezüglich Investitionen stark zurückgefallen ist, und im Gegenzug auf die deutsche MWSt.-Senkung. Teilen Sie seine Ansicht?

Prodinger: "Ja, ich teile diese Meinung. Die deutsche Regierung hat mit dem 'Wachstumsbeschleunigungsgesetz' von 2010 und der Reduktion der Mehrwertsteuer für Beherbergung von 19 auf 7 (!) Prozent einen anderen, zielführenden Weg beschritten: 'Steuern senken und damit Wirtschaft und Konsum ankurbeln'.

In diesem Jahr wird Deutschland mit einem Wachstum von 1,5 Prozent stärker zulegen als Österreich. Die Zahl der Beschäftigten ist kräftig gestiegen und die Arbeitslosenquote niedriger als hierzulande. Die Maßnahmen schieben den privaten Konsum an, der für etwa 70 Prozent des BIPs steht. Das ganze kurbelt den Binnentourismus in Deutschland an, der Freistaat Bayern feiert einen Nächtigungsrekord nach dem anderen. Wäre das für Österreichs Politiker nicht ein gutes Erfolgsbeispiel gewesen?"

T. A. I.: Wird der Tourismusstandort Österreich an Konkurrenzfähigkeit einbüßen?

Prodinger: "Von 28 EU Staaten liegen bei der Beherbergung 21 Länder unter 13 Prozent MwSt. Die EU empfiehlt sogar Steuersätze auf Beherbergung von 5,5 Prozent. Unsere Regierung erweist den Betrieben somit einen 'Bärendienst'."

T. A. I.: Welche Maßnahmen müssten ergriffen werden, um die negativen Auswirkungen auszugleichen?

Prodinger: "In der parlamentarischen Arbeit und in den Ausschüssen müssen viele Fragen abgeklärt werden. Ein zentraler Punkt ist die Aufteilung in den Arrangements zwischen Verpflegung und Beherbergung.

Eine Ausrichtung auf den 13-prozentigen Steuersatz wäre der nächste grobe Fehler. Der "All Inclusive Erlass" gehört erweitert und die AFA müsste nach einer funktionalen Gliederung (betriebsübliche Nutzungsdauer) aufgeteilt werden.

Weiters gehören Investitionen gefördert: Die wenigen verbleibenden Gewinnbetriebe durch die Einführung eines Investitionsfreibetrags und Verlustbetriebe mit einer Investitionsprämie. Auch die Betriebsaufgabe gehört neu geregelt. Am meisten Kopfzerbrechen müsste die Regierung aber mit der Grunderwerbssteuer haben, denn die derzeitige Regelung würde das "Aus" von Familienbetrieben bedeuten."

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