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Fachkräftemangel

Top-Lehre, jetzt Abschiebung! Migrations-Bürokratie wird zur Farce

Print-Ausgabe 23. Februar 2018

In Österreichs Tourismus fehlt es an Köchen und Kellnern – Asylwerbende, die sich in diesen Berufen bewähren und integriert sind, werden trotzdem abgeschoben.

Das Thema köchelt bereits lange, jetzt schießt der Dampf aus dem Druckkochtopf: Jenes, bei dem sich Österreichs Hotellerie beispielgebend für Integration von Migranten engagiert, diese in Form einer Lehrausbildung zu engagierten MitarbeiterInnen heranbildet, gemeinsam mit ihnen die Basis für eine erfolgreiche Zukunft schafft, nur um am Ende mit Abschiebungsbescheiden die Hoffnungen zu zerstören und die volkswirtschaftlich ebenso sinnvolle wie wichtige Investition zunichte zu machen.

Das bislang prominenteste Beispiel machte Mitte Februar der „Weisses Rössl“-Altwirt und Ehrenpräsident der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV) Helmut Peter publik. Das 4-Sterne Superior Romantik Hotel in St. Wolfgang bildet seit Juli 2017 den nach Österreich geflohenen Afghanen Rahmat Jafari als Lehrling aus. Jetzt soll er aufgrund eines Bescheides abgeschoben werden. In einem „offenen Brief“ appelliert Helmut Peter an Bundeskanzler Sebastian Kurz, die Behörde dahingehend anzuweisen, „positive Integrationsschritte als Grundlage für die Entscheidungen zu nehmen und nicht jahrelanges Bemühen um einen Menschen mit einem Federstrich zu zerstören.“

Es ist bei weitem kein Einzelfall, wie die Recherche von T.A.I. ergeben hat. Laut Büro von Rudolf Anschober, dem Landesrat für Umwelt, Wasserrecht, Integration und KonsumentInnenschutz in OÖ, sind alleine in seinem Bundesland 38 Prozent der 305 Asylwerbenden in Lehre in der Gastronomie beschäftigt (Koch/Köchin, Gastronomiefachmann/frau).

Doch viele Asylwerbende und ihre Lehrbetriebe sehen sich jetzt mit Negativbescheiden konfrontiert. Einige prominente Beispiele, die sich diesbezüglich um Hilfe an die ÖHV gewandt haben, betreffen das 4-Sterne superior Hotel Gut Brandlhof von Eva-Maria Pürmayer in Saalfelden (3 Koch-Lehrlinge aus Afghanistan mit negativem Asylbescheid), das 5-Sterne Leading Family Hotel & Resort Dachsteinkönig in Gosau von Florian Mayer (2 Lehrlinge aus Afghanistan negativer Asylbescheid) und den 4-Sterne Seegasthof Oberndorfer der Familie Oberndorfer in Attersee (1 Lehrling aus Afghanistan mit negativem Asylbescheid). Die UnternehmerInnen sind fassungslos: „In der Gastronomie fehlen tausende Köche und es werden Asylwerbende direkt aus der Küche abgeholt, um sie abzuschieben.“ Landesrat Anschober: „Die Wahrscheinlichkeit für einen negativen Bescheid ist bei Afghanen höher als beispielsweise bei Syrern, weil sich die Fluchtgründe unterscheiden. Der Wert der Integrationsleistung im Asylverfahren sollte klarer definiert werden.“

Bereits im Herbst 2017 hat er in einer gemeinsamen Konferenz mit den Integrations-LandesrätInnen aller Bundesländer, per einstimmig gefasstem Beschluss, den damaligen Innenminister aufgefordert, die Integrationsleistung bei Asylwerbenden in den Verfahren zu berücksichtigen. Dieser Beschluss ist dem jetzigen Innenminister Herbert Kickl zwar bekannt, doch der will an der bisherigen Vorgehensweise nichts ändern, da „die derzeit geltenden Regelungen den unionsrechtlichen Vorgaben entsprechen.“

Einen Lösungsansatz würde die in Deutschland bereits praktizierte „3+2-Regelung“ darstellen. Durch das dortige Aufenthaltsgesetz ist während der Berufsausbildung sowie in den folgenden zwei Jahren bei regulärer Beschäftigung im erlernten Beruf der Aufenthaltsstatus gewährleistet, der Asylwerbende wird nicht abgeschoben (=Duldung). In Österreich setzt sich die ÖHV dafür ein, dieses Modell ebenfalls umzusetzen.

Für Innenminister Kickl hat dies keine Relevanz: „Die Möglichkeit, eine Lehre auszuüben, steht in keinem Zusammenhang mit der Prüfung des Asylvorbringens“, betont er gegenüber T.A.I. „Im Falle einer rechtskräftigen negativen Entscheidung, kann daher auch eine solche Lehre nicht per se zur Verlängerung des nun unrechtmäßigen Aufenthaltes führen.“ Damit bleibt als einzige Hoffnung, dass der offene Brief von „Rösslwirt“ Peter an Bundeskanzler Kurz doch noch Bewegung in die Sache bringt. T.A.I. wird berichten. 

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Erstellt am: 23. Februar 2018

am Bild: Rahmat Jafari (der afghanische Lehrling soll aufgrund eines negativen Bescheides abgeschoben werden) 

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