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T.A.I. Interview mit Sepp Schellhorn

Starke Vertretung des Tourismus? „Die ist in Regierung nicht vorhanden“

Print-Ausgabe 8. September 2017

Mit der Aussage, die Herabsetzung der MWSt. auf Logis sei ein „Affront für den Wähler“, sorgte der NEOS Abgeordnete für Erstaunen – T.A.I. erklärte er, warum er es so sieht.

Montag Tirol, Dienstag Vorarlberg, Donnerstag Linz, jeden Tag zehn Termine bei KMU und Tourismusbetrieben – Sepp Schellhorn, Wirtschafts- und Tourismussprecher der NEOS, tourt derzeit wahlkämpfend durch die Lande. Bis zum 15. Oktober hat er nur noch einen nicht verplanten Tag. „Es lauft gut“, betonte Schellhorn bei einem Telefongespräch Anfang dieser Woche mit T.A.I., „vor allem im Tourismus erhalte ich ein gutes Feedback.“ Anlass für das Telefonat war der von Schellhorn am Sonntag versendete Newsletter „Bericht aus dem Parlament“, in dem er die von ÖVP-Obmann Sebastian Kurz geplante Herabsetzung der Nächtigungssteuer als „Affront für den Wähler“ bezeichnete. Wie ist das zu verstehen, wollte T.A.I. von Schellhorn wissen, der stets mit Vehemenz eben diese Rücknahme der Mehrwertsteuer-Erhöhung gefordert hat?

Sepp Schellhorn: „Es waren doch die VP-Minister selbst und damit auch Sebastian Kurz, die einer solchen Erhöhung zugestimmt und damit die touristischen Unternehmen zusätzlichen Belastungen ausgesetzt haben. Es ist also ein Fehler, den die ÖVP selbst verursacht hat.“

T.A.I.: Und was soll schlecht daran sein, wenn sie diese Erhöhung wieder zurücknimmt?

Schellhorn: „Die Zurücknahme allein ist zu wenig. Die einzige Konsequenz wäre, die 200 Mio. Euro MWSt.-Mehreinnahmen zurückzuzahlen. Die Umsatzsteuer-Erhöhung konnte in vielen Fällen nicht weitergegeben werden. Wenn ein Hotel am Arlberg 100.000 Euro im Jahr mehr Mehrwertsteuer zahlt, ohne den Umsatz entsprechend erhöhen zu können, sagt das alles. Es reduziert die Investitionen. Ich habe schon zu meinen ÖHV-Zeiten (Schellhorn war von 2003 bis 2013 Präsident der Hoteliervereinigung) gesagt, dass wir konkurrenzfähig bleiben müssen. Die 10 Prozent auf Logis, auf die jetzt wieder reduziert werden soll, waren ohnehin schon ein Nachteil. In Wirklichkeit müssten wir auf 7 Prozent (der MWSt.-Satz auf Logis in Deutschland) runter.“

T.A.I.: Insgesamt ist die Rücknahme aber positiv …

Schellhorn: „Es ist nicht durchdacht, nur die 13 Prozent zurückzunehmen. Es braucht ein Entlastungspaket. Wir müssen die Lohnnebenkosten senken und auch die steuerlichen Komponenten bei den Anlagen, wo die Abschreibung auf 40 Jahre erhöht wurde. Das wurde alles mit Unternehmer-Bashing begründet. Die steuerlichen Rahmenbedingungen haben sich dramatisch verschlechtert. Der Tourismus braucht da eine Sonderstellung. Aber die meisten Politiker verstehen vom Tourismus nichts und die Betriebe glauben auch nicht mehr, dass Kurz das Steuer wirklich herumreißen wird. Auch (Landwirtschaftsminister) Ruprechter hat bei der Vorstellung seines Programm für die Entwicklung des ländlichen Raums auf den Tourismus vergessen. Er sieht nicht über den Tellerrand hinaus.“

T.A.I.: Was sollte er Ihrer Meinung nach tun?

Schellhorn: „Man muss Landwirtschaft und Tourismus gemeinsam denken. Überall, wo der Tourismus funktioniert, gibt es keine Landflucht. Das wäre eine richtige Standortentwicklung. Stattdessen gibt es nur Klienten-Politik und Visionslosigkeit.“

T.A.I.: Was bieten die NEOS für eine Lösung?

Schellhorn: „Die NEOS fordern ein konzertiertes Vorgehen bei Landwirtschaft und Tourismus. Das sollte bereits bei der Ministerien-Besetzung bedacht werden. Wir haben ein Desaster im Landwirtschafts-Bereich. Die Bauern werden immer mehr ausgepresst. Nehmen Sie die SalzburgMilch, die erhielt für ihr 45 Mio. Euro teures Käse-Kompetenzzentrums großzügige Förderungen. Warum werden nicht die Kleinen gestärkt, um den Feinkostladen Österreich mit ihren Produkten zu bereichern?

T.A.I.: Zurück zum Tourismus. Sie erwähnten vorhin die Senkung der Lohnnebenkosten. Wie könnte die Gegenfinanzierung dazu aussehen?

Schellhorn: „Unter anderem durch eine Einschränkung des Föderalismus. Wir haben bekanntlich kein Einnahmen-, sondern ein Ausgabenproblem. Man muss die Dinge anders sehen und denken, auch bezüglich Föderalismus. Nehmen wir die LTOs: die Konzertierung von LTOs und ÖW ist ein Desaster und der Wirtschaftsminister schaut schon lange weg. Die Länder haben den Tisch verlassen, aus welchem Grund auch immer.“

T.A.I.: Weshalb soll man Ihrer Meinung nach am 15. Oktober die NEOS wählen?

Schellhorn: „Wir sind ein ‚Game Changer‘. Es geht um eine starke Vertretung des Tourismus und der KMU. Die ist nicht vorhanden. Ich versuche, eine feste Stimme für beide zu sein.“ 

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