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Energiekosten

Sparen an allen Ecken und Enden! Ab 2023 wird’s laut Stresstest haarig

Print-Ausgabe 16. September 2022

Thomas Reisenzahn, Geschäftsführer Prodinger Tourismusberatung & Walter Veit, Präsident der ÖHV

Thomas Reisenzahn (l.) und Walter Veit wissen, mit welchen Belastungen Österreichs Hotellerie in den nächsten Jahren rechnen muss


 

Laut einer aktuellen ÖHV-Befragung tendiert die derzeitige Situation in Richtung „existenz­gefährdend“ – ein Prodinger-„Stresstest“ zeigt, weshalb dies so ist

Das Thema höherer Energie- und Rohstoffkosten, der Mitarbeitermangel sowie die steigende Inflation und Zinsen bereiten Österreichs Hotellerie Sorgen. Im Fokus steht dabei allen voran die Energiepreisentwicklung: Laut einer soeben abgeschlossenen Befragung der ÖHV (Österreichische Hoteliervereinigung) unter ihren Mitgliedsbetrieben (Zeitraum 31. August bis 8. September; 157 Betriebe beteiligten sich daran) stufen diese auf einer Skala von 0 („irrelevant“) bis 10 („existenzgefährdend“) die aktuelle Situation derzeit mit 7 ein.

Laut ÖHV-Präsident Walter Veit (4-Sterne superior Hotel & Zirbenspa Enzian, Obertauern) rechnen die Betriebe für das laufende Geschäftsjahr mit einer Verdoppelung von Strom- wie Heizkosten. Für das darauffolgende gehen sie von einer Verdreifachung der Stromkosten und einer Steigerung der Heizkosten um 170 % aus. Veit: „Wie sich das betriebswirtschaftlich ausgehen soll, steht in den Sternen. Denn zu dieser Belastung kommen noch steigende Kosten für Speisen und Getränke, Zinsen und vor allem Löhne und Gehälter. Das wird eine Kostenlawine, die wir noch nicht gesehen haben.“

Grund genug für die Prodinger Beratungsgruppe, die Ferienhotellerie im 4- und 5-Sterne-Bereich einem „Stresstest“ zu unterziehen. Untersucht wurde dabei, welche Belastungen sich konkret durch Energiekosten, Personalmangel, die deutlich nach oben tendierende Inflation sowie die Kreditzinsen ergeben. Verglichen wurden dabei die IST-Werte der Jahre 2017 bis 2020 (jeweils Median, also der Mittelwert aller ermittelten Zahlen) sowie die Prognosen 2021 bis 2024.

Demnach dürften die Energiekosten von bislang 4% auf heuer 7% steigen, um sich 2023 auf 14 % nochmals zu verdoppeln. 2024 rechnet die Prodinger Beratungsgruppe mit einem Absinken auf 8%, was aber immer noch dem doppelten Wert.

Prodinger geht dabei von einer Erhöhung der Energiekosten für Strom, Heizung und Warmwasser um insgesamt 360 % aus. „In diesem Wert ist bereits ein Einsparungspotential von 12 % des Verbrauchs einkalkuliert“, so Thomas Reisenzahn, Geschäftsführer der Prodinger Tourismusberatung. Die Mitglieder der ÖHV rechnen mit einem Preisanstieg im Jahr 2022 bei den Stromkosten um +118 % und 2023 um +199%. Bei den Heiz- und Warmwasserkosten sind es +109 % sowie +169 %.

Auswirkungen hat dies laut Prodinger-„Stresstest“ natürlich auf die Ergebnisse. Der GOP (Gross Operating Profit (GOP), also die Differenz zwischen Umsatz und betriebsbedingtem Aufwand (= Deckungsbeitrag III), der vor der Pandemie bei rund 22 % lag, dürfte sich 2023 auf 11 % halbieren, um 2024 (so die erwartete Entspannung bei den Energiepreisen tatsächlich eintritt) 18 % zu erreichen.

Das zuvor mit 9 % deutlich positive Betriebsergebnis (vor Zinsen und Steuern) dürfte 2023 mit −3 % ins Negative rutschen, um 2024 mit 4% eine zwar wieder positive aber doch unbefriedigende Größenordnung zu erreichen. Denn das EGT (Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; also inklusive des Finanzergebnisses, aber vor Steuern und Rücklagenbewegungen) wird heuer bestenfalls ausgeglichen sein, 2023 mit −11 % massiv negativ ausfallen und auch 2024 mit −6% tief rot bleiben. Thomas Reisenzahn: „2022 wird noch ein Nullsummenspiel, da die höheren Energiekosten erst ab dem Herbst voll greifen. Für 2023 ist allerdings ein ‚Mehrfachschock‘ zu befürchten.“

Für ÖHV-Präsident Walter Veit lautet die Antwort „sparen, sparen, sparen“ und das „an allen Ecken und Enden.“ Keinesfalls dürfe die Politik der österreichischen Hotellerie den dritten Winter in Folge die Hauptlast einer Krise aufbürden. Zur Erinnerung: 2020/21 gab es einen Komplettausfall, 2021/22 eine starke Bremse durch den anfänglichen Lockdown sowie die über lange Strecken geltenden starken Einschränkungen.

Die Tourismusbranche arbeitet laut Walter Veit bereits bisher „extrem energieeffizient“ (Hotels sorgen bundesweit für nur 1,3 % des Energiebedarfs, Seilbahnen für 1,2 %). Österreichs Hotels reduzieren darüber hinaus ihren Energieverbrauch laut ÖHV-Befragung seit Jahren, parallel dazu erzeugen immer mehr Gastgeber selbst Energie. Veit: „Das tun mittlerweile 16 % der ÖHV-Mitglieder.“ Sie setzen dabei zum größten Teil auf Photovoltaik, Abwärme und Wärmepumpen.

Damit nicht genug, verzichtet bereits mehr als ein Viertel (28%) komplett auf fossile Brennstoffe, nahezu die Hälfte (47 %) plant dies für die kommenden 3 bis 5 Jahre und ein Viertel zieht es in Erwägung. Walter Veit: „Energie gespart wird von der Beleuchtung über Heizung und Kühlung bis hin zur Dämmung von Dächern und Fassaden, in den meisten Hotels in allen oder den meisten genannten Bereichen parallel.“

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