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Sparte Tourismus und Freizeitwirtschaft Tirol

Schwer enttäuscht, voll Tatendrang Franz Hörl um Parlaments-Einzug geprellt!

Print-Ausgabe 3. November 2017

Es herrschte schönster herbstlicher Sonnenschein über der Tiroler Landeshauptstadt, als T.A.I. – extra aus Wien angereist – Franz Hörl um die Mittagszeit zum vereinbarten Interview traf. Doch die Stimmung des Tiroler Wirtschaftsbundobmanns sowie Obmann des Fachverbandes Seilbahnen und der Bundessparte Tourismus und Freizeitwirtschaft in der WKÖ stand in purem Kontrast dazu: Sie war auf absolutem Tiefpunkt, Sturmwarnung inklusive. Franz Hörl pur.

Der Grund: In den Vormittagsstunden hatte sich Hörls Vermutung bestätigt, dass kaum noch Chancen auf seinen Einzug in den Nationalrat bestehen, mit dem in Österreichs Tourismus fix gerechnet wurde. Die Vorzugsstimmen-Arithmetik – 4.156 UnternehmerInnen schenkten ihm bei den Wahlen Mitte Oktober ad personam das Vertrauen – hatte ihn ausgebremst.

Die Enttäuschung ist extrem groß. Kein anderer Kandidat auf der Tiroler ÖVP-Landesliste (nicht zu verwechseln mit der Regionalwahlkreis Liste, dort erhielt Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter 12.295 Vorzugsstimmen) hatte auch annähernd einen dermaßen hohen Zuspruch erhalten, wie Hörl. Die beiden nächstgereihten auf der VP-Landesliste brachten es nicht einmal auf ein Drittel der Stimmen von Franz Hörl, der Rest rangierte weit abgeschlagen. Dasselbe gilt für die Bundesliste, wo ÖVP-Chef Sebastian Kurz in Tirol 12.000 Vorzugsstimmen erhielt. Selbst Bundeskanzler Christian Kern und FPÖ-Obmann Heinz-
Christian Strache (beide auf der Bundesliste) erhielten bei weitem nicht so viele Vorzugsstimmen, wie Hörl.

Über 17.000 Kilometer hatte Franz Hörl in den zurückliegenden Monaten in Tirol mit dem Auto abgespult und dabei über 120 Betriebe persönlich besucht, im Tourismus, in der Industrie und im Gewerbe. War das jetzt alles – trotz des überwältigenden Ergebnisses bei den Vorzugsstimmen – für die Katz‘?

Nachdenkpause

Hörl: „Ich hätte gerne im Parlament mitgearbeitet und etwas für den Tourismus getan. Da liegt Vieles im Argen. Aber bei der Auszählung wurden ca. 30 Prozent der mehr als 6.000 Vorzugsstimmen für mich einfach für ungültig erklärt, weil sie im falschen Kastel standen (Anm.d.Red: die Wahlzettel sind so unübersichtlich, dass bei der Stimmabgabe Vorzugsstimmen vielfach nicht auf der Landes- ,sondern auf der Bundesliste abgegeben werden, womit sie ungültig sind). Man kann die Dinge nur ändern, wenn man im Parlament sitzt. Alle wichtigen Entscheidungen fallen in Wien. Ich werde jetzt eine Nachdenkpause einlegen, wie ich künftig weiter mache.“

T.A.I.: Was heißt das konkret?

Hörl: „Ich bin als Spartenobmann für meinen Vorgänger eingesprungen, der aus Protest gegen die verunglückte Steuerreform sein Amt zurückgelegt hat. Aber was kann ich konkret als Spartenobmann ändern? Ich kann keinen so starken Input bringen, wenn ich nicht im Parlament sitze. Harald Ultsch (Anm.d.Red.: Hörls zurückgetretener Vorgänger als Tourismus-Spartenobmann in Tirol) ist ein Sir. Ich habe mit ihm das beste Einvernehmen. Er wäre für den Kammer-Job viel besser geeignet. Ich bin eher ein politischer Raufbold.“

T.A.I.: Aber einer, der etwas erreicht und Dinge bewegen kann. Sie haben ja auch als Wirtschaftsbund-Obmann in Tirol starkes politisches Gewicht …

Hörl: „Das glaube ich schon. Wir stellen 80 Prozent der Funktionäre in Tirol. Wir haben den Wirtschaftsbund viel spürbarer gemacht, wie zum Beispiel bei der Mindestsicherung, bei der Eingliederung von Asylwerbern in den Arbeitsprozess und auch im Naturschutz haben wir viel erreicht. Der Wirtschaftsbund Tirol ist lauter, kräftiger und stärker geworden. Aber für Wien reicht das offenbar nicht …“

Von der Tarif- zur Struktur-Reform

T.A.I.: Wo werden Sie Ihre nächsten Akzente setzen?

Hörl: „Ich werde mich in die Kammer-Reform einbringen. Bisher war es nur eine Tarif-Reform, jetzt geht es um die Struktur-Reform.“

T.A.I. Wie viele Kammer-Mitgliedschaften haben Sie mit Ihren Betrieben?

Hörl: „Fünf oder sechs. Diesbezüglich kann man sicher noch einiges ändern. Erst vor kurzem hat mir eine Dame, die ein Studio für Wimpernverlängerung eröffnen will, gesagt, dass man auch dafür eine Mitgliedschaft braucht.“

T.A.I.: Wie sehen Sie die Forderung nach einem Ende der Zwangsmitgliedschaft?

Hörl: „Die Kammer ist eine Solidargemeinschaft. Bei einer Freigabe der Mitgliedschaft würden vor allem die kleinen Betriebe draufzahlen. Wo haben die dann noch
einen Hebel in Brüssel oder Wien?“

Stärkung auf EU-Ebene

T.A.I.: Wie wichtig ist eine starke Vertretung der Wirtschaftskammer auf EU-Ebene?

Hörl: „Sehr wichtig. Deshalb ist eines meiner Ziele, dass sich die Wirtschaftskammer stärker in Brüssel einbringt. Bei den Seilbahnen ist uns das schon gelungen und wir konnten dadurch einiges bewegen.“

T.A.I.: Was konkret?

Hörl: „Die EU wollte bei den Seilbahn-Konzessionen das französische System einführen, das die Konzession auf 30 Jahre befristet. Stellen sie sich das vor, bei den Strukturen in Österreich mit den vielen in Familienbesitz befindlichen Betrieben! Wir konnten das erfolgreich verhindern. Bei den Seilbahnen ist uns vieles auf EU-Ebene geglückt, im Tourismus alles misslungen.“

T.A.I.: Das sind doch genug Herausforderungen. Wieso dann eine Nachdenkpause?

Hörl: „Als Kammer-Vertreter muss ich mir das schwer überlegen. Ich kenne die Probleme der Unternehmer. Ich habe mit Sebastian Kurz schon im Frühjahr besprochen, – da waren die Wahlen noch kein Thema –, dass die Mehrwertsteuer zurückgenommen werden muss. Ich hätte das gerne im Parlament umgesetzt. Jetzt kann ich das nicht.“

T.A.I.: Auch als Bundesobmann des Fachverbandes Seilbahnen können Sie einiges bewegen …

Hörl: „Ja, wir sind eine kleine, schlagkräftige Gruppe, die leichter zu führen ist, als der Tourismus. Bei dem hat sich aber durch die Steuerreform viel geändert. Der Tourismus ist durch die Themen enger zusammengerückt.“

Forderungen an die künftige Regierung

T.A.I.: Welches sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Forderungen an die künftige Bundesregierung?

Hörl: „Allen voran die Mehrwertsteuer. Hier wurde die Zurücknahme bereits mehrfach von Sebastian Kurz zugesagt. Die AfA muss genauso dringend geändert und an die tatsächlichen Erfordernisse der Praxis angepasst werden. Eine weitere Frage ist: was passiert mit den Rauchern? In der Hotellerie ist das generelle Rauchverbot kein Problem, aber bei den Gasthäusern. Wenn’s am Flughafen geht, warum soll das nicht im Restaurant funktionieren mit Raucherkabinen für 10 bis 12 Leute?“

T.A.I.: Was war bisher Ihr größter Erfolg als Spartenobmann?

Hörl: „Ich habe bei der Steuerreform einen ziemlichen Beitrag geleistet, als die Grunderwerbsteuer gekommen ist. Ich habe das sofort mit meinem Steuerberater durchgerechnet. Die Ergebnisse waren erschreckend und aus Sicht des Tourismus katastrophal. Die Politiker
haben nicht gewusst, was sie
da beschlossen haben, und es hat gedauert, bis sie das begriffen haben. Es wurde dann repariert.“

T.A.I.: Bleibt es trotzdem bei der Nachdenkpause?

Hörl: „Ja. Die Politik hat mich schon ein paar Mal anlaufen lassen. Ich werde jetzt eine Woche, zehn Tage überlegen, bis ich weiß, wie es weiter geht.“ 

Hotelier, Seilbahnunternehmer & Politiker

Franz Hörl (61, Sternzeichen Schütze) – „ein Kraftpaket aus Wirt, Bauer, Seilbahner, Investor, Wirtschafts- und Interessensvertreter für Tirol“ (so die Wahl-Website des Wirtschaftsbundes Tirol) – ist nicht nur erfolgreicher Unternehmer, sondern auch – trotz vorenthaltenem Einzug ins Parlament – einer der mächtigsten Touristiker Österreichs.

• Sein Betrieb, das 4-Sterne Hotel Gaspingerhof (80 Zimmer, sechs Ferienwohnungen, Wellnessbereich) kommt mit 35 MitarbeiterInnen auf einen Jahresumsatz von rund 4 Mio. Euro brutto, das Schilift-Zentrum-Gerlos (Hörl ist mit knapp 25 Prozent der größte Anteils-Eigner) gehört mit rund 16 Mio. Euro Umsatz nicht nur zu den Top-30 Bergbahn-Unternehmen Österreichs, sondern auch zu deren Wachstums-Kaisern. Darüber hinaus besteht eine 48-Prozent Beteiligung an der Dorfbahn Königsleiten auf der Salzburger-Seite der Zillertal Arena (rund 7-8 Mio. Euro Umsatz).

• Heuer wurde mit der zweiten Dorfbahn (10er Einseil-Umlaufbahn von Leitner Ropeways) samt Talstation mit unterirdischer Verbindung zum Gaspingerhof, 1.000 m² Sportgeschäft, 500 Ski-Depot Kästen, Arztpraxis, mehreren Appartements und 280 PKW fassender Garage die mit 34 Mio. Euro größte Investition auf der Region seit Errichtung des Wasserkraftwerks Durlaßboden Mitte der 1960er Jahre getätigt.

• Franz Hörl ist seit fast 40 Jahren Unternehmer (mit 21 hat er nach dem frühen Tod seines Vaters den Gaspingerhof übernommen), seit rund 30 Jahren in der Politik (u.a. Bürgermeister in Gerlos 1986 bis 2009, Abgeordneter zum Nationalrat 2006 bis 2013) sowie in der Wirtschaftskammer (seit 2010 Obmann des Fachverbandes der Seilbahnen in der WKÖ, seit April 2015 Obmann der Sparte Tourismus und Freizeitwirtschaft der WK Tirol) und seit Ende April 2016 Landesobmann des Wirtschaftsbundes Tirol gewählt.

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