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Restart der Stadthotellerie

Optimierte Hotel-Immobilien! „Corona änderte alles schlagartig“

Print-Ausgabe 16. April 2021

Laut Klaus Ennemoser kommt es zu einer Modernisierung des Angebots an Hotels und Wohnungen

Viele Investoren planen die Umwandlung von alten Stadthotels in Wohnimmobilien – im Gegenzug befinden sind zahlreiche, interessante Neuprojekte in der Pipeline

Österreichs Stadthotellerie steht vor einer Umgestaltung, die in diesem Ausmaß vor der Pandemie nicht absehbar war. Auf der Strecke bleiben dabei jene Betriebe, die laut KlausEnnemoser, Chef und Eigentümer des gleichnamigen Innsbrucker Wirtschaftsberatungsunternehmens, „schon vor der Krise am Markt dahinvegetiert“ haben. Ennemoser bezeichnet diese Entwicklung im Gespräch mit T.A.I. aber als „positiv, denn im Gegenzug eröffnen neue Projekte. Viele davon befinden sich bereits in der Pipeline oder sind ‚on hold‘. Sie werden die entstandene Lücke auffüllen.“ 

Die Ennemoser Consulting betreut aktuell EigentümerInnen von neun Hotels, die für ihre Objekte im Beherbergungsbereich keine Mieter oder Pächter mehr finden und die nach Lösungen für eine Umnutzung suchen. Klaus Ennemoser: „Es handelt sich dabei ausschließlich um Stadthotels, und zwar bundesweit.“ Drei der betroffenen Häuser befinden sich in Wien. 

Bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist die Tatsache, dass jedes dieser neun bei Ennemoser Consulting zur Umwidmung anstehenden Hotels in der 4-Sterne-­Kategorie angesiedelt und ihre Größenordnung zwischen 100 und 300 Zimmern angesiedelt ist. Die Gründe für den Ausstieg sind überall dieselben. Klaus Ennemoser: „Alle stehen vor Investitionen, die dringend getätigt werden müssten. Die bisherigen Betreiber können aber nicht weiter machen und gehen aus dem Markt.“

Die Stadthotels galten Klaus Ennemoser zufolge „jahrzehntelang als die Blue Chips der Tourismusindustrie. Sie erfreuten sich hoher Auslastungen, konnten gute Preise erzielen und galten als krisenresistent.“ Um die Nachfrage nach mehr Gästebetten möglichst rasch zu befriedigen, wurden deshalb zuvor anders genutzte Immobilien in Hotels konvertiert. „Dann kam die Corona-Pandemie und alles änderte sich schlagartig“, so Klaus Ennemoser. Anstatt Umwandlung von Wohnimmobilien in Stadthotels passiere „jetzt verstärkt das Gegenteil.“ 

Ennemosers Einschätzung zufolge „ist die Pandemie noch nicht ausgestanden. ExpertInnen sprechen davon, dass wir erst bei der Halbzeit im Bekämpfungsmarathon angekommen sind.“ Im MICE-Bereich (Meetings, Incentives, Conventions and Events) werde die Erholung noch länger dauern. Der vor-Krisen-Zustand werde nicht vor 2025 wieder eintreten und auch dann mit zum Teil geänderten Spielregeln: „Firmen haben digitale Alternativen zu persönlichen Meetings entdeckt.“ 

EigentümerInnen und Betreiber­Innen von Stadthotels sind laut Ennemoser „meist verschiedene Personen. Die EigentümerInnen versuchen auch unter den aktuellen Gegebenheiten eine Rendite für ihre Hotelimmobilie zu erwirtschaften und planen die Konvertierung. Man strebt einen ‚highest and best use‘ (HABU) an.“ Allein in New York seien so 42.000 Hotelzimmer aus dem Markt genommen worden. 

Galten lange Zeit Büro-Immobilien als adäquate Investments, hat sich dies aufgrund von Homeoffice & Co. verändert. „Sie sind aktuell weniger begehrt“, erläutert Klaus Ennemoser. Anders verhalte es sich beim Wohnungsmarkt: „Der ist in den Großstädten ohnehin angespannt und wird stark nachgefragt.“ Deshalb würden, – obwohl der Städtetourismus mittelfristig wieder anziehen wird –, aus Hotels nun Wohnungen.

Ennemoser: „Interessant ist diese strategische Entscheidung deshalb, weil ja ein solches Projekt einen längeren Zeithorizont hat.“ Wahrscheinlich sei bei Abschluss der Conversion (also weg von der Hotel-, hin zur Wohnungsnutzung) „die Pandemie vorbei und der Städtetourismus boomt wieder.“ Warum also werden trotzdem Betten mittelfristig vom Markt genommen? Die Antwort: „ImmobilieneigentümerInnen möchten ihr Risiko reduzieren, konvertieren Hotels und machen Kassa beim Wohnungsverkauf.“ 

Ein weiterer Umstand, weshalb viele ehemals als Hotel genutzte Objekte künftig in Wohnungen umgewandelt werden, liege darin, dass „HotelbetreiberInnen ihre Konzepte laufend weiterentwickeln. Deshalb sind auch bei den Investoren viele Neuprojekte in der Pipeline.“ 

Alleine in Wien tut sich einiges, wie der WienTourismus auf seiner B2B-Seite berichtet. Derzeit befinden sich demnach 22 Hotels im Bau (neu oder Erweiterung), 16 davon im 4- oder 5-Sterne-Bereich, die bis Ende 2021 eröffnen sollen. Zu den Highlights zählen das 5-Sterne Almanac Hotel Vienna (111 Zimmer im historischen Palais am Ring, wo einst das Radisson Blu Palais Hotel untergebracht war), das 4-Sterne Jaz in the City im 6. Bezirk (165 Zimmer), das Radisson Red (179 Zimmer) am Donaukanal oder jenes Grand Luxury Hotel, das von der Unternehmensgruppe Lenikus in einem denkmalgeschützten Barockgebäude Am Bauernmarkt 1 entsteht (77 Zimmer). Alle 22 Hotels zusammen verfügen über ein Volumen von über 2.800 Zimmern und mehr als 5.700 Betten.

Ennemosers Schlussfolgerung: „Der Markt für Stadthotels wird sich nach Corona stark verändert haben, mit neuen Konzepten und Produkten aufwarten sowie mit optimierten Hotel-Immobilien wahrscheinlich noch attraktivere Renditen generieren.“ Im Gegenzug würden „nicht mehr marktkonforme, abgewohnte Hotels, die ohnehin Investitionsbedarf haben, umgenutzt.“ Es kommt also „zu einer Modernisierung des Angebots an Hotels und Wohnungen.“ Wie heißt’s so schön: Jede Krise hat ihre Chancen. In diesem Fall, wenn die Rechnung aufgeht, sogar gleich doppelt. 

Das Grand Luxury Hotel von Lenikus und das Jaz in the City eröffnen in naher Zukunft und beleben damit das Angebot in der Wiener Stadthotellerie.

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