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ÖHV (Österreichische Hoteliervereinigung)

Neuer ÖHV-Präsident, provokante Frage, erfrischende Antwort! Gelungener Einstand von Walter Veit

T.A.I. 24 TOP News

Die Frage kam zum Schluss der Premieren-Pressekonferenz des neuen Präsidenten der ÖHV (Österreichische Hoteliervereinigung), Walter Veit, und sie war etwas provokant: „Sind Sie nach all den Ausführungen Masochist oder gibt es nicht auch etwas Positives zu berichten?“ Walter Veit antwortete mit Bravour: „Ich bin Optimist und viele meiner Kolleg*innen sind das auch. Wir starten durch, auch wenn der Motor noch ein paar Monate stottert!“

Einen Tag zuvor wurde der Hotelier aus Obertauern (4-Sterne superior Hotel & Zirbenspa Enzian, 61 Zimmer), der seit 2019 als Vizepräsident des Verbandes fungiert, von der ÖHV Generalversammlung offiziell zum Nachfolger der seit 2013 amtierenden Präsidentin Michaela Reitterer (Boutiquehotel Stadthalle Wien, 79 Zimmer) gewählt. Reitterer konnte gemäß Statuten nach drei Amtsperioden nicht mehr neuerlich kandidieren und hielt auch persönlich die Zeit für eine Ablöse gekommen.

Einstufung als „Hochrisikogebiet“ erst nach Umfrage-Ende

Zu seinem Auftakt-Pressegespräch kam Walter Veit nicht mit leeren Händen, sondern mit einer (fast) höchst aktuellen Umfrage (Laufzeit 11. bis 14. Jänner 2022) unter 672 Hoteliers. Der Zusatz „fast“ bezieht sich darauf, dass einen Tag nach Umfrage-Ende die Bundesrepublik Deutschland gemäß Entscheid des RKI (Robert Koch Institut) Österreich als „Hochrisikogebiet“ (hohe Inzidenzen für die Verbreitung des Coronavirus) einstufte. Diese Maßnahme war allgemein befürchtet worden, ist aber in den Antworten der ÖHV-Umfrage noch nicht „eingepreist“.

Zur Erklärung: Die Einstufung als Hochrisikogebiet erschwert die Reiseplanung deutscher Urlauber*innen in den Winterferien. So sie nicht vollständig geimpft oder genesen sind, müssen sie für zehn Tage in Quarantäne (Möglichkeit zur Befreiung ab fünf Tagen nach Rückreise mit negativem PCR-Test). Besonders betroffen sind demnach Familien mit ungeimpften Kindern.

In manchen deutschen Bundesländern beginnen die Winterferien bereits Ende Jänner. Doch in den drei für den Österreich-Winter wichtigsten Bundesländern (sie sorgen für ca. 54 % des Aufkommens) sind die Winter- bzw. Faschingsferien erst später: in Bayern und Baden-Württemberg von 28. Februar bis 3. März (in Nordrhein-Westfalen stehen den Schulen drei „bewegliche“ Ferientage zur Verfügung).

Auslastung im Keller, Gäste-Minus auch aus Österreich

Soviel zur Einleitung. Ansonsten brachte die Umfrage wenig Erfreuliches zu Tage, allerdings auch nichts, was nicht ohnehin bereits bekannt war:

  • Immer mehr Hotels schließen (4 % sind es Corona-bedingt bereits, weitere 11 % überlegen es);
  • Die Auslastung befindet sich im Sinkflug (mehr dazu weiter unten);
  • Das Gäste-Minus betrifft alle Herkunftsländer (Österreich mit -6 % am wenigsten, Deutschland mit -26 % schon erheblich mehr, aus dem EU/EWR-Raum sind es -39 % und aus Drittstaaten -54 %).

Zur Auslastung: Vor der Einstufung als Hochrisikogebiet lag sie für Jänner (Stadt- und Ferienhotellerie gemeinsam) bei lediglich 34 %, weniger als die Hälfte des „Normalwertes“ (vor Corona waren es zum selben Zeitpunkt 72 %). Walter Veit: „Die Auslastung ist viel zu niedrig, um wirtschaftlich zu arbeiten.“ Die Hotellerie halte ihre Betriebe trotzdem offen, „um die Mitarbeiter*innen zu beschäftigen und zu halten.“ Bemerkung am Rande: 85 % der Mitarbeiter*innen in Österreichs Hotellerie sind laut Walter Veit komplett geimpft (zum Vergleich: in der Gesamtbevölkerung sind es aktuell 73,56 %).

Über der Auslastung in den kommenden Monaten steht ein großes Fragezeichen. Zum Zeitpunkt der Umfrage lag sie für Februar bei 47 % (üblich wären 81 %) im März bei 43 % (vor Corona 73 %). Veit: „Wir hoffen, dass noch etwas dazu kommt.“ Diese Hoffnung hänge stark von der weiteren Einstufung als Hochrisikogebiet ab.

Stockende Corona-Hilfen & fehlende Mitarbeiter*innen

Entsprechend angespannt ist laut Walter Veit die Lage in den Betrieben. Dies hat …

  • einerseits mit den fehlenden Umsätzen zu tun, die durch Corona-Hilfen zum Teil kompensiert werden könnten (während der ersten „Wellen“ wurden sie von der COFAG / COVID-19-Finanzierungsagentur des Bundes „wirklich gut abgewickelt“, jetzt warten aber 68 % der Hotels „bei der x-ten Welle“ auf die Erledigung offener Anträge, deren Abwicklung im Durchschnitt 20 Wochen dauert und das bei Ansprüchen von durchschnittlich 400.000 Euro),
  • anderseits mit fehlenden Mitarbeiter*innen. 15 % der Stellen sind derzeit unbesetzt, weitere 5 bis 7 % der Mitarbeiter*innen befinden sich in Quarantäne oder sind erkrankt.

Walter Veit: „38 % aller Betriebe mussten aufgrund dieser Umstände mit einer Reduktion des Angebotes reagieren.“ Dies betreffe vor allem mittelgroße Betriebe (80 bis 100 Betten), die z.B. ihre à la Carte-Restaurants geschlossen haben (weil auch Köche fehlen) und oft nur noch "Hotel garni" anbieten.

Menschen für Mitarbeit im Tourismus begeistern

Das Thema der fehlenden Mitarbeiter*innen möchte Walter Veit vorrangig mit der Regierung besprechen. So befänden sich bundesweit aktuell 402.000 Mitarbeiter*innen in der Arbeitslosigkeit, vorwiegend aber im Osten Österreichs, denn in Salzburg und in Tirol läge die Arbeitslosen-Rate „quasi bei null.“

Die Branche „tut alles, um die Menschen für die Mitarbeit im Tourismus zu begeistern“, aber es bräuchte dazu auch Unterstützung durch die öffentliche Hand in Form von Kinderbetreuung, „die sich nicht an Beamtenzeit richtet“, sondern an die im Tourismus wichtigen Frühstücksdienste, die gerne von Teilzeit-beschäftigten Müttern geleistet würden, oder die als Zimmermädchen bis 13:00 Uhr tätig sind.

Ebenso wäre es dringend nötig, endlich eine „massive Entlastung des Dienstleistungssektors bei den Lohnnebenkosten“ auf Schiene zu bringen: „Die Steuern müssen dazu komplett neu aufgesetzt werden und zwar weg von der Arbeitskraft“, so Veit. Als er „vor 20 bis 25 Jahren das Hotel Enzian übernahm“, beliefen sich die Lohn- und Gehaltskosten bei 20 bis 25 % des Aufwandes. Jetzt sind es im Branchenschnitt rund 44 %, bei Top-Häusern gegen 50 %. Zum Vergleich: Die Energiekosten erreichen im Hotel Enzian rund 6 %.

„Haben an Stellenwert gewonnen“

Soviel zu Walter Veits Ausführungen. Was noch fehlt, ist der zweite Teil seiner Antwort auf die eingangs erwähnte „provokante“ Frage: „Ich bin überzeugt, dass wir von der Politik geschätzt werden. Denn erstmals ist es so, dass man sich der Bedeutung des Tourismus voll und ganz bewusst ist, vor allem im Westen Österreichs. Wir haben (durch Corona) ein bisschen mehr Stellenwert gewonnen.“ Ein erfrischender Schlusssatz, dem nichts hinzuzufügen ist.

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