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ÖHV Kongress 2020

Mit Sonnenseite, Rückenwind, Direktbuchungsfreude & OTA-Alltag

Print-Ausgabe 16. Jänner 2020

Freuten sich über zahlreiche konstruktive Gespräche: Ministerin Elisabeth Köstinger (l.) & ÖHV-Präsidentin Michaela Reitterer


 

Mit dem Regierungsprogramm und einer Umfrage über das Buchungsverhalten von Gästen aus der DACH-Region gab es auf dem ÖHV-Kongress interessante Schwerpunkte

Unter dem Motto „Das Hotel als Bühne – die Kunst der Inszenierung“ ging Anfang dieser Woche der ÖHV Kongress 2020 im Kongress- und Veranstaltungszentrum „Kongresskultur Bregenz“ über die Bühne. Diese gehörte – auch wenn das Programm wie gewohnt breit gefächert war – aus aktuellem Anlass (neue Bundesregierung) vor allem auch der Politik.

Es hätte nicht des abschließenden Vortrags von Glücksforscher Manfred Rauchensteiner bedurft, um zu merken: Nachdem sich die Hoteliervereinigung jahrelang dem geteilten Leid verschrieb, besann man sich bei der Tagung darauf, selbst seines Glückes Schmied zu sein. So strahlte die „sonnige“ Wieder-­Ministerin Elisabeth Köstinger mit den in ihren Häusern erfreulich ausgelasteten Hoteliers um die Wette. Selbst der Abendevent wurde an Bord der „Sonnenkönigin“ (Passagierschiff) abgehalten.

Nicht zuletzt war es das türkis-grüne Regierungsprogramm, das die Stimmung hob. „Realistischere Abschreibungszeiten, vereinfachte Betriebsübergabe, Registrierungspflicht für Airbnb-Vermieter, praxisnahe Arbeitsmarktlösungen, Senkung der Lohnnebenkosten: Das alles gibt uns wertvolle Perspektiven“, so ÖHV-­Präsidentin Michaela Reitterer, die allerdings gleich einschränkte: „Die Regierung wird daran gemessen werden, was sie umsetzt.“ Nach der Rücknahme „fataler Lösungen“, die während der türkis-blauen Regierung meist unter Reinhold Mitterlehners Ressortzuständigkeit gefallen sind, erwartet Reitterer nun eine „Rückenwindmaschine“, damit die angeführten Themen rasch umgesetzt werden.

Interessant war auch, was abseits der offiziellen Reden bei BranchenvertreterInnen durchklang: Wie intensiv am Ende der Koalitions-Verhandlungen das Lobbying gewesen sein muss, damit der Tourismus nicht wieder ins Wirtschaftsministerium zurückkehrt. Köstinger schlägt als „Kärntner Wirtstochter“ hier grenzenloses Vertrauen entgegen.„Der große Wurf ist uns schon 2017 gelungen, als wir den Tourismus aus dem Wirtschaftsressort geholt haben“, meinte Köstinger. Sie versteht ihr Resort als „Diener des ländlichen Raums“. Ob sich die Stadthotels angesichts der Konzentration auf den alpinen Ferientourismus gut aufgehoben fühlen, wird die Zukunft weisen.

Köstinger betonte in Bregenz den Fokus auf den raschen Breitbandausbau („die Güterwege des 21. Jahrhunderts“) legen zu wollen. Ein rascher Ausbau des 5G-Netzes soll die Zwei-Klassen-Gesellschaft zwischen Stadt und Land beseitigen. Die Steigerung der Lebensqualität in den Regionen würde nicht nur Jobs in Ferienhotels attraktiver machen, sondern auch die Vermarktung der Häuser erleichtern. Diese war Gegenstand einer Umfrage, welche die ÖHV im Vorfeld des Kongresses unter Österreich-UrlauberInnen aus der DACH-Re­gion sowie unter ihren Mitgliedern durchführen ließ. Ergebnis: 68,7 Prozent der Gäste aus dem deutschsprachigen Raum buchen direkt im Hotel. In diesem Wert sind aber auch alle Buchungen enthalten, die über bezahlte Google-Anzeigen ausgelöst wurden.

„Insgesamt sind die Vertriebskosten im vergangenen Jahrzehnt sprunghaft angestiegen“, stellte Reitterer klar. Im Schnitt fließen 15 Prozent an Provision (und Wertschöpfung) an im Ausland stationierte OTAs (Online Travel Agents). Stadthotels zahlen im Schnitt um 3 Prozent mehr als Ferienhotels. Häuser, wie das Forsthofgut oder der Hochschober, die gänzlich auf Portale verzichten, müssen dafür andere Marketingkosten von 8 bis 10 Prozent einkalkulieren.

Laut ÖHV-Umfrage stammen 21,2 Prozent aller DACH-Buchungen über OTAs, weitere 4,9 Prozent Reisebüros und Veranstalter. Als Gründe nennen die über OTA buchenden Gäste häufig den Preis (55 %), obwohl seit dem gesetzlichen Fall der Ratenparität das Hotel die Mittler bei Direktbuchung unterbieten darf.

Noch spannender erscheint die Begründung, warum Gäste nicht direkt buchen: ein Drittel will auf den Preisvergleich auf einer OTA-Seite nicht verzichten. 30,9 Prozent geben zu, „nicht an eine Direktbuchungsmöglichkeit gedacht“ zu haben. Diese Antwort war bei ÖsterreicherInnen mit 34 Prozent noch höher. Die ÖHV möchte deshalb ihre Mitglieder 2020 noch intensiver schulten, um den Direktvertrieb zu stärken.

Noch kurz zur bereits erwähnten Preisparität: 40 Prozent der Hotels geben an, OTAs würden diese nicht vollinhaltlich akzeptieren. Reitterer: „Es gibt die Ausnützung der Marktmacht. Aber viele Betriebe lassen sich einschüchtern. Wir haben konkrete Hinweise, dass OTAs im großen Stil gegen geltendes Recht verstoßen.“ Zusätzlich werden mit „Booking-basic“, das auf anonym mit Reiseveranstaltern gefüllte Bettenbörsen zurückgreift, oder mit „Booking Sponsor Discount“ die auf der Hotel-Website sichtbaren Preise nochmals unterboten. Die ÖHV prüft deshalb, ob man sich am Klagsweg mit den Buchungsriesen anlegen will. 

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