ANA
ESG-Richtlinie

Kein Kredit und keine Förderung ohne fundierten Nachhaltigkeits-Bericht

Print-Ausgabe 14. Oktober 2022

„Förderstellen und Banken werden künftig für das Betriebs-Rating ESG-Berichte verlangen“, erklärt Thomas Reisenzahn


 

Die neue „Corporate sustainability reporting directive“ wird auch für Österreichs Hotellerie nicht ohne Auswirkungen bleiben – es geht ums Erstellen von Kennzahlen

Basel I bis III und künftig IV sind ein alter Hut im Vergleich zu dem, was Kreditnehmer*innen auch in der Hotellerie bezüglich ESG ins Haus steht. Das Kürzel steht für „Environmental“, „Social“ und „Governance“, womit auf die Nachhaltigkeitsperformance von Betrieben abgezielt wird. Rund 2.000 Unternehmen in Österreich (mehr als 250 Mitarbeiter*innen, 40 Mio. Euro Umsatz) sind gemäß der heuer im Juni von der EU erlassenen Richtlinie „Corporate sustainability reporting direc­tive“ (CSRD) verpflichtet, spätestens ab 2025 ein „Sustainable Reporting“ zu erstellen.

Zwar liegen Österreichs Hotelbetriebe mehrheitlich unter dieser Schwelle, aber auf die Kreditvergabe der Banken hat die betriebliche Nachhaltigkeitsperformance bereits jetzt Auswirkungen. „Die Nachhaltigkeitsaspekte eines Hotels, in Zahlen gemessen und klargelegt, gewinnen stark an Bedeutung“, betont Thomas Reisenzahn von der Prodinger Tourismusberatung. Vor allem bei Hotelneubauten spielen Nachhaltigkeitsaspekte bereits eine gravierende Rolle. Die Prodinger Tourismusberatung hat deshalb eine Aufstellung gemacht, welche ESG-Kennzahlen für die Hotellerie besondere Relevanz haben und zwar aufgegliedert in die drei Bereiche „Environmental“, „Social“ und „Governance“.

Die wichtigsten ESG-Eckpunkte

Bei ersterer geht es um Energieverbrauch (kWh pro Gast/Bett oder kWh-Erlös pro Gast), um den %-Anteil erneuerbarer Energie am Gesamt­­-energieverbrauch, die CO2-Emissionen, den Wasserverbrauch in m³ sowie den „normalen“ sowie gefährlichen Abfall in kg pro Gast, um die Recyclingrate in % sowie um den Flächenverbrauch (Grün- und Biodiversitätsflächen in m²). Ebenso in die Kategorie „Environmental“ fallen Angaben zur Regionalität (%-Anteil der Lieferanten, jeweils getrennt nach Gastronomie und Betriebsmitteln), wie viele von diesen über ein Öko-Zertifikat verfügen, auf welche Größe in Euro sich die Ausgaben an diese summieren sowie die pro Jahr umgesetzten Umweltmaßnahmen.

Zu den ESG-Kennzahlen im Bereich „Social“ gehören u. a. Angaben über die Anzahl der Sozialprojekte pro Jahr und auch die darin investierte Summe, wie hoch in % der Anteil sozial benachteiligter Mitarbeiter*innen ist, wie es um die Personal-Fluktuation bestellt ist, wie viel in Aus- und Weiterbildung investiert wird oder wie die Frauenquote in Führungspositionen aussieht.

Unter „Governance“ werden dann Punkte wie nachhaltigkeitsrelevante Auszeichnungen, Strategien und Richtlinien, Entscheidungstransparenz etc. abgehandelt. Zu guter Letzt geht es noch um eine Darstellung der ESG-Risiken.

Am besten jetzt damit beginnen

Auch wenn für Österreichs Hotellerie diese „ESG“-Kennzahlen auf den ersten Blick wenig Relevanz haben, gewinnen sie diese beim näheren Hinsehen umso mehr. „Sie beeinflussen das Förder- und Kreditwesen“, ist Thomas Reisenzahn überzeugt. „Förderstellen und Banken werden künftig für das Betriebs-­Rating ESG-Berichte verlangen.“

Jeder Hotelier ist deshalb gut beraten, bereits vor der kommenden Wintersaison 2022/23 Einsparungsmöglichkeiten, insbesondere bei Strom, Gas und Öl, zu prüfen. Reisenzahn: „Es geht darum, den Verbrauch und den ökologischen Fußabdruck zu reduzieren. Solche Maßnahmen können erhebliche Auswirkungen auf einzelne Hotelbereiche haben.“ In der Unternehmensführung habe sich aber die Überprüfung der Nachhaltigkeit mit Hilfe von Kennzahlen noch nicht wirklich durchgesetzt. Für Reisenzahn sollte aber „eine ESG-konforme Entwicklung der Hotelbetriebe so wenig aufgeschoben werden wie der Kampf gegen den Klimawandel selbst“.

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