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Hilton Austria

Karrierechancen in der Hotellerie werden unterschätzt

Print-Ausgabe 23. September 2016

Der Hilton Austria-Chef über Kongress-Trends, den  Verlust des Standortes Innsbruck und die vielfältigen Möglichkeiten einer Hotelausbildung

Es gibt nicht viele Branchen, in denen der Mythos „vom Tellerwäscher zum Millionär“ tatsächlich viel zählen würde. In der Hotellerie hingegen sind noch stets große Karrieresprünge möglich, erklärt Norbert B. Lessing, dessen Laufbahn selbst bestes Beispiel dafür ist: Der heutige Country General Manager für Hilton Austria hat einst als Hotelkaufmann angefangen. Im Gespräch mit T.A.I. plädiert Lessing dafür, die Vorzüge der Branche besser zu kommunizieren und zugleich den gesetzlichen Rahmen flexibler zu gestalten.

T.A.I.: Wie zufrieden sind Sie mit dem diesjährigen Geschäftsjahr? Was erwarten Sie sich von 2016?

Norbert B. Lessing: „2015 war ein erfolgreiches Jahr, mit dem 1. Halbjahr 2016 sind wir auch zufrieden. Der Sommer war leider nicht so gut, wie wir es uns erhofft hatten. Vor allem das Geschäft mit Gästen aus dem Mittleren Osten ist rückläufig. Hier ist insbesondere die Sicherheitslage in Europa ein Thema. Auch wenn es bei uns sicher ist, wird Europa andernorts gerne als ein Ganzes gesehen: Frankreich, Deutschland, Österreich werden da in einen Topf geworfen.“

T.A.I.: Im ICCA-Ranking der Kongressstädte hat Wien seine führende Platzierung seit einigen Jahren verloren. Welche Auswirkungen sind für Sie als Top-Player in der Konferenzhotellerie spürbar?

Lessing: „Es ist natürlich immer besser die Nummer 1 zu sein, aber der Rückfall im ICCA-Ranking ist für uns nicht direkt spürbar. Das Convention Büro rund um Christian Mutschlechner macht einen sehr guten Job. Die Welt wird eben globaler, es sind mehr Player im Spiel. Wir beobachten außerdem gewisse Zyklen: Im Moment geht der Trend zu mehreren kleineren Kongressen. Es wird außerdem alles kurzfristiger. Früher hatten wir Buchungen zwei Jahre im Vorhinein, heute werden Events – teils mit mehreren Hundert Teilnehmern – ein paar Wochen oder wenige Monate im Voraus gebucht. Da fallen politische Entwicklungen, wie zum Beispiel Brexit oder die Lage in der Türkei, natürlich schwerer ins Gewicht.“

T.A.I.: Das Hilton Innsbruck wurde heuer an das Land Tirol übergeben. Wie kam es dazu?

Lessing: „Das war nicht unsere Entscheidung, sondern die der Stadt Innsbruck, das Gebäude umzuwidmen und unseren Pachtvertrag nicht zu verlängern. (Anm.d. Red.: Aus dem Hotel wird ab 2018 das Tirol Haus mit Tirol Werbung, Standortagentur und Agrarmarketing) Wir glauben fest an den Standort. Wir waren der einzige globale Player in Innsbruck. Das hat der Stadt Innsbruck sowie auch Hilton sehr gut getan.“

T.A.I.: Ist ein neues Haus in Innsbruck geplant?

Lessing: „Wir schauen uns nach Möglichkeiten um. Ideal wäre natürlich, wenn jemand kommt und uns darum bittet, sein Haus zu betreiben. Das Gesamtkonzept muss natürlich passen und Sinn machen, aber Innbruck ist ein  sehr guter Standort für Hilton.“

T.A.I.: Zum Thema Ausbildung: Beim diesjährigen Young Hotelier Award gewann mit Marisa Rossmann eine Mitarbeiterin des Hilton Vienna Stadtpark. Welchen Stellenwert nimmt die Nachwuchsarbeit bei Hilton ein?

Lessing: „Hilton zählt zu den Top-100 Arbeitgebern in Österreich. Darauf legen wir auch großen Wert. Entsprechend investieren wir auch in den Ausbildungsbereich, um etwa die Chancen bei Hilton zu präsentieren oder uns mit Jugendlichen auszutauschen.
Die Identifikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen ist wichtig. Wir verstehen uns als Teil der Gesellschaft und wollen uns auch aktiv einbringen – von Charity-Events über Kooperationen mit der Vinzirast oder dem Kinderhospiz Sternthalerhof  bis hin zur Ausbildung von Flüchtlingen. Da sind wir natürlich froh auch ein Team zu haben, dass dieses Engagement entsprechend mitträgt.“

T.A.I.: Was kann auf politischer Ebene getan werden, um die Branche attraktiver zu machen?

Lessing: „Unsere Türen sind 365 Tage im Jahr geöffnet, hier wäre es sinnvoll, die gesetzlichen Rahmenbedingungen zu ändern: z.B. in ein Jahresarbeitszeitkonto oder auch andere flexiblere Maßnahmen, die positiv für die Unternehmer sowie die Mitarbeiter sind. Das führt zu einer Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit und weiters auch automatisch zu mehr Arbeitsplätzen.“

T.A.I: Viele Hoteliers klagen, es sei immer schwieriger ‚gute Leute‘ zu finden. Wie sehen Sie das?

Lessing: „Klagen nützt nichts. Wir müssen vielmehr zeigen, was den Beruf ausmacht und besser nach außen tragen, dass der Job viel bringt. Die Möglichkeiten werden oft unterschätzt: Wir haben Abteilungsleiter, die sind 25 Jahre alt und haben Verantwortung über 20 bis 30 Angestellte. Die Anfangsgehälter in den jungen Jahren sind mit vielen anderen Branchen zu vergleichen. Insgesamt handelt es sich um einen jungen, dynamischen, abwechslungsreichen undspannenden Berufszweig. Unsere Hoteldirektoren in Wien haben beispielsweise in den Tourismusschulen Klessheim und Bad Gleichenberg begonnen. Eine Hotelausbildung bietet Möglichkeiten auf der ganzen Welt, wie z.B. in New York, Hong Kong oder auch Berlin. Das Thema Diversity ist in unserer Branche eine Selbstverständlichkeit. In der Hotellerie ist die Herkunft ganz egal, wir haben Team Member aus der ganzen Welt – Frauen wie Männer gleichermaßen in Führungspositionen.“

Kurzbiographie Norbert B. Lessing

Seit 35 Jahren ist Norbert B. Lessing für Hilton tätig und hat dabei, wie er sagt, „alles quer durch gemacht“: Für Hotels Computer installiert, im F&B-Bereich gearbeitet sowie in IT-Abteilungen in Europa und Afrika. Später wechselte er in den Finance-Bereich, wurde kaufmännischer Leiter und stellvertretender Generaldirektor. Unter anderem nach seiner vierjährigen Tätigkeit als General Manager im Hilton Dresden wechselte der gebürtige Stuttgarter 2005 als General Manager Hilton Vienna nach Österreich. Seit 2007 hat Lessing als Country General Manager Hilton Austria die Gesamtverantwortung über die vier Häuser der Gruppe (Hilton Vienna, Hilton Vienna Plaza, Hilton Vienna Danube Waterfront, Hilton Innsbruck) mit ihren 620 Mitarbeitern.

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