Print-Ausgabe 10. August 2018
Bezüglich Dienstleistung steht Österreichs Hotellerie laut ÖHV-Ehrenpräsident Peter Peer einzigartig dar – beim Revenue Management besteht hingegen Nachholbedarf
Fachkräftemangel, Digitalisierung und Ertragssituation sind Themen, die Österreichs Hotellerie trotz hervorragender Nächtigungsentwicklungen in Atem halten. Es sind Terrains, auf denen sich der frühere Accor-Manager und ÖHV-Präsident Peter Peer mit seinem Beratungsunternehmen „Impuls Hotel“ bewegt. T.A.I. traf ihn zum Interview.
T.A.I.: Wo steht Österreichs Hotellerie Ihrer Erfahrung nach im internationalen Vergleich?
Peer: „Prinzipiell ist die Hotellerie in Österreich in den Städten vergleichbar mit anderen City-Destinationen in Europa, was die Qualität angeht, nicht aber beim Preis. Scheinbar ist bei österreichischen Hoteliers und Hotelketten noch immer die Angst vor dem Mitbewerb zu groß, um jene Zimmerpreise anzusetzen, die in anderen Städten vorherrschen. Trotz Revenue Management haben die meisten Hotels diese Hürde noch nicht geschafft. In der österreichischen Ferienhotellerie ist Revenue Management mit wenigen Ausnahmen überhaupt noch nicht angekommen. Wo sich Österreich sehr unterscheidet, ist beim Grad der Dienstleistung. Die ist auf einem Niveau, das europaweit seinesgleichen sucht. Umso tragischer ist es, dass manche Hotels aufgrund des Fachkräftemangels Dienstleistungen kürzen müssen.“
T.A.I.: Wie kann man dem entgegenwirken?
Peer: „Wir brauchen eine Mitarbeiter-Initiative der Regierung. Die Arbeitszeitflexibilisierung war ein erster Schritt. Das wird aber nicht ausreichen.“
T.A.I.: Wo soll Ihrer Meinung nach der Hebel angesetzt werden?
Peer: „Die rigide Arbeitsmarktpolitik muss neu definiert werden, die Zumutbarkeitsbestimmungen müssen gelockert werden, Saisoniers dürfen nicht beschränkt werden. Wir wünschen uns von der Regierung, dass Mobilitätsprämien eingeführt werden, damit ein in Wien arbeitslos gemeldeter Koch einen Anreiz hat, einen Job in Westösterreich anzunehmen. Auch teile ich die Ansicht von Experten, dass langfristig eine Öffnung des Arbeitsmarktes für die Hotellerie sehr hilfreich wäre. Was der Hotelier oder Gastronom selbst tun kann, ist sein Engagement zu verstärken und Geld in Mitarbeiter-Marketing sowie die Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiter zu investieren.“
T.A.I.: Ein weiteres aktuelles Thema ist das sich durch die Digitalisierung veränderte Buchungsverhalten. Wie sehen Sie diese Entwicklung?
Peer: „Buchungsplattformen wie booking.com haben eine neue Dimension des Marketings und Vertriebs geschaffen. Sie sind eine Chance für individuelle Hotels, allerdings birgt das auch Risken, weil man den Verkauf aus der Hand gibt. Ich persönlich rate meinen Kunden, Gäste mit viel Emotion zu Wiederkehrern zu machen und diese Stammkunden zu animieren, auf der eigenen Website zu buchen. Jeder Hotelier ist gut beraten, sich hier einen Experten zu holen, der sich nicht nur mit Design, sondern auch mit Suchmaschinenoptimierung und der Implementierung von Buchungsmöglichkeiten auskennt.“
T.A.I.: Es gibt Hotelberater wie Sand am Meer. Was zeichnet einen guten Berater aus?
Peer: „Ein guter Berater ist einer, der dem Hotelier nachweislich Ertragsstärke bringt. Konkret heißt das: Trotz Kosten für den Berater muss dem Hotelier am Ende des Tages unterm Strich mehr übrig bleiben. Aus meiner Erfahrung kann ich sagen: Viele Hoteliers sind im Tagesgeschäft eingebunden und nehmen sich nicht die Zeit, sich kontinuierlich mit den Ertragszahlen auseinanderzusetzen. Als Berater gebe ich dem Hotelier durch gezieltes, monatliches Monitoring einen Überblick über die wichtigsten Kennzahlen (Minibilanz) und er kann somit auch rasch eingreifen, wenn etwas schief läuft.“
Erstellt am: 10. August 2018
Peter Peer berät touristische Betriebe bei der Entwicklung von Unternehmensstrategien
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