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Recruitment

Hausgemachte Imageprobleme! Es geht um angemessene Gehälter

Print-Ausgabe 14. Mai 2021

„Derartige Reaktionen hatte ich noch nicht erlebt“, staunte Florian Aubke im Gespräch mit T.A.I. 

Mit einem Linkedin-Posting über die Stellenanzeige, in der eine Führungskraft zum KV gesucht wurde, trat FH Wien-Manager Florian Aubke eine Diskussions-Lawine los

Es war wie ein Stich ins Wespennest: vor zwei Wochen postete Florian Aubke, Leiter für den Studienbereich Tourism & Hospitality an der FH Wien, auf „Linkedin“ einen Beitrag, in dem er die Stellenanzeige eines führenden Hotels aus Wien aufs Korn nahm: „Gesucht wurde ein Accounting Manager. Die Profilanforderungen deuteten klar auf eine Führungsposition mit Personalverantwortung hin“, so Aubke, den vor allem eines störte: „Das Gehalt wurde mit Bezug auf den KV mit 2.150 Euro angegeben.“ Worauf Florian Aubke die Frage in den Raum stellte: „Muss das sein? Kann man nicht eine realistische Gehaltsspanne angeben? Muss man die Probleme der Industrie und das Image mieser Bezahlung auch noch fördern? Oder schaffen wir es vielleicht, bereits im Recruitment vertrauensbildende Maßnahmen zu setzen?“ 

20 Kommentare auf das Posting in kürzester Zeit 

Die Fülle der Antworten auf dieses Linkedin-Posting überraschten: „Derartige Reaktionen hatte ich noch nicht erlebt“, staunte Florian Aubke im Gespräch mit T.A.I. Binnen kürzester Zeit langten 20 Kommentare ein. „Mir ging es nicht darum, die Zahlungsbereitschaft der Hotelindustrie anzuprangern, sondern darum, dass man für Führungspositionen unrealistische Angebote (in Stellenannoncen) hineingibt.“ 

„Gut, die Diskussion in Gang zu bringen“ 

Unter den vielen Kommentaren ragte jener von Sabine Toplak, über 21 Jahre bei Accor und seit April dieses Jahres VP Corporate Sales & Trademarketing Northern Europe, heraus: „Ich finde es gut, diese Diskussion in Gang zu bringen.“ Für Sabine Toplak steht fest: „Die Frage der Abstimmung Abteilungsleitung/Geschäftsleitung und HR (Human Resources) muss die Grundlage für jede Rekrutierung sein. Damit einhergehend müssen wir uns endlich auch mit einer vernünftigen Preisgestaltung auseinandersetzen. Dann sind nämlich angemessene Gehälter gar kein Thema mehr.“ 

„Wo fair bezahlt wird, gibt es weniger Fluktuation“

Einen anderen Aspekt brachte Gabriela Novotny, Global Career Coach und Lektorin an der Modul University Vienna, in die Diskus­sion ein: „Nachdem das KV-Schema im Tourismus als reales Gehaltsschema vielfach umgesetzt wird, sind die Personalprobleme und damit in weiterer Folge die Auswirkungen auf das Branchen-Image hausgemacht.“ Ihrer Meinung nach würden der Zusatz „Überzahlung je nach Qualifikation” und „entsprechende Taten, die den Worten folgen, dem Tourismus schon helfen.“ Denn, so Gabriela Novotny: „Wo fair bezahlt wird und MitarbeiterInnen respektvoll behandelt werden, gibt es deutlich weniger Fluktuation und hohe Identifikation mit dem Dienstgeber.“ 

Christian Rothbauer, – der frühere NH Hotel Manager ist seit April Chef des Hyperion Hotels Salzburg –, findet es „interessant, dass sich Unternehmen nach wie vor nicht in die Karten schauen lassen, was sie wirklich zahlen und auch darauf hoffen, dass sich Mitarbeiter unter ihrem Wert verkaufen.“ 

Stellenanzeigen könnten auch BewerberInnen abschrecken 

In eine ähnliche Kerbe schlägt Sandro Larese, Director of Sales & Marketing im Lindner Hotel am Belvedere Wien: „Leider ist das nicht nur im Tourismus zu beobachten: Viele Stellenanzeigen sind mit einem sehr niedrigen Gehalt angegeben. Ich würde den HR-Abteilungen empfehlen, zu überlegen, ob dadurch nicht BewerberInnen abgehalten werden.“ 

Bereitschaft zum individuellen Verhandeln fehlt 

Dem kann Natascha Miljkovic, Lektorin an der Uni Salzburg sowie an den FHs Joanneum, Wien und Eisenstadt, nur zustimmen: „Als Bewerberin will ich die realistische Einschätzung des Unternehmens für diese Stelle sehen, nicht das absolute noch legale Minimum.“ Die Bereitschaft, dass das Gehalt „noch individuell verhandelt wird, gibt es scheinbar nicht mehr: Mir wurde in kurzer Zeit von diversen Unternehmen mehrfach ausschließlich nur das Minimum angeboten.“ Eine Vorgehensweise, die sie strikt ablehnt: „Was unprofessionell und unfair vom Unternehmen begonnen wird, wird nur sehr selten besser, wenn man erst einmal angestellt ist.“ 

Wie dem auch sei, eines zeigt das Posting von Florian Aubke mit dem Tsunami an Kommentar deutlich: wie sehr dieses Thema allgemein unter den Fingern brennt. Aubke: „Es hat viel mit Image-Bildung zu tun. Stellenanzeigen mit Mindest-KVs für Top-Positionen, wie jene des führenden Hotels aus Wien, sind jedenfalls kontraproduktiv.“ 

Neues Master-Studium der FHWien ist sehr stark nachgefragt

Abgeschlossen wurde Anfang Mai die Bewerbungsphase für das im Herbst 2021 startende, neue Masterprogramm der FH Wien „Urban Tourism & Visitor Economy Management“. Der Leiter für den Studienbereich Tourism & Hospitality, Florian Aubke, ist mit dem Interesse „sehr zufrieden.“ Aubke: „Wir bewegen uns auf dem Niveau der letzten Jahre.“ Dies sei „sehr gut, da es sich um ein neues Programm handelt“ und angesichts der Folgen der Corona-Krise der Städtetourismus derzeit als schwieriges Terrain angesehen wird. Erfreulich sei auch „die Zusammensetzung der BewerberInnen“, die alle AbsolventInnen einschlägiger Tourismusstudien sind und teilweise auch über Berufserfahrung verfügen.

Der weitere Terminplan: Im Laufe des Junis stehen die Interviews mit den BewerberInnen auf dem Programm (darunter viele mit internationalem Background), Anfang Juli erfolgt dann die endgültige Zusage der maximal 35 zur Verfügung stehenden Studienplätze. Beim Master-Studium „Urban Tourism & Visitor Economy Management“ steht die Zukunft eines Städtetourismus im Fokus, der die Bedürfnisse von Gästen, Einheimischen und der lokalen Wirtschaft in Einklang bringt. Unterrichtssprache ist Englisch, der E-Lear­ning-Anteil liegt bei 50%. www.fh-wien.ac.at

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