Print-Ausgabe 15. April 2022
Spartenobmann Robert Seeber (l.) mit Koch Alex Fankhauser, dessen Hotel Lamark Kulisse des Symposions war
Das diesjährige „Tourismus-Symposion“ der Wirtschaftskammer bot in vielerlei Hinsicht Highlights – die pandemiebedingten Sorgen der Branche sind hingegen unverändert
Sie besteht bekanntlich nicht ausschließlich aus Beherbergung und Gastronomie: die Bundessparte Tourismus in der WKO. Der seit bald zwei Jahren amtierende Spartenobmann Robert Seeber und der Sparten-Geschäftsführer Manfred Katzenschlager stellten dies beim diesjährigen „Tourismus-Symposion“ für Top-Medienvertreter*innen in Hochfügen im Zillertal eindrucksvoll unter Beweis: Im 4-Sterne-Hotel Lamark des hochdekorierten Haubenkochs Alex Fankhauser lieferten die beiden im Rahmen eines Kamingespräches nicht nur „Hot News“ und Hintergrund-Informationen dieser beiden Top-Bereiche, sondern ermöglichten bei einem „Round Table“ mit den Fachverbands-Obmännern Christian Dörfler (Kino-, Kultur- und Vergnügungsbetriebe), Gregor Kadanka (Reisebüros) sowie Wolfgang Suitner (Branchensprecher Veranstalter) Einblicke in deren Branchen.
Zu Beginn der Veranstaltung ging Robert Seeber auf die allgemeine Lage von Hotellerie und Gastronomie in den seit über zwei Jahren „spannenden und herausfordernden Zeiten“ ein. Aktuell sei der „Krieg in der Ukraine die große Unbekannte.“ Den bevorstehenden Sommer 2022 sieht Seeber „ganz pragmatisch“ und gibt sich „sehr zuversichtlich“. Anfragen und Buchungen seien weiterhin „sehr gut“, auch die Stadthotellerie ziehe an. Auch heuer werde der Inlandsgast eine entscheidende Rolle spielen.
Das Wichtigste für den gesamten Tourismus sei, dass es keinen Lockdown mehr geben wird. Die zahlreichen, sich laufend ändernden Bestimmungen während der Pandemie waren verwirrend („Ich habe mich teilweise selber nicht ausgekannt“) und auch die Expert*innen vermittelten den Eindruck, „nicht immer ganz einig“ gewesen zu sein.
Von der Politik fordert der Spartenobmann jetzt einen „orientierten Diskurs ein“, um der Branche Planungssicherheit zu geben. Konkret gehe es darum „was wir bis Herbst brauchen, damit wir nicht mehr zusperren müssen“.
Der als Gastreferent geladene Andreas Reiter (ZTB Zukunftsbüro) konnte dem nur beipflichten. Er rechnet im EU-Binnenmarkt für den Sommer 2022 mit einer „weitgehenden Normalisierung“, wobei er „systemische Unsicherheiten“ nicht ausschloss. Reiter: „Asynchronitäten werden wir auch in Zukunft haben, da geht’s auch stark um Vertrauen.“ Unternehmer*innen müssten „agil sein und Flexibilität beweisen, um zu überleben“. Auch die Segmentierung im Angebot werde sich weiter verstärken.
Mike Peters (Universität Innsbruck) versuchte in Form einer auf Studien, wie etwa der aktuellen Deutschen Reiseanalyse (RA), sowie auf der Auswertung von 50 wissenschaftlichen Artikeln basierenden „Glaskugelanalyse“ aufzuzeigen, in welche Richtung sich die Branche und ihre Gäste entwickeln. Seine Schlussfolgerung daraus sind Obergrenzen für Betten pro Betrieb und auch von Nächtigungszahlen. Amsterdam zum Beispiel habe diesbezüglich ein „Tourist*innen-Maximum“ eingeführt.
Zwischen „Kamingespräch“ und „Round Table“ gab es im Rahmen des „Tourismus-Symposions“ noch ein Highlight in der zur Unternehmensgruppe der Geschwister Heinz und Martha Schultz gehörenden „Wedelhütte“ auf 2.350 Metern Seehhöhe. Dort referierte die gerade von der Networking-Konferenz „AUSTRIA CONNECT Brasilien 2022“ zurückgekehrte WKO-Vizepräsidentin Martha Schultz über die „Zukunft der Wintersportwochen“. Dafür wird aktuell auf www.wispowo.at an einem digitalen Tool gearbeitet, das es Lehrer*innen ermöglicht, alle notwendigen Punkte (von der Unterkunft über Transfers und Förderungen bis hin zu Bezahlung) in Form eines „One-Stop-Shops“ zu erledigen. Die Freischaltung soll bis spätestens Schulstart im September 2022 erfolgen.
Spannend waren auch die Ausführungen im Rahmen des „Round Tables“ mit den beiden Fachverbands-Obmännern Christian Dörfler und Gregor Kadanka sowie Veranstalter-Branchensprecher Wolfgang Suitner (er ist stellvertretender Fachverbandsobmann der Freizeit- und Sportbetriebe).
Laut Christian Dörfler habe die Pandemie deutlich gezeigt, „wie wichtig es ist, eine starke Interessensvertretung zu haben.“ Er sei „oft hineingegrätscht, wo nicht umsetzbare Regeln gedroht haben“. Auch wäre es anders nicht möglich gewesen, „rasch sinnvolle Wirtschaftshilfen zu bekommen“. Anders als früher, wo es zwei Meetings pro Jahr im Fachverband gab, treffe man sich jetzt alle drei Wochen: „Wir ziehen alle an einem Strang. Die Kleinen sprechen mit den Großen und umgekehrt.“
Wichtig aus Sicht der Kino-, Kultur- und Vergnügungsbetriebe wäre – neben einer Verlängerung von Ausfallshaftungen – die Option der Möglichkeit von Kurzarbeit. Christian Dörfler: „Das wäre das absolut Notwendigste, weil „der ‚Film-Fluss‘ noch nicht so wie in Normalzeiten läuft.“
Auch Wolfgang Suitner konnte der Corona-Pandemie (trotz aller Herausforderungen, die sie gebracht hat) etwas Positives abgewinnen: „Sie hat ein Gefühl für die Eventbranche gebracht.“ Diese bestehe im Kern aus rund 7.000 Betrieben sowie 14.000 Zulieferern. 2019 wurden noch 9 Mrd. Euro an Wertschöpfung generiert, 2020 waren es bloß 1,3 Mrd. Euro. Jetzt sei die „Lust nach Live-Events groß, aber auch die Besorgnis vor einer neuen Welle im Herbst“.
Die Veranstalterbranche sei besonders schwer getroffen worden, da bei ihr lange Vorlaufzeiten die Regel sind (für kleine Events durchschnittlich ein halbes Jahr, für große ein bis zwei Jahre). Dazu kamen unerfreuliche Teilnehmer*innen-Beschränkungen, wobei in den meisten Fällen erst ab 80 bis 90 % Auslastung kostendeckend gearbeitet werden könne. Auch für Wolfgang Suitner wäre es „wichtig, klar zu kommunizieren, unter welchen Voraussetzungen Veranstaltungen im Herbst möglich sein werden“. Die „Harmonisierung der Veranstalter-Gesetze in Österreich“ sei ebenfalls längst überfällig, „weil in jedem Bundesland andere gelten“.
Soweit zum „Tourismus-Symposion“ (der Bericht über die Ausführungen von Gregor Kadanka findet sich auf Seite 13 dieser T.A.I.). Zum Abschluss formulierte Spartenobmann Robert Seeber (neben dem seit Jahren aktuellen Thema Energieabgaben-Rückvergütung) nochmals die drei Kernforderungen: keinen weiteren Lockdown, Planungssicherheit schaffen („Die Zeit bis zum Herbst muss genutzt werden, um Verhaltensmaßregeln festzulegen“) sowie die Verlängerung der Kurzarbeit („Die wird ein Thema sein, wo wir drücken werden“).
Erstellt am: 15. April 2022
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