Energieverbrauch im Tourismus

Energieverbrauch pro Nacht ist um mehr als die Hälfte gesunken

Print-Ausgabe 14. Oktober 2022

Das Energiemanagement im Touris­mus ist vorbildlich, wie Susanne Kraus-­Winkler (l.) und Monika Mörth beweisen


 

Damit wird Österreichs Tourismus als „mustergültig“ bezeichnet – Staats­sekretariat und Umweltbundesamt präsentierten die entsprechenden Zahlen

Wie viel Energie benötigt Österreichs Tourismus? Wie sieht es mit den Einsparungen aus? Und wie verteilen sich Strom, Heizöl, Gas oder erneuerbare Energien in den Kernbranchen Beherbergung, Gastronomie und Seilbahnen? Antworten darauf lieferten Ende September Tourismus Staatssekretärin Susanne Kraus-Winkler und Umweltbundesamt-Geschäftsführerin Monika Mörth im Rahmen einer gemeinsamen Veranstaltung zusammen mit dem Hotelier Frank Bläuel (4-Sterne-Hotel Berghotel Tulbingerkogel, 41 Zimmer), Café Frauenhuber-Inhaber Wolfgang Binder (Wiens ältestes Kaffeehaus, es befindet sich im Winterpalais des Prinzen Eugen) und Schmitten­höhebahn-Vorstand Erich Egger (mit 41,453 Mrd. Euro Umsatz vor der Pandemie, 408 Pistenkilo­metern sowie 121 Seilbahn- und Lift­anlagen eines der größten Berg­bahnunternehmen Österreichs).

Der Zeitpunkt im Vorfeld der Wintersaison konnte nicht besser gewählt sein und auch der Anlass war höchst aktuell: „Für den Tourismus ist der verantwortungsbewusste Umgang mit Ressourcen Gebot der Stunde“, so Susanne Kraus-Winkler.

Zunächst zu den Hard Facts: Der gesamte Energieverbrauch Österreichs belief sich 2021 auf 396.222,22 GWh (Gigawattstunden) und bewegte sich damit auf dem Niveau der Vorjahre, also auch 2019 (nur 2020 lag er durch die Pandemie sowie die Lockdowns ein wenig tiefer). Beherbergung, Gastronomie und Seilbahnen haben daran laut Umweltbundesamt einen Anteil von nur 1,55 % und dies bei einem direkten Anteil am BIP (Bruttoinlandsprodukt) von 5,83 %.

Laut Susanne Kraus-Winkler werden seit Jahren auch im Tourismus Maßnahmen gesetzt, um den Energieverbrauch zu reduzieren und die Energieträger zu diversifizieren. So stieg der Anteil erneuerbarer Energie im Tourismus laut Statistik Austria zwischen 2008 und 2019 von 36 % auf 54 %. In der Beherbergung und Gastronomie sind es aktuell 8 %, bei den Bergbahnen ungleich mehr. Erich Egger: „Die Seilbahnen der Schmittenhöhebahn werden zu 100 % mit erneuerbaren Energien betrieben.“

Für Susanne Kraus-­Winkler liegt der Tourismus damit „deutlich über dem österreichischen Durchschnittswert“. Der kam 2019 bei 34 % zu liegen. Ebenso konnte der Energieverbrauch pro Nächtigung in der Beherbergung zwischen 2008 und 2019 um mehr als die Hälfte (54 %) reduziert werden. Dies wirkt sich natürlich auch auf den Gasverbrauch der gesamten Tourismusbranche aus. So benötigten Beherbergung, Gastronomie und Seilbahnen laut Statistik Austria zusammen nur 0,4 % (oder 359,8 GWh) des österreichischen Bruttoinlandsverbrauchs an Erdgas (89.942 GWh).

Der Energieverbrauch des Tourismus im Winter ist natürlich höher als im Sommer. Doch auch diese Zahlen ergeben ein überraschendes Bild. Berechnungen des Umweltbundesamts gehen davon aus, dass gemessen am Gesamtjahr im Winter bei Seilbahnen und Infrastruktur rund 80 % des Jahresstromverbrauchs anfallen (im Fall von Pistenbeschneiung sind es 100 %), bei Beherbergung und Gastronomie 50 %. Der Gesamtverbrauch (also Elektrizität, Gas, Öl etc.) beträgt im Wintertourismus 2.780 GWh. Das entspricht einem Anteil von 0,9 % am österreichischen Endenergieverbrauch pro Jahr (der Sommer kommt demnach auf 0,65 %).

Besonders betroffen sind im Tourismus vor allem Thermen, Hotels mit größeren Wellnessbereichen und Großküchen. Wie intensiv sie vom Energiekostenzuschuss bedacht werden (österreichische Unternehmen, deren jährliche Energiekosten sich auf mindestens 3 % des Produktionswertes bzw. Umsatzes belaufen, werden bekanntlich in vier Stufen gefördert) wird sich weisen. Es wird dar­über hinaus laut Staatssekretärin Susanne Kraus-­Winkler an einem Pauschalfördermodell für Kleinst- und Kleinbetriebe gearbeitet.

Um Einsparmöglichkeiten auszuloten und entsprechende Investitionen in die Wege zu leiten, unterstützen das Wirtschafts- und das Energieministerium in Kooperation mit den Fachverbänden Gastronomie und Hotellerie sowie der ÖHV (Österreichische Hoteliervereinigung) die Branche seit 2009 mit einem Energiemanagementleitfaden. Susanne Kraus-­Winkler: „Ein gutes Energiemanagement macht Betriebe weniger abhängig von Märkten und Anbietern und unterstützt beim Kosten sparen.“ Dass dies der Branche gelingt, zeigt die Entwicklung des Energieverbrauches pro Nächtigung. Dieser hat sich zwischen 2008 und 2019 von 18,1 kWh (Kilowattstunden) auf 8,4 kWh mehr als halbiert. Wobei dies laut Umweltbundesamt-­Chefin Monika Mörth nicht nur dem sinkenden Energieverbrauch zu danken ist (-44 %), sondern auch den gestiegenen Übernachtungszahlen (im besagten Zeitraum rund +20 %). Wie dem auch sei, „mit der Senkung des Energieverbrauchs um mehr als 50 % pro Nächtigung ist der Tourismus ein Vorbild“, konstatiert Monika Mörth.

Für Walter Veit, Präsident der ÖHV, der bei diesem Mediengespräch nicht mit dabei war, bringen die vom Staatssekretariat und Umweltbundesamt präsentierten Zahlen „auf den Punkt, was Branchenvertreter*innen seit Wochen und Monaten wiederholen“. Es habe „fast schon Seltenheitswert, in einer so aufgeheizten Stimmung einmal die Fakten sprechen zu lassen“, wie dies Staatssekretärin Kraus-­Winkler und Umweltbundesamt-Chefin Mörth getan haben. Die 1,5 % Anteil am Energieaufwand gemessen an der viermal höheren Wertschöpfung seien „musterschülermäßig“.

Wobei die Branche ihre Anstrengungen zuletzt nochmals deutlich verstärkte: „Praktisch alle Kolleg*innen nahmen in den vergangenen Monaten ihre Betriebe noch genauer unter die Lupe und konnten den Energieverbrauch um weitere 10 % bis 15 % senken. Das scheint in diesen Statistiken noch gar nicht auf.“

Energetischer Endverbrauch 2019, anteilsmäßige Verteilung

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