Print-Ausgabe 12. Jänner 2017
Sie ist eine überaus erfolgreiche Unternehmerin – die beiden LOISIUM Wine & Spa Resorts in NÖ und der Steiermark verzeichneten nach einem sehr guten 2015 auch 2016 eines der bislang Auslastungs- und Umsatz-stärksten Jahre (die MWSt.-Erhöhung konnte allerdings auf Grund des Preisniveaus nicht wirklich weitergeben werden, wodurch sich die Mehrumsätze nicht in die Jahresergebnisse mitnehmen ließen) – und vertritt als HOTREC-Präsidentin seit zwei Jahren die Interessen der Beherbergungs- und Gastronomiebranche auf Europäischer Ebene: Susanne Kraus-Winkler. T.A.I. traf sie zu einem überaus spannenden Gespräch.
T.A.I.: Als Sie vor zwei Jahren Ihr Amt als Präsidentin der HOTREC antraten, nannten Sie als eines Ihrer Ziele, „die Modernisierung von HOTREC zu forcieren, um den Einfluss unseres Dachverbandes in der EU zu erhöhen“. Inwieweit ist dies gelungen?
Kraus-Winkler: „Wir haben sowohl nach innen als auch nach außen begonnen, so gut wie alles neu anzudenken. HOTREC muss als Verband in Zeiten von Brexit, Trump, Flüchtlingskrisen, Terroranschlägen und der technologischen und digitalen Umwälzungen weit mehr als nur eine klassische Lobbying-Organisation gegenüber den EU-Institutionen sein. Wir haben daher einen Strategieprozess gestartet, um die Aufgaben neu zu definieren.“
T.A.I.: Was ist dabei heraus gekommen?
Kraus-Winkler: „Es geht nicht mehr nur darum, zu beobachten, was in Brüssel passiert. Wir müssen einfach alle Veränderungen im Fokus haben, deren Auswirkungen evaluieren, und Visionen entwickeln, wie die Branche damit am besten umgeht. Nach Innen haben wir deshalb begonnen, das gesamte Team und deren Aufgaben zu restrukturieren, Mitarbeiter ausgetauscht bzw. das Team verkleinert und gleichzeitig schlagkräftiger gemacht. Ebenso habe ich den Vorstand von 7 Personen auf 11 erhöht, weiters eine Position für „Future Developments in the Hospitality Industry“ geschaffen, eine zusätzliche Task Force für Gastronomie ins Leben gerufen und vieles ist in der Pipeline. Im Februar haben wir unser 2. Strategiemeeting, da werden die nächsten Weichen gestellt. Wir hatten sicher noch nie eine so große Anerkennung der HOTREC als aktiver und relevanter Branchenverband bei der Europäischen Kommission wie heute.“
T.A.I.: Gilt das auch für die Neugestaltung der Pauschalreise-Richtlinie? Bei Ihrem Vortrag beim ÖHV-Kongress 2015 erklärten Sie, nichts unversucht zu lassen, um „nochmals alles umzudrehen.“ Ist das gelungen?
Kraus-Winkler: „Ja, es konnte Einiges entschärft werden. Jetzt hängt es von den Umsetzungen in den Mitgliedsländern ab und davon, inwieweit hier noch Verständnis für die völlig unterschiedliche Situation bei Hotelpackages erzeugt werden kann.“
T.A.I. In wie fern?
Kraus-Winkler: „Für mich ist einfach unverständlich, warum klassische Hotelpackages, die zum größten Teil erst nach Leistungserbringung bezahlt werden und auch zu einem großen Teil aus eigenen Hotelleistungen bestehen (z. B. Essen, Trinken, Spa-Treatments, Weinverkostungen, etc.), eine Insolvenzabsicherung benötigen oder eine Reisebürokonzession, wie das in Österreich der Fall wäre. Ich hoffe, dass es hier zu guten Lösungen im Sinne der Hotellerie kommen wird. Erwähnen muss man, dass die Umsetzung der Richtlinie rechtlich so komplex ist, dass es in Brüssel offizielle Seminare für Regierungsvertreter gibt, um hier Klarheit zu schaffen. So viel ich gehört habe, ist eine rechtlich einwandfreie Umsetzung derzeit schwierig.“
T.A.I.: Wofür wird sich die HOTREC als nächstes einsetzen, nachdem die Pauschalreise-Richtlinie durch ist und die Ratenparität in den ersten Ländern gefallen ist?
Kraus-Winkler: „Unsere großen Themen sind derzeit Sharing Economy bzw. Collaborative Economy sowie Taxation. Hier kommt sehr viel Neues auf uns zu bzw. benötigen die Mitglieder sehr viel Experten Know How. Weiters der sogenannte Visa Code, um eine einheitliche Visapolitik für Europa zu schaffen, und auch die Themen rund um die Abfallrichtlinie, sowie Acrylamide in Lebensmitteln sind aktuell. Dann kommen alle Probleme rund um die „individual property rights“ der Hotels und Restaurants, auch in Zusammenhang mit den unfairen Praktiken der Online Buchungsplattformen und Metasearch-Anbieter auf uns zu. Hier arbeiten wir an Strategien, wie wir damit umgehen und die Betriebe schützen. Rund um Konsumentenschutz wird gerade die Richtlinie über Verbraucherrechte von der EC evaluiert, einige Punkte würden auch unsere Branche betreffen. Ich kann hier gar nicht alle Themen erschöpfend aufzählen, die auf unserer Agenda stehen. Also viel Arbeit auch für die nächsten Jahre.“
T.A.I.: Die EU-Kommission hat vorgeschlagen, die Mehrwertsteuer auf Logis einheitlich auf 5,5 Prozent zu verringern. Wie realistisch ist die Umsetzung dieses Plans?
Kraus-Winkler: „Nach unserem Verständnis hat die EU Kommission keine Kompetenz, einen einheitlichen reduzierten Mehrwertsteuersatz zu bestimmen, da das Subsidiaritätsprinzip gilt. Bisher haben wir nichts offiziell von diesen Plänen gehört. Laut dem im April 2016 kommunizierten Aktionsplan der Kommission zur Modernisierung der Mehrwertsteuer sind auch weiterhin reduzierte Mehrwertsteuersätze für Hotelleistungen und Gastronomie in allen EU Ländern als zulässig geplant. Das Thema reduzierte Mehrwertsteuer für unsere Branche wird deshalb eines unserer Hauptthemen für 2017 sein und wir planen auch Aktionen. Zahlreiche Länder, die die Mehrwertsteuer auf Logis und Gastronomie erst kürzlich reduziert haben, konnten höhere Steuereinnahmen und mehr Arbeitsplätze, als auch höhere Investitionen nachweisen. Es sollte daher auch in Österreich wieder der ursprüngliche Mehrwertsteuersatz von 10 Prozent auf Logis oder sogar ein Steuersatz ähnlich jenem von Deutschland oder der Schweiz eingeführt werden.“
T.A.I.: Die EU fordert, den Verkauf von sehr günstigem Alkohol ähnlich dem Lizenz System der USA in Hotels und Restaurants zu verbieten, um Alkoholmissbrauch zu verringern. Wie kann sich ein solches Vorhaben auswirken?
Kraus-Winkler: „Billiger Alkohol ist nicht ein Thema unserer Branche, sondern des Handels. HOTREC ist bereits seit 2008 Mitglied des ‚Alcohol & Health Forums‘, bei dem es um Bewusstseinsschaffung rund um die Themen Alterslimit für Alkoholkonsum und Informationen über verantwortungsbewussten Alkoholkonsum geht. Aus dieser Motivation heraus haben alle HOTREC Mitglieder freiwillige Aktionen im Laufen, die diese Ziele anstreben. Wir versuchen damit zu zeigen, dass die Branche sehr verantwortungsbewusst mit dem Thema Alkohol umgeht.“
T.A.I.: Laut einer im August publizierten HOTREC-Studie ist der Anteil der OTA-Buchungen in Österreich von 16,3 auf 22,4 Prozent gestiegen. Der Zuwachs ist drei Mal so hoch wie im europäischen Durchschnitt. Dies steht im klaren Gegensatz zum Bestreben, die Direktbuchungen zu forcieren. Machen Österreichs Hoteliers hier etwas falsch?
Kraus-Winkler: „Grundsätzlich hängt der Anteil der OTA-Buchungen in jedem Land von der Struktur der Kunden und der Betriebe ab. In Österreich mit seinem hohen Anteil an traditionellen Ferienbetrieben, Stammgästen bzw. an klassischen Reisebürobuchungen haben wir derzeit noch weniger Anteil am indirekten digitalen Vertrieb. Es gibt Studien, die sagen, dass sich der indirekte digitale Vertrieb nur bis zu einem bestimmten Prozentsatz ausdehnen wird können. Die große Herausforderung für die Betriebe ist jedoch, dass der direkte Vertrieb digital wird.
Klar ist also, dass alle Betriebe in den digitalen direkten Vertrieb einsteigen müssen und auch bestmöglich mit den rasanten Entwicklungen mithalten lernen. Expedia beginnt mit „chatbots“ zu experimentieren, was einen neuen Schritt Richtung einer fundamentalen Veränderung der Buchungsprozesse bedeuten wird. Österreich hat hier sicherlich die große Herausforderung, dass alle Betriebe die online Buchbarkeit auf den eigenen Webseiten anbieten müssen und dies entsprechend auf dem Letztstand der digitalen Möglichkeiten.
Die HOTREC Studie zeigt klar, dass dort, wo eine digitale direkte Buchung über die Website möglich war, der Anteil der Buchungen sogar um 1,55 Prozent gestiegen ist. Der starke Rückgang war eindeutig nur dort, wo es keine online Buchungsmöglichkeit auf der Website gab. Interessant auch der relativ starke Rückgang der Buchungen über Destinationsmanagementgesellschaften.“
T.A.I.: Stichwort unfairer Wettbewerb: Die Abgabenlast für Airbnb ist in Irland so niedrig, dass der Konzern fast gar keine Steuern bezahlen muss. Heimische Distributionskanäle sind dabei stark benachteiligt. Welche Maßnahmen plant die HOTREC?
Kraus-Winkler: „Wir machen in vielen Terminen mit Vertretern der Europäischen Kommission auf Ungleichheiten und neue Entwicklungen aufmerksam, die nicht reguliert sind und daher unfaire, die Branche schädigende Entwicklungen auslösen. Gerade diese Woche bin ich wieder mit unseren Experten bei EU-Kommissarin Bienkowska, um auf neueste Entwicklungen rund um die Sharing Economy aufmerksam zu machen. Wir sehen hier unsere Aufgabe vor allem darin, die branchenspezifische Relevanz aktueller Entwicklungen den Politkern vor Augen zu führen, in der Hoffnung, dass dies schneller zu passenden Gesetzesänderungen führt.“
T.A.I.: Was wünschen Sie sich von der Politik in Österreich?
Kraus-Winkler: „Sehr viel. Vor allem weniger Bürokratie. Gerade die neuen Signaturanpassungen für die Registrierkassensicherheitsverordnung sind ein gutes und auch sehr teures Beispiel für schlechte und branchenschädigende Politik. Dann natürlich wieder eine Reduzierung der Mehrwertsteuer auf Logis, wir sind da im Europäischen Wettbewerb einfach stark im Nachteil. Die Ratenparitätsregelung war gut, aber es gibt einfach oftmals ein zu langsames Agieren der Politik, um die Gesetze an die sich schnell ändernden Branchenbedingungen anzupassen.
Ein großes Thema ist die Situation rund um den Fachkräftemangel in unserer Branche: Hier braucht es wirklich große Aktionen auf allen Ebenen und über alle Möglichkeiten, von Ausbildung, über Genehmigungen bis hin zum Thema Lohnnebenkostensenkung. Die Spirale dreht sich derzeit einfach in die falsche Richtung, es gibt einfach so viel mehr Betriebe in ganz Europa. Der große Wettbewerb um Fachkräfte hat in ganz Europa begonnen bzw. sich verschärft: Egal wo ich hinkomme, es ist in jedem Land das gleiche Thema.“
Erstellt am: 13. Jänner 2017
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