ANA
Ipp Hotels

„Der psychologische Faktor ist jetzt der wesentliche Treiber“

Print-Ausgabe 22. Mai 2020

„Erst wenn es Schutz­impfungen gibt, wird die Angst aus dem Markt verschwinden“, so Alexander Ipp


 

Für Österreichs Hotellerie waren die vergangenen zwei Monate heftig – die kommenden Jahre (nicht Monate) werden nicht einfacher – T.A.I.-Interview mit Alexander Ipp

„Schnell und ernüchternd.“ So erfolgte Mitte März der Shutdown bei den Ipp Hotels (acht Anlagen). Jetzt bereiten Alexander Ipp (er ist auch einer von vier VizepräsidentInnen der ÖHV) und sein Team die Häuser auf den Restart per Ende Mai vor. Der erfordert aufgrund der unterschiedlichen Standorte (Wien, Linz, Salzburg, Wieselburg, Krems, Zwettl, Retz und Kufstein) viel Finger­spitzengefühl.

T.A.I.: Wie heftig hat der Shutdown die Ipp Hotels getroffen?

Ipp: „Es waren sämtliche Häuser innerhalb von ein paar Stunden ausstorniert. Dieses Wort alleine lässt jeden Hotelier erschaudern. Dann ging es los mit einer Menge Unwegsamkeiten, die es zu bewältigen gab. Dinge, die nicht zur Tagesroutine gehören und dennoch innerhalb von Stunden entschieden werden müssen.“

T.A.I.: Was zum Beispiel?

Ipp: „Etwa die Kurzarbeit – in diversen Modifikationen und anfangs mit fast täglich neuen Adaptierungen. Mit Abstand am schlimmsten war es für mich, meine Teams zu reduzieren. Alles Menschen, die mir auch persönlich ans Herz gewachsen sind. Teilweise begleiten sie die Ipp Hotels seit über 20 Jahren. Nach dem ersten Schock kam die Wut, dass so etwas passieren muss. Aber natürlich stellt man sich als Unternehmer schnell auf eine neue Situation ein.“

T.A.I.: Wie kommunizieren Sie mit den MitarbeiterInnen?

Ipp: „Wir haben in allen Häusern versucht, einen guten Kontakt zum Team zu halten und eine Balance zu finden zwischen Überbetreuung und einem Zuviel an Distanz – denn alle sind ja von der neuen Situation vor den Kopf gestoßen und ordnen ihr Leben dementsprechend. Besonders wichtig sind punktuelle Botschaften: kurze Statements – Bezugnahme auf die Situation, ein netter Ostergruß per Video – und natürlich der Kontakt der Teams hotelintern. Das machen unsere Hotelmanager hervorragend. So bleibt der Teamspirit erhalten und alle freuen sich wieder aufs Aufsperren. Ein Blick auf unseren Blog www.ich-bei-ipp.at zeigt die Kreativität der Teams im Umgang mit der Krise. Das hat mich berührt und gleichsam begeistert.“

T.A.I.: Was tut sich bezüglich Liquidität?

Ipp: „Liquidität ist ein zentrales Thema. Zu Beginn einmal Stundungen, wo es geht. Abstimmungs­gespräche mit den Vermietern zu deren Beitrag laufen permanent. Kein Hotelier kann aber einschätzen, wann und in welchem Ausmaß sein Geschäft wieder anzieht. Für mich persönlich sind erfolgreiche Jahre, Expansion und Investitionen mit Augenmaß sowie vor allem auch das The­saurieren von Gewinnen heute die Grundlage dafür, noch am Markt zu sein.“

T.A.I.: Es gibt immer wieder Kritik an der Politik. Welche Maßnahmen haben sich aus Ihrer Sicht für die Hotellerie als gut erwiesen, welche weniger?

Ipp: „Die Kurzarbeit ist sicher eine tolle Maßnahme für die Gesamtwirtschaft. Aber sie ist für eine verringerte Produktion in einem Industriebetrieb besser geeignet als für ein geschlossenes Hotel. Wir haben aber zumindest 75 Arbeitsverhältnisse in Schlüsselfunktionen aufrechterhalten können. Ansonsten bleibt abzuwarten, was von den angekündigten Maßnahmen aus dem Notfallfonds dann wirklich bei den Unternehmen ankommt. Da bin ich aber zuversichtlich.“

T.A.I.: Wie sehen Sie das Aussetzen von Kredit-Tilgungen?

Ipp: „Stundungen sind in der Sekunde des Shutdowns wohl hilfreich – für manche werden sie aber nur ein Siechtum verlängern. Letztlich wird nach der Vollbremsung von 100 auf 0 innerhalb weniger Stunden nur ein Teilerlass der Verbindlichkeiten helfen – gerade in unserer Branche, die als eine der ersten geschlossen wurde, als eine der letzten wieder aufgeht, und das mit einer äußerst ungewissen Perspektive für die unmittelbare Zukunft.“

T.A.I.: Wie bereiten sich die Ipp Hotels auf das Reopening am 29. Mai vor?

Ipp: „Wir arbeiten in kleinen Teams an den diversen Themenbereichen. Hygiene und die Einhaltung der neuen Verordnungen im geänderten operativen Alltag sind ein wesentlicher Kernbereich vor der Wiedereröffnung. Kreative neue Angebote und das Marketing dazu sind ebenso wichtig wie die saubere Planung der Reopening-Teams und auch ein gutes Onboarding für unsere Ipp-GastgeberInnen vorzubereiten.“

T.A.I.: Wie erfolgt die Kommunikation mit den KundInnen?

Ipp: „Die wichtigen Schwerpunkte sind regelmäßige Newsletter, Social Media-Beiträge, Direktvertrieb zu Affinity Groups und für das Tagungssegment Aktivitäten in Abstimmung mit unserem strategischen Partner-Symposion.“

T.A.I.: Welche Besonderheiten bestehen für die einzelnen Ipp-Standorte?

Ipp: „Hideaways werden sich generell leichter tun als die Stadt­hotellerie. Für uns bedeutet das eine höhere Erwartung an die Standorte Schwarzalm Zwettl und Althof Retz als momentan beispielsweise an Linz und Wien. In Salzburg bin ich gespannt auf die Details für die Festspiele. Die sind natürlich auch in abgespeckter Form ein wichtiger Impuls. Denn in der jetzigen Phase ist vor allem der psychologische Faktor als positiver Treiber wesentlich.“

T.A.I.: Wie sehr belasten die bis auf weiteres nicht möglichen Veranstaltungen den Restart?

Ipp: „Sehr. Wir haben beispielsweise in Retz und Zwettl alleine 40 Hochzeiten im Jahr. Die fallen größtenteils aus. Auch das Retzer Festival wird heuer nicht stattfinden. In Wien sind wir mit dem arte Hotel direkt an der Stadthalle gelegen und in Kufstein neben dem Stadt­theater bzw. vis à vis der Festung. Auch dort bleibt die Festspielbühne heuer finster. Also da geht schon enorm viel verloren. Aber nicht nur für die Hotellerie. Vor allem auch für die Kunstschaffenden und die Gastronomie, ebenso für den Handel.“

T.A.I.: Wann wird es Ihrer Einschätzung nach wieder einen halbwegs normalen Betrieb geben?

Ipp: „Das hängt von der endgültigen Eindämmung der Pandemie ab und mit der Entwicklung von Medikamenten und einer Schutzimpfung zusammen. Erst wenn es das gibt, wird die Angst aus dem Markt verschwinden und das Reisen wieder ungehindert möglich sein. Aber die Menschen vergessen schnell bzw. gewöhnen sich an neue Umfeldbedingungen. ÖHV-Präsidentin Michaela Reitterer hat recht, wenn sie sagt, dass Reisen heutzutage zu den Grundbedürfnissen gehört – wie Wohnen und Nahrung, aber mit einem hohen Anspruch an Sicherheit. Für die Hotellerie rechne ich ab Frühjahr 2021 mit einer Annäherung an die Situation vor Corona. Diese Einschätzung ist aber eher optimistisch. Die AUA sagt, vor 2023 wird es keine Rückkehr zu alter Nachfrage geben.“ 

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