Nachhaltigkeit in der Hotellerie

„Da ist noch Luft nach oben“. Gästewunsch vs. Hotel-Wirklichkeit

Print-Ausgabe 20. September 2019

Gäste sind stark auf Nachhaltigkeits-Themen sensibilisiert, viele Hotels zögern noch – dabei könnten sie bereits mit einfachen Maßnahmen stattliche Einsparungen erzielen

Das Thema Nachhaltigkeit wurde nicht nur im Ende März dieses Jahres präsentierten „Plan T – Masterplan für Tourismus“ des BMNT (Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus) als Grundprinzip verankert, auch die ÖHV (Österreichische Hoteliervereinigung) stellt ihre diesjährige Veranstaltungs­reihe „profit.days“ unter das Motto „Nachhaltig Kosten sparen“. Den aktuellen Stand der Dinge samt konkreter Lösungsansätze für die Reduktion von CO2-Emissionen, Abfällen & Co. präsentierten Anfang dieser Woche Ministerin Maria Patek und ÖHV-Präsidentin Michaela Reitterer im Zuge eines Hintergrundgespräches.

Der Ort dafür war mit dem Boutique­hotel Stadthalle im 15. Wiener Gemeindebezirk gut gewählt: Der Betrieb von Michaela Reitterer (3 Sterne, 79 Zimmer) gilt als Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit und wurde bereits mehrfach für sein Engagement ausgezeichnet. Der 150 Jahre alte Teil des Hauses ist (ebenso wie das moderne Nebengebäude) komplett thermisch saniert und mit einer bewachsenen Außenfassade versehen, was im Inneren an heißen Tagen für eine 4 bis 5 Grad niedrigere Temperatur sorgt.

„Da kann man tatsächlich Geld sparen“, meinte Reitterer, wobei die Ersparnis stets von der Energiepreis-Entwicklung abhängig ist. Als Musterbeispiel wurde von Maria Patek ein kleines Tiroler Hotel angeführt, das 170.000 Euro in Fenstertausch und Dämmung investierte, damit jetzt 40 Tonnen pro Jahr an CO2 einspart, den jährlichen Ölverbrauch um insgesamt 120.000 Liter senken konnte und 35 Prozent der Investition im Rahmen einer EU-Förderung erstattet bekam.

Wo und wie man am besten derartige Fördermittel abholen kann, zeigt die ÖHV auf ihren „profit.days“, wobei das BMNT laut Ministerin Maria Patek über „eine umfangreiche Liste“ dazu verfügt, von thermischen Sanierungen (Einzelmaßnahmen bis Komplett-Sanierung), über Wärmerückgewinnung und Solaranlagen, bis hin zu E-Ladestationen, E-Bikes und E-Scooters (Details unter www.umweltfoerderung.at/betriebe.html). „Da ist für jeden etwas dabei“, versichert Michaela Reitterer.

Die Förderungsprogramme sind ein Teil der Nachhaltigkeitsmaßnahmen des BMNT. Die beiden anderen bestehen aus (digitalen) Leitlinien für effizientes Energiemanagement von Hotels sowie aus Auszeichnungen für Unternehmen, die diesbezüglich Besonderes leisten.

Gäste jedenfalls schätzen Nachhaltigkeit in der Hotellerie. Das zeigt eine von der ÖHV durchgeführte Umfrage (Sample: 1.000 Hotelgäste). Drei Viertel (75 Prozent) wollen am Frühstücks­buffet Honig, Marmelade etc. lieber selbst portionieren, anstatt sie in Plastikverpackung vorgesetzt zu bekommen und für 76 Prozent ist die Regionalität von Produkten wichtig. Nahezu zwei Drittel (65 Prozent) bevorzugen Seife und Shampoo aus Nachfüllspendern und drei von fünf Gästen (58 Prozent) sind bereit, für nachhaltige Hotels mehr zu bezahlen.

Der höchste Zustimmungswert (87 Prozent begrüßen Alternativen zu Plastiktrinkhalmen) dürfte der medialen Berichterstattung zu diesem Thema zu danken sein. Andere Maßnahmen (z. B. wassersparende Armaturen, erneuerbare Energie, Bioprodukte, bei Urlaubsplanung auf Nachhaltigkeit achten) haben diesbezüglich Nachholbedarf: Bei ihnen bewegen sich die Zustimmungsraten („ist mir wichtig“) lediglich zwischen 50 und 51 Prozent.

Nachholdbedarf hat aber auch die Hotellerie selbst, wie aus einer zweiten ÖHV-Umfrage hervorgeht, diesmal unter 200 Mitgliedsbetrieben: Lediglich 27 Prozent der Hotels setzen demnach auf Maßnahmen zur Abfallvermeidung (Stichwort: „zero waste“), ebenso wenige auf regionale Produkte, 26 Prozent auf Energieeffizienz und gar nur 14 Prozent verzichten auf Plastik. Michaela Reitterer: „Da ist noch Luft nach oben. Ich habe aber noch zwei Jahre Präsidentschaft. Da kann ich das Thema stärker angehen.“ Nachsatz: „Ich gehe davon aus, dass diese Zahlen steil nach oben gehen. Wir dürfen nicht aufhören, Gas zu geben.“

Mitte dieser Woche waren die „profit.­days“ (sie werden heuer aufgrund des Themas zur Hälfte vom BMNT gefördert, in Summe mit 44.000 Euro) nach Stationen in Kärnten, der Steiermark, Tirol und Vorarlberg zu Gast in Salzburg (Hotel „Das Edelweiß“ in Großarl). Am 30. September folgt dann das Finale im Andaz Vienna am Belvedere. Rund 200 TeilnehmerInnen werden erwartet. 

Kleine Maßnahmen, große Wirkung

Alleine, wenn in Österreichs 4- und 5-Sterne Hotellerie (in Summe 2.714 Betriebe) nur ein Drittel der Handtücher nicht täglich gewechselt wird, ergibt das im Durchschnitt mehr als 7.500 Euro pro Betrieb an jährlicher Kostenersparnis (die ÖHV hat für ihre Mitglieder sogar 10.000 Euro errechnet) und das, ohne einen Cent an Investitionen in die Hand nehmen zu müssen.
Ein Hotel in Vorarlberg, das rund 100.000 Euro in eine Photovoltaik-Anlage investierte (das ist allerdings schon eine größere Maßnahme), spart rund 15.000 Euro an Energiekosten pro Jahr ein, womit sich die Investition in nur sechs Jahren komplett amortisiert. Selbst einfach zu lösende Dinge, wie Reduktion des Abfalls, brachten einem Hotel in der Steiermark einen Kostenvorteil bei der Müllentsorgung von rund einem Fünftel bzw. ca. 3.500 Euro.

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