Krisen-Management der Vermittlungsplattform

Corona-Wunder von Airbnb! Totgesagt, erster Quartals-Gewinn, Börsenstar

T.A.I. 24 TOP News

Als 2020 die Corona-Krise losging, brachen auch bei Airbnb die Buchungen ein. Die Umsätze sackten in den ersten neun Monaten um einen Drittel auf 2,5 Mrd. US-Dollar ein, der kumulierte Verlust erreichte -697 Mio. Dollar. Was aus diesen Zahlen nicht hervorgeht: Die Vermittlungsplattform performte damit besser, als etwa die Booking Holdings (Umsatz -52,6% auf 5,558 Mrd. Dollar, operativer Verlust -478 Mio. Dollar). Dem folgte bei Airbnb Ende 2020 ein Börsengang, der sogar die kühnsten Erwartungen weit übertraf.  

Krisen-Management extrem

Im Frühjahr 2020 hatte es noch düster ausgesehen. Pessimisten schätzten, dass die 2008 gestartete Plattform Airbnb die Corona-Krise nicht überleben werde. Doch das Team rund um CEO Brian Chesky reagierte schnell: Schon im April wurden von Kapitalgebern weitere 2 Mrd. US-Dollar eingesammelt, um die Liquidität zu sichern, gleichzeitig wurden die Kosten gesenkt. Die drei Gründer, Brian Chesky, Joe Gebbia und Nathan Blecharczyk, verzichteten auf ihre Gehälter, die Löhne der Führungskräfte wurden halbiert, ein Viertel der 7.500 MitarbeiterInnen gekündigt und die Marketingausgaben um fast 1 Mrd. US-Dollar gekürzt.

Konzentration auf den Kernbereich

Parallel dazu erfolgte eine Konzentration auf das reine Übernachtungsgeschäft. Zuvor hatte Airbnb in eigene Hotels investiert, wollte ins Fluggeschäft expandieren und verzichtete bis auf weiteres auf den Aufbau eines eigenen TV-Studios.

Im Angebot von Airbnb befinden sich mehr als 7 Mio. Unterkünfte weltweit, sowohl in Städten als auch in Feriendestinationen in ländlichen Regionen in den Bergen, an Seen sowie am Meer. Damit ist Airbnb gut diversifiziert.

Ähnliches gilt für die breite Streuung über die nördliche und südliche Hemisphäre: Während Brasilien und Mexiko im europäischen Sommer unter den Länder-Domains bei den Airbnb-Websites weiter hinten rangieren (Plätze 8 und 9 im Juli 2020), lagen sie im Dezember 2020 auf Rang 2 und 4.

Dazu kommt, dass Airbnb nur Vermittler ist und dadurch die direkten Kosten leerstehender Häuser und Wohnungen nicht selber tragen muss. Diese gehen zulasten der Vermieter.

Erstes positives Geschäfts-Quartal

Ab Juni ging es mit den Buchungen wieder nach oben, sie lagen aber deutlich unter dem Niveau von 2019. Zahlen für das Gesamtjahr liegen noch keine vor, aber die Visits auf den Airbnb-Seiten lassen Rückschlüsse darauf zu (siehe Grafik ganz unten auf dieser Seite): Im Oktober 2020 lagen sie um rund -30 % unter dem Vorjahr, im Dezember bei -27 %. T.A.I. hat dabei die Visits aller großen airbnb-Domains berücksichtigt (airbnb.com vereint rund die Hälfte aller Visits auf sich, auf die übrigen airbnb-Länder-Domains entfällt der Rest). Auf airbnb.de waren es im Dezember sogar -63%.

Ungeachtet dessen führten die gesetzten Maßnahmen Airbnb erstmals seit Gründung in die Gewinnzone: „Das dritte Quartal war das erste profitable Quartal überhaupt“, so CEO Brian Chesky. Demnach erzielte die Plattform einen Überschuss in Höhe von 219 Mio. Dollar.

Höhenflug der Aktie seit dem Börsengang

Ende des Jahres hatte Airbnb geschafft, was mehrfach verschoben worden war und 2020 völlig aussichtlos erschien: Ein IPO (Initial Public Offering), also den Börsengang mit einem Preis von 68,00 US-Dollar pro Aktie. Davon erhoffte sich das Unternehmen einen Bruttoerlös in Höhe von ca. 3,4 Mrd. US-Dollar. Daraus ergab sich für das Unternehmen eine Gesamtbewertung von 47 Mrd. US-Dollar.

Wie sich binnen weniger Stunden herausstellte, waren diese Erwartungen zu tief angesetzt: Als der Handel mit den Airbnb-Aktien loslegte, schoss der Preis auf 144,7 Dollar nach oben. Danach folgte eine kurze Atempause und seither kletterte das Papier teilweise auf über 200 Dollar. Derzeit sind es 178,8 US-Dollar. Daraus leitet sich ein Börsenwert (Marktkapitalisierung) mit 2. Februar 2021 von 107 Mrd. US-Dollar ab.

Zum Vergleich: Die größte Hotelkette der Welt, Marriott, ist mit rund 38 Mrd. Dollar Marktkapitalisierung rund ein Drittel soviel Wert, die Booking Holdings (Booking.com etc.) mit 82,51 Mrd. Dollar kommt auf 76 % des Airbnb-Wertes. Booking notiert derzeit nahe seines historischen Höchsttandes.

Zukunft: weniger Geschäftsreisen, weg vom Massentourismus

Wie Brian Chesky, dessen Vermögen von Bloomberg aktuell auf 15,3 Mrd. Dollar geschätzt wird, die Entwicklung 2021 beurteilt, legte der vor wenigen Tagen im Rahmen des Reuters NEXT Summits klar. Es war das erste große Interview seit dem Börsendebüt. Chesky geht nicht davon aus, dass „die Reisebranche jemals wieder zu dem zurückkehren wird, was sie vor der Pandemie war.“

Vor allem der Rückgang von Geschäftsreisen dürfte signifikant und dauerhaft sein: „COVID-19 hat die Verlagerung zu Remote-Arbeit und Meetings beschleunigt.“ Vielleicht werde sich ein Hub-and-Spoke-Modell etablieren, „bei dem die Leute remote arbeiten, aber jedes Quartal für ein paar Wochen in ihre Zentrale zurückkehren.“

Als zweiten großen Trend erwartet Brian Chesky ein „Wiederaufleben kleiner und mittelgroßer Städte“ sowie eine Tendenz weg von „Massenreisen“ hin zu „sinnvollen Reisen. Gäste wollen nicht mehr in überfüllte Touristenviertel gehen, in der Schlange stehen, um ihr Selfie vor einer Sehenswürdigkeit machen.“

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