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Eigenkapitalstärkung

„Bitcoin“ als Vorbild für Hotellerie: Frisches Geld durch „Blockchain“

Print-Ausgabe 19. Februar 2021

„Die Blockchain bietet einen hohen, kaum manipulierbaren Sicherheits­standard“, so Thomas Reisenzahn
Bild: © Prodinger Tourismusberatung

Für die Prodinger Tourismusberatung ist Eigenkapitalstärkung „ein Überlebenselixier“ für die Betriebe – die „Blockchain“ bietet diesbezüglich neue Möglichkeiten

Die Corona-Krise, verschärft durch den Komplettausfall der Winter­saison 2020/21, setzt die historisch ohnehin bereits geringen Eigenkapitalquoten in der österreichischen Hotellerie kräftig unter Druck. Hatten sich diese in den zurückliegenden Jahren zumindest im 4- und 5-Sterne Bereich von 13% (Median laut ÖHT Kennzahlen 2017) auf 17 % (Kennzahlen 2019) verbessert, so werden sie sich jetzt deutlich verschlechtern (im 3-Sterne Sektor war dies bereits 2019 der Fall). Dies hat nicht zuletzt unangenehme Folgen bei der Kapitalbeschaffung für Neu- oder Ausbauprojekte: Investitionen ohne hohen Eigenkapital­anteil werden in der Regel nicht mehr finanzierbar sein.  

Für ThomasReisenzahn, Geschäftsführender Gesellschafter der Prodinger Tourismusberatung, steht deshalb fest: „Eine Eigenkapitalstärkung wäre gerade jetzt ein Überlebenselixier für die Betriebe.“ Die Prodinger Tourismusberatung hat dazu ein Papier erarbeitet, das mehrere Möglichkeiten für diesen Schritt mithilfe von Beteiligungsmodellen beschreibt, denn – so Reisenzahn – „in der Prodinger Beratungsgruppe haben wir gute Erfahrungen mit Beteiligungskapital gemacht.“

Neben dem „Crowdfunding“ (belohnendes oder investierendes), verschiedenen Kauf- und Rückpacht-Modellen (Investoren kaufen „Hoteleinheiten“ inkl. Möglichkeit von „Buy-to-use-and-let“, wodurch sich das Entstehen „kalter“ Betten vermeiden lässt), dem „Fractional Ownership“ (die Investoren sind an einer Hotel-Besitzgesellschaft oder Managementgesellschaft beteiligt) oder dem „Prodinger Beteiligungsmodell“ (Einheimische, Gäste oder Anleger beteiligen sich an einem Hotelbetrieb und haben die Möglichkeit, von Renditen und/oder Nächtigungsgutscheinen zu profitieren) sticht vor allem das neue Finanzierungsmodell der „Blockchain-­Technologie“ hervor. 

Bekannt geworden ist „Blockchain“ vor allem durch die Krypto-Währung „Bitcoin“, es gibt aber viele andere Anwendungsmöglichkeiten, vor allem in der Immobilienwirtschaft und somit auch bei der Beteiligung an einem Hotel. Reisenzahn: „Hierbei wird der Käufer als Eigentümer in einer Urkunde eingetragen. Diese Information wird in der Blockchain abgelegt.“ Die Blockchain dient in diesem Fall also als virtuelles Register, in das Transaktionen dezentral gespeichert werden. Das sorgt für höchste Transparenz: „Für jeden ist über den öffentlichen Schlüssel ersichtlich, wer der Käufer bzw. Investor der Urkunde ist“, so Thomas Reisenzahn. „Mit dem privaten Schlüssel kann der Käufer die Urkunde an andere übertragen.“ Für Reisenzahn ergibt sich daraus ein „hoher und kaum manipulierbarer Sicherheitsstandard“, der womöglich „eine Veränderung, wenn nicht gar eine Revolution in diesem Segment hervorbringen könnte.“ 

Der Vorteil der „Blockchain-­Technologie“ in der Hotel-Finanzierung liegt damit nicht nur in der erhöhten Eigenkapitalausstattung (Aufnahme von frischem Eigenkapital) und der Rechtssicherheit, sondern ermöglicht auf sehr einfache Weise Übertragung, Tausch und Handel der Anteile. Reisenzahn: „Investoren sind daher flexibel und nicht an das Unternehmen gebunden.“ Da die gesamte Struktur digital, ohne physische Präsenz abgewickelt werden kann, erlaubt dies zudem eine internationale Investorenansprache. Zu guter Letzt ermöglicht die „Blockchain“ laut Reisenzahn „auch eine Gestaltung, die näher am Geschäftsmodell orientiert ist: Mit Nutzungs- und Gutscheinmodellen können Investoren auch emotional gebunden werden.“ 

Für welchen Weg der Investoren-Beteiligung man sich letztendlich entscheidet, eines steht für Thomas Reisenzahn fest: „Das Interesse an Immobilien bleibt hoch. Egal, ob Geld in reale Objekte, Fonds oder über andere Finanzierungsmodelle investiert wird. Der Run auf das ‚Betongold‘ hält an und wurde durch die Corona-Krise nochmals befeuert.“ 

Welche Chancen räumt er der „Blockchain-Technologie“ gegenüber gängigeren Modellen wie den „Crowd­investments“ ein? Reisenzahn: „Crowdfunding hat mittlerweile den größten Anteil im Rahmen dieser Finanzierungsform. Es ist der Bereich, der am stärksten wächst. Diese Tatsache sollte in der Hotellerie aufmerksam verfolgt werden.“ 

Das „Blockchain“-Beteiligungs-Modell

  • Die Hotel-Eigentümer übergeben einen Anteil (z.B. 10 %) einem Treuhänder (Rechtsanwalt).
  • Dieser Treuhänder übernimmt mit der GmbH (z. B. Hotel- und Tourismusbetrieb) die „Tokenisierung“ der treuhändig übernommenen Anteile. (Als „Token“ werden die Bausteine für Operationen mit Krypto-Werten bezeichnet: Nur wer ein gültiges Token besitzt, darf eine Transaktion auf der zugehörigen Blockchain ausführen.)
  • Die „Token“ repräsentieren Eigenkapital: Die Gesellschafterstellung wird durch Treuhänder und durch Eintragung in das DLT (Distributed Ledger Technology)-Register, also dem Blockchain-basierenden Registrierungssystem, garantiert.
  • Die GmbH emittiert die „Token“ gegen Leistung eines „Token“-Zeichnungspreises.
  • Der Treuhänder garantiert und übernimmt gegenüber Investoren die gesellschaftsrechtliche Übertragung der GmbH-Anteile und die Ausschüttung des jährlichen Ertrages.
  • Die „Token“ sind frei übertragbar, es ist kein Notariatsakt notwendig.

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