Print-Ausgabe 3. Juni 2016
Tobias Ragge im T.A.I.-Gespräch über die Entwicklung rund um die Preisparität, OTA-Trends sowie Strategien gegen Booking.com, Expedia & Co,
„Das Thema beschäftigt mich Null-komma-Null meiner Zeit. Es gibt einen rechtlichen Rahmen und der ist gesetzt worden.“ So kommentierte vor wenigen Wochen Tobias Ragge, Geschäftsführer des auf bereits rund 200 Mio. Euro Umsatz geschätzten Hotelportals HRS, in einem Gespräch mit T.A.I. die Situation rund um die Bestpreisklausel. In der Bundesrepublik wurden bekanntlich derartige Regelungen vom Kartellamt für unzulässig erklärt, zunächst für HRS und gegen Jahresende 2015 auch für Booking.com (dessen Einspruch wurde Mitte Mai 2016 vom Oberlandesgericht Düsseldorf abgelehnt; das Verfahren gegen Expedia läuft noch). Hierzulande sah die Kartellbehörde keinen Grund für einen ähnlichen Schritt, doch zeichnet sich jetzt nach dem Vorbild von Frankreich und Italien eine gesetzliche Lösung ab (siehe Info-Kasten). Für Tobias Ragge kein Problem: „Wir halten uns an die Länder-Gesetze, das ist eine HRS-Grundsatzentscheidung.“
Für Ragge ist die sich in Österreich abzeichnende Lösung der bessere Weg als jener, der in Deutschland eingeschlagen wurde. „Der deutsche Sonderweg ist nicht verständlich, die Umsetzung nicht befriedigend. Wir haben ja alle dasselbe Geschäftsmodell“, betont der HRS-Chef. Während HRS und Booking mit ihren Bestpreisklauseln vom Bundeskartellamt bereits zurückgepfiffen wurden, kann sie Expedia dank des noch laufenden Verfahrens weiterhin anwenden. „Das wird vielleicht noch zwei Jahre dauern“, so Ragge.
Der HRS-Geschäftsführer plädiert daher „für eine generelle Lösung, die für den Gesamtmarkt Europa gilt.“ Denn Ragge sieht generell „ein stärkeres Zusammenwachsen zwischen dem Meta-Search- und dem OTA-Modell.“ Die Bestpreisklausel wirke da wie ein Katalysator des Themas. Wobei sich laut Tobias Ragge auch die OTAs (Online Travel Agents) gut weiterentwickeln. Bei diesen komme es vermehrt „zu einer Fragmentierung der Kundengruppen, die andere Preise erhalten, als öffentlich sichtbar sind.“ Als Beispiel nennt er den HRS Business Tarif, der Geschäftsreisenden bis zu 30 Prozent Ersparnis in über 40.000 Hotels verspricht. Dies funktioniere nur durch eine enge Partnerschaft mit den Betrieben: „Da muss man als OTA eine direkte Anbindung an die Hotels haben.“
Und wie beurteilt Ragge die Position von HRS im globalen Match gegen die alles überragenden Riesen Priceline (mit 9,22 Mrd. US-Dollar in 2015 fast 50mal so groß wie HRS) und Expedia (im Vorjahr 6,67 Mrd. US-Dollar Umsatz)? Einen Verkauf schließt er jedenfalls kategorisch aus: „Seit 15 Jahren werden wir regelmäßig von Wettbewerbern und Finanzinvestoren angefragt“, sagt Tobias Ragge, „aber wir wollen nicht. Uns geht es nicht darum, wie wir unseren Exit maximieren könnten, sondern wir sind bestrebt, das was wir tun, mit unseren Visionen umzusetzen.“
Die diesbezügliche Strategie lautet, „auf bestimmte Spielfelder zu fokussieren und sich dort durchzusetzen.“ Die HRS-Säulen bestehen aus dem OTA-Bereich (HRS, Hotel.de, Tiscover), aus dem Bereich „Managed Travel“ (Bereitstellung von Produkten für Unternehmen, in denen der Geschäftsreisebereich und Hoteleinkauf hochprofessionalisiert sind) sowie aus „Destination Solutions“ (Komplettanbieter für Tourismusregionen durch das Reiseportal wild-east marketing, durch Tiscover Destination Marketing und durch das Ferienunterkunftsportal HolidayInsider).
Im OTA-Bereich ist für Ragge klar, „dass wir nicht im globalen Bewerb gegen Expedia und Priceline gewinnen können, aber wir können uns auf Märkte fokussieren und dort besser sein.“ Dasselbe gelte für regionale Nischen, wie der Fewo- und Ferienhaus-Bereich, in den das Unternehmen mit HRS Holidays und dem Holidayinsider erfolgreich Fuß gefasst hat. Ragge: „Wir machen unser Geschäft einfach zu gerne.“
Auf Initiative von Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner wird noch heuer bis Herbst die umstrittene, von den OTAs verlangte Bestpreisklausel im Sinne eines fairen Wettbewerbs korrigiert. Dies erfolgt in Form einer Ausweitung der Definition von „verbotenen aggressiven Geschäftspraktiken“ im UWG (Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb). Demnach zählt künftig das „Verlangen eines Betreibers einer Buchungsplattform gegenüber einem Beherbergungsunternehmen, dass dieses auf anderen Vertriebswegen inklusive seiner eigenen Website keinen günstigeren Preis oder keine anderen günstigeren Bedingungen als auf der Buchungsplattform anbieten darf“ zu den verbotenen aggressiven Geschäftspraktiken. Die UWG-Novelle soll im Oktober 2016 im Tourismusausschuss behandelt und anschließend im Plenum des Nationalrats beschlossen werden.
Erstellt am: 03. Juni 2016
Plädiert für eine europäische Lösung im Umgang mit der Bestpreisklausel: Tobias Ragge
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