FH Wien der WKW

Wie Praktika gut gelingen! „Lernortverzahnung“ als Um und Auf

Print-Ausgabe 12. Dezember 2025

Edmund Panzenböck (l.) und Florian Aubke (r.) sind der Frage nachgegangen, wie Hochschulen und Betriebe mehr aus Pflichtpraktika machen können

Praktikumsberichte von Studierenden zeigen, woran es hapert und wo es hervorragend läuft – am Ende geht es um die Zukunftsfähigkeit des Tourismusstandorts

Wie können Hochschulen und Betriebe mehr aus Pflichtpraktika machen? Dieser Frage sind vor kurzem Florian Aubke, Leiter des Studienbereiches Tourismus- und Hospitality Management an der FHWien der WKW, und Edmund Panzenböck, Academic Coordinator für Human Resources Management sowie Lektor am Studienbereich Personal & Organisation an derselben Fachhochschule, nachgegangen. Der Grund: Berufspraktika gehören im österreichischen Tourismus zwar längst zur Ausbildung dazu, doch der Fachkräftemangel ist deutlich spürbar und die unternehmerischen Rahmenbedingungen sind vielerorts herausfordernd.

An der FHWien der WKW wurden deshalb Praktikumsberichte von Studierenden aus den Bachelorstudiengängen Tourismus-Management und Human Resource Management ausgewertet. Ergebnis: Dort, wo Praktikant:innen Einblicke in komplexere Aufgaben erhalten, – etwa im Umgang mit Gästen, in der Eventorganisa­tion, im Personalwesen oder im Marketing –, beschreiben sie das Praktikum als Phase, in der Theo­rie plötzlich greifbar wird. Viele Studierende berichten von einer steilen Lernkurve.

Doch wird gleichzeitig deutlich, dass diese positiven Erfahrungen nicht überall im gleichen Ausmaß Realität sind. Sie fühlen sich viel eher als Aushilfe im Tagesgeschäft, denn als Personen in einem Ausbildungsprozess. Gerade in den ersten Tagen und Wochen fehlt es manchen Studierenden an Orientierung: Wer ist meine Ansprechperson, wie laufen die Abläufe im Haus, wofür trage ich Verantwortung und wofür (noch) nicht? Fachliche Lernchancen bleiben hinter den Möglichkeiten zurück, weil Ziele unklar sind oder Tätigkeiten wenig mit dem Studienschwerpunkt zu tun haben.

Abgestimmte Verbindung durch die „Lernortverzahnung“

Ein zentrales Ergebnis der Analyse ist daher, dass Praktika dann besonders gut gelingen, wenn Hochschule und Betrieb die Rolle des Praktikums als Lernraum gemeinsam definieren und aktiv gestalten. Im hochschulischen Diskurs wird dafür häufig der Begriff „Lernortverzahnung“ verwendet: Gemeint ist eine abgestimmte Verbindung zwischen den Lernorten Hochschule und Betrieb.

In der Praxis heißt das: Studierende, Hochschule und Unternehmen legen zu Beginn eines Praktikums fest, welche Kompetenzen in dieser Zeit aufgebaut oder vertieft werden sollen. Neben fachlichem Wissen geht es dabei auch um persönliche und soziale Fähigkeiten, wie Kommunikationsstärke, Teamfähigkeit oder den konstruktiven Umgang mit Belastungssituationen.

Mehrwert durch Struktur in der Praxisphase

Viele Studierende beschreiben in ihren Praktikumsberichten, dass sie in genau diesen Bereichen große Fortschritte gemacht haben, nennen aber keine konkreten Ergebnisse. Auf Seiten der Hochschule bedeutet das, Praktika nicht nur organisatorisch, sondern auch didaktisch ernst zu nehmen. Im dualen Bachelorstudium „Tourismus-Management“ etwa kommen Lernvereinbarungen zum Einsatz, in denen geplante Lernziele und zentrale Aufgaben der Praxisphasen festgehalten werden. Auch die Betriebe profitieren von einer solchen Struktur: Wer Praktikumsstellen bewusst als Teil seiner Nachwuchsarbeit versteht, gewinnt durch klare Ziele und regelmäßige kurze Gespräche Sicherheit im Umgang mit den Studierenden. Vieles lässt sich mit geringem Aufwand umsetzen: Eine planbare Einführung in den ersten Tagen, eine klar benannte Ansprechperson, abgestimmte Aufgabenpakete und gelegentliches Feedback dazu, was schon gut läuft und wo noch Unterstützung sinnvoll wäre.

Die bisherigen Erfahrungen zeigen zugleich, dass Praktika in ihrer jetzigen Form noch nicht überall ihr volles Potenzial entfalten. Hochschulen und Betriebe sind also gefordert, die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass Lernen im Betrieb leichter planbar und nachvollziehbar wird. Um dies zu ermöglichen, wird ab 2026 an der FHWien der WKW ein von der Stadt Wien gefördertes Kompetenzteam für Lehre seine Arbeit aufnehmen, das sich genau mit dieser Frage beschäftigt. Ziel ist es, Studierende vor, während und nach dem Praktikum besser zu begleiten, Praxisbetriebe mit Materialien und Schulungsangeboten zu unterstützen und Hochschullehrende in ihrer Rolle als Lernbegleiter:innen zu stärken.

Für die Tourismuspraxis eröffnet sich damit die Chance, Berufspraktika als gemeinsamen Entwicklungsraum weiterzudenken und vom organisatorischen Muss zur strategischen Investition umzuwandeln. Sie helfen Studierenden, ihren Weg in der Branche zu finden, und geben Betrieben die Möglichkeit, künftige Fach- und Führungskräfte früh kennenzulernen und zu binden. „In Zeiten knapper Ressourcen ist das vielleicht eine der wirksamsten Formen der Kooperation – und ein wesentlicher Baustein für die Zukunftsfähigkeit des Tourismusstandorts Österreich“, so Florian Aubke.

Interessant ist ergänzend dazu folgender weiterführender Bericht:
FHWien der WKW

Wien ist anders, auch mit seiner Antwort auf Overtourism

17. Oktober 2025 | Österreich

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