Burgenland

„Werden damit zum Vorreiter des nachhaltigen Tourismus in Österreich“

Print-Ausgabe 18. Juli 2025

Erstmals erhielt nicht nur ein ganzes Bundesland das Umweltzeichen, sondern das Burgenland wurde auch mit dem internationalen TourCert-Siegel zertifiziert

Es war bereits seit längerem vereinbart, das Interview mit dem Geschäftsführer des Burgenland Tourismus, Didi Tunkel. Der Zeitpunkt war optimal gewählt: Wenige Tage nach der Zertifizierung mit dem internationalen TourCert-­Siegel und dem Österreichischen Umweltzeichen für Destinationen. Bemerkenswert war dieser Schritt aus mehreren Gründen: Noch nie zuvor wurden alle Destinationen eines Bundeslandes ausgezeichnet und noch nie wurden so viele Gemeinden einbezogen. Didi Tunkel: „Wir schreiben damit ein Stück Tourismusgeschichte. Und wir werden zum Vorreiter des nachhaltigen Tourismus in Österreich.“

Zur offiziellen Übergabe Anfang Juli, die im Martinsschlössel in Donnerskirchen stattfand, reiste so gut wie alles an, was Rang und Namen hat: Umweltminister Norbert Totschnig und Tourismus-Staatssekretärin Elisabeth Zehetner waren ebenso dabei, wie die Stellvertreterin des Landeshauptmannes, Anja Haider-Wallner, der burgenländische Landesrat für Wirtschaft und Soziales Leonhard Schneemann oder der Managing Partner von TourCert Marco Giraldo.

Nur um die Dimension zu zeigen: Zuvor wurden in ganz Österreich acht Destinationen (Kaunertal, Kufsteinerland, Montafon, Nassfeld, Pitztal, Seefeld, Saalfelden und Wagrain-Kleinarl) mit insgesamt 48 Gemeinden mit dem Umweltzeichen für Tourismusdestinationen zertifiziert. Jetzt kamen mit einem Schlag alle drei Tourismusregionen des Burgenlandes – also Nord, Mitte und Süd – hinzu, die 171 Gemeinden umfassen.“

T.A.I.: Wie lange hat die Zertifizierung gedauert und wieso hat sich das Burgenland neben dem Österreichischen Umweltzeichen auch um jenes von TourCert beworben?

Didi Tunkel: „Wir haben die Zertifizierung im Jänner 2024 gestartet und vier Nachhaltigkeitsbeauf­tragte bestellt. Franziska Kasztler für das Nordburgenland, Julia Hellwagner für das Mittelburgenland-Rosalia und Marlies Ebner für das Südburgenland. Marion Hutter ist Nachhaltigkeitsbeauftragte bei Burgenland Tourismus. Danach haben wir alles in nur 14 Monaten umgesetzt. Wir haben Vollgas gegeben. Es gab unzählige Workshops mit über 500 Teilnehmenden. Und für TourCert haben wir uns entschieden, weil es in Deutschland – unser wichtigster internationaler Quellmarkt – sehr bekannt ist.“

T.A.I.: Wie viele Kriterien galt es umzusetzen?

Didi Tunkel: „Insgesamt waren es beim Österreichischen Umweltzeichen 119 Kriterien in allen Bereichen der Nachhaltigkeit, also sozial, wie etwa die Mitarbeiter- und Gästezufriedenheit, ökologisch, ökonomisch, wie z.B. der öffentliche Verkehr, und kulturell, wie etwa die Erhaltung des Kulturerbes. Wir haben alles abgearbeitet und einen partizipativen Prozess aufgezogen. 63 Umweltzeichen-Schritte waren Muss-Kriterien, 56 Soll-Kriterien. Eines der Muss-Kriterien lautete, dass jede Gemeinde einer Region den Prozess gutheißen und zustimmen muss. Ich habe mir gedacht: ‚Das schaffen wir nie!‘ Aber es hat sich gezeigt, wie wichtig Nachhaltigkeit ist. Alle 171 Bürgermeister haben unterschrieben. Nachhaltigkeit ist eben nicht parteipolitisch!“

T.A.I.: Was meinten Sie mit partizipativem Prozess?

Didi Tunkel: „Es gab eine breite Einbindung von allen relevanten Personen, also alle Leitbetriebe, wie Esterházy, die St. Martins Therme & Lodge oder das McArthurGlen Designer Outlet Parndorf, die Naturparke – der Naturpark Rosalia-Kogelberg wurde übrigens österreichweit zum Naturpark 2025 gekürt –, sowie alle Behörden etc. Es gab überall eine überdurchschnittliche Beteiligung an den Arbeitskreisen.“

T.A.I.: Wie viele Betriebe des Burgenlandes sind denn derzeit nach dem Umweltzeichen zertifiziert?

Didi Tunkel: „Aktuell sind es neun, wie die Vila Vita Pannonia, das Hotel Galántha Eisenstadt oder die beiden Reiters Reserve Finest Family und Supreme. Anerkannte Partnerbetriebe des Nachhaltigkeitsprozesses mit Interesse Umweltzeichen anzustreben gibt es natürlich deutlich mehr (Anm.d.Red.: 28 im Nordburgenland, 12 im Südburgen­land und 6 im Mittelburgenland-­Rosalia). Bei den Umweltzeichen-­Betrieben haben wir je nach Desti­nation bis zur Re-­Zertifizierung ein Wachstum von 43 % bis 200 % geplant. Wir haben dazu ein Förderprogramm mit der Wirtschafts­agentur Burgenland gemacht.“

T.A.I.: Worin unterscheiden sich denn das Österreichische Umweltzeichen und das internationale TourCert-Siegel?

Didi Tunkel: „Sie sind sehr ähnlich, wobei das Österreichische Umweltzeichen strengere Kriterien hat. So ist etwa die Zustimmung aller Gemeinden in Österreich ein Muss-Kriterium, bei TourCert hingegen ein Soll-Kriterium.“

Burgenland Card mit kostenlos inkludiertem öffentlichen Verkehr und Anruf-Sammeltaxi BAST sowie der ‚my burgenland Shop‘ im Designer Outlet Parndorf

Die Burgenland Card mit kostenlos inkludiertem öffentlichen Verkehr und Anruf-Sammeltaxi BAST sowie der ‚my burgenland Shop‘ im Designer Outlet Parndorf mit der Kooperation zwischen Landwirtschaft und Tourismus erhielten zwei Best Practice-Auszeichnungen.

T.A.I.: Welche „Best Practice“-Beispiele werden von TourCert für das Burgenland genannt?

Didi Tunkel: „Es wurden im Rahmen des Audits, um die Einhaltung der Kriterien des Siegels zu kontrollieren, zwei Best Practice-Auszeichnungen vergeben: die Kombination aus der Burgenland Card und dem landesweiten Rufbus-System BAST (Burgenland Anruf-Sammeltaxi), das seit zwei Jahren in die Burgenland Card inkludiert ist und einen zur nächsten Busstation oder zum Zielort bringt, und ‚my burgenland Shop‘ im Designer Outlet Parndorf mit der Zusammenarbeit zwischen Landwirtschaft und Tourismus.“

T.A.I.: Wie stehen Sie dem Vorwurf des „Greenwashings“ gegenüber?

Didi Tunkel: „Unter Greenwashing sind reine Marketing-Handlungsmaßnahmen zu verstehen. Das unterscheidet sich entscheidend vom Umweltzeichen und von TourCert, weil bei denen für jedes einzelne Kriterium Daten hochzuladen und zu dokumentieren sind. Wir sind durch die Zertifizierung jetzt nicht das nachhaltigste Bundesland, aber wir haben ein umfangreiches Maßnahmenpaket für die nächsten vier Jahre beschlossen, wenn es die nächste Zertifizierung gibt!“

Fotos: © Martin Steiger, Verkehrsbetriebe Burgenland, Designer Outlet Parndorf/David Bartfay

Kommentar schreiben

Bitte die Netiquette einhalten. * Pflichtfelder

Nach oben