Neue Tourismusstrategie für Tirol

„Tiroler Weg“ ändert Perspektiven: Wert statt Menge fürs Herz der Alpen

Print-Ausgabe 18. Juni 2021

Tirols LH Günther Platter und Tirol Werbung-­Geschäftsführer Florian Phleps


 

Die seit 1972 mehrfach adaptierte Tourismus-Strategie wurde neu ausgerichtet – eines der wichtigsten Ziele ist es, die Bevölkerung wieder mit ins Boot zu holen

Den Tourismus in Tirol „nicht neu erfinden, aber an einigen entscheidenden Stellen neu denken“, so formuliert Tirols Landeshauptmann Günther Platter Ziel und Aufgabe der neuen Tourismusstrategie „Der Tiroler Weg – Perspektiven für eine verantwortungsvolle Tourismusentwicklung“ (siehe auch Advertorial auf Seite 33). Das Wichtigste vorweg: Es werden Wachstumsgrenzen eingezogen und es gibt eine stärkere Ausrichtung auf Nachhaltigkeit und Umwelt. Die Errichtung neuer Hotels mit mehr als 300 Betten wird nicht mehr möglich sein. Ebenso dienen nicht mehr nur Nächtigungs­zahlen, Ankünfte, Bettenauslastung und Wertschöpfung als wichtige Indikatoren, sondern auch der neu entwickelte Tourismus-Index, der soziale Faktoren wie Mitarbeiterzufriedenheit, Wiederbesuchs-­Absichten der Gäste und ökologische Messgrößen (Anteil regenerativer Energien, CO₂-Reduktion etc.) miteinbezieht.

Vorgestellt wurde die neue Tourismusstrategie Mitte voriger Woche gemeinsam von LH Günther Platter, der auch als Tourismus­referent fungiert, der Vizepräsidentin der Wirtschaftskammer Tirol Martina Entner („Es gibt ein klares Bekenntnis zu familiengeführten Strukturen“), Tirols Sparten-­Obmann Mario Gerber („Es geht darum, Tirols Leitbranche nachhaltig auf Erfolgskurs zu halten“), Tirol Werbung-Geschäftsführer Florian Phleps („Das Signal lautet: Wert statt Menge“) und Hubert Siller, Leiter des Department für Tourismus- & Freizeitwirtschaft am MCI (Management Center Innsbruck), demzufolge der „neue Tiroler Weg mit vielen ExpertInnen erarbeitet wurde. Er ist kein geduldiger Papier­tiger, sondern ein laufender Prozess.“

An der Spitze des „Tiroler Weges“ stehen die als „Selbstverständnis“ bezeichneten Bereiche „Balance aus wirtschaftlicher, gesellschaftlicher und ökologischer Nachhaltigkeit“, „Verbindung aus Natur, Bewegung und Bergerlebnis“ (diesbezüglich will Tirol weltweit führend sein) und der „Inbegriff alpinen Lebensgefühls“.

Um diesem „Selbstverständnis“ zu entsprechen, wurden vier große Linien bzw. Leitmaßnahmen festgelegt: „Lebens- & Erholungsraum“, „Nachhaltigkeit & Regionalität“, „Familienunternehmen & Gastgeberqualität“ sowie „Kompetenz- & Innovationsführerschaft“. Ob und wie diese Maßnahmen erreicht werden, zeigen die im Dashboard Tirol publizierten Kennzahlen. Diese umfassen wirtschaftliche, soziale, ökologische und Zufriedenheits-Werte.

Soweit der „Tiroler Weg“. Doch was bedeutet all dies im Detail? Die aktuell rund 330.000 Gästebetten sieht Platter z. B. als „absolute Obergrenze“, die in Zukunft tendenziell nach unten gehen soll. Diesbezüglich könne er sich eine Art „Betten-­Börse“ als regionalen Ausgleich vorstellen. Für Hotelneubauten zwischen 150 und 300 Betten („Beherbergungsgroßbetrieb“) werde es im Raumordnungsgesetz weiter Sonderflächen-Widmung geben. Neue Hotels mit über 300 Betten werden nicht mehr zugelassen. Dies gelte auch für „Investorenmodelle, touristische Großbetriebe oder Chaletdörfer“.

In allen Tiroler Regionen werden ab 2022 institutionalisierte Nachhaltigkeitsstandards und das neu geschaffene „Österreichische Umweltzeichen“ für Destinationen eingeführt. Die Anreise der Gäste mit Öffis soll bis 2035 von derzeit 10 Prozent auf dann 20 Prozent verdoppelt werden. Bei der Vor-Ort-Mobilität wird bis dahin eine hundertprozentige Nutzung regenerativer Antriebsformen angestrebt. Zudem soll es in Tirol bis 2035 nur noch „klimaneutrale“ Skigebiete geben.

Intensiviert werden solle zudem der Dialog mit der Bevölkerung. „Wir brauchen ein wertschätzendes Miteinander von Einheimischen und Gästen“, so Platter, der anhand aktueller Erhebungen darauf verwies, „dass die Wahrnehmung unserer Tourismuswirtschaft in einigen Bereichen nicht mehr ihrem tatsächlichen Stellenwert entspricht“. Platter: „Der Tourismus muss die Bevölkerung wieder mit ins Boot holen.“

Für Tirol Werbung-Geschäftsführer Florian Phleps bringt der „Tiroler Weg“ jenen „Perspektivenwechsel, der auch den Wertewandel in unserer Gesellschaft widerspiegelt“, zum Ausdruck. Phleps: „Werte wie Natur, Freiheit und Sicherheit haben in den letzten Monaten noch mehr an Bedeutung gewonnen.“ Dieses Selbstverständnis werde nun durch „Nachhaltigkeit, Familienbetriebe, Generationswechsel, Dialog und neue Kennzahlen zur Erfolgsmessung“, die er als „wichtige Grundpfeiler einer nachhaltigen, resilienten Tourismusentwicklung“ ansieht, weiter geschärft.

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Erstellt am: 18. Juni 2021

Foto: © Lebensraum Tirol Holding / Oss

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