ANA
BÖTM Top-Seminar 2019

Österreichische Datenallianz als Maßnahme gegen Google und Co.

Print-Ausgabe 19. Oktober 2019

V.l.: Reinhard Lanner, Petra Stolba, Andreas Purt und Christian Schirlbauer

Big Data und digitale Strategien sorgten beim diesjährigen Top-Seminar der Österreichischen Tourismusmanager in Wien für viel Diskussionsstoff

Die Digitalisierung zeigt ihre Auswirkungen auch in der Tourismusbranche. Durch neue Medien und Technologien ist das Suchverhalten der Reisenden um ein Vielfaches komplexer geworden. Früher ging man ins Reisebüro. Heute wird im Reise-­Segment jede zweite Suchanfrage über mobile Geräte getätigt. „Urlaubsideen entstehen durch unzählige Inspirationen, die man überall im Netz findet“, meint Maximiliane Gläsle von Google. Ob das Strandfoto auf Instagram, das Kurzvideo von der Skipiste oder die Rikscha-Fahrt im Reise­blog – jeder kann mit seinem Content die Initialzündung zur wohlverdienten Auszeit geben. Das stellt Tourismusregionen vor neue Herausforderungen, denn der von Usern generierte Inhalt entsteht nicht in den Tourismusbüros. Große Anbieter wie Google oder Tripadvisor generieren ihren Content selbständig, und das sehr schnell.

Beim diesjährigen BÖTM (Bundesverband für Tourismus Manager) Top-­Seminar in Wien diskutierten über 90 Tourismusmanager­Innen und ExpertInnen darüber, welche Rolle den Destinationen vor diesem Hintergrund künftig zukommt. Einig war man sich darüber, dass sich der Österreichische Tourismus nur vereint dem Wandel stellen kann. Die Datenallianz zwischen der Österreich Werbung und den Tourismusregionen scheint in realistische Nähe gerückt zu sein.

„Die Tourismusbranche ist im Digital­prozess weit vorne gereiht“, meint die Marketing-­Expertin Silvia Danne. Man müsse sich nicht neu erfinden, aber manche Geschäftsmodelle seien zu überdenken. Bis zum Jahr 2025 wird laut der Expertin die Customer Journey zu 100 Prozent digital ablaufen. Die Devise lautet: flexibles Marketing statt verplanter Marketingbudgets. Dazu brauche es aber Daten, die es dem Tourismus erlauben, sofort reagieren zu können.

Für Gernot Riedel, Geschäftsführer der Region St. Johann in Tirol, stellt sich die Frage, wie man aus analogem Stroh digitales Gold spinnen soll. Denn noch sei die Vernetzung innerhalb der Branche nicht gegeben. „Wir jammern zwar alle, dass uns Google und Co. völlig überholt haben, aber wir denken noch immer in Regions­grenzen“, so Riedel. Für ihn steht eine Bündelung der Mittel außer Frage. „Österreich hat 1.700 Tourismusorganisationen mit gleich vielen Schnittstellen. Hier kann man effizienter arbeiten.“

Gemeinsame Branchenstandards in der digitalen Kommunikation sind auch für Petra Stolba, Geschäftsführerin der Österreich Werbung (ÖW), eine Grundlage für individuellen Erfolg von Destinationen. „Die globalen Webplattformen wie Facebook, Google oder Amazon sollen nicht die einzigen sein, die aus unseren Daten lernen. Das müssen wir in Zukunft selbst auch machen, um eine gewisse Eigenständigkeit zu bewahren“, so Petra Stolba.

Bis dato erhebt jedes Bundesland seine eigenen Daten. In Zukunft soll es eine österreichweite Datenallianz geben. Ein erstes Pilotprojekt ist ein brancheneigenes AdServer-Netzwerk. Dabei werden über Organisationsgrenzen hinweg, Online-­Verhaltensdaten der User anonym analysiert und Marketing­maßnahmen optimiert. Ein anderes Pilotprojekt befasst sich mit der öster­reichweiten Visualisierung von Buchungs­anfragen in Echtzeit. Weitere Projekte wie Lern­allianzen und ein Innovationslabor stehen ebenfalls auf der Agenda der ÖW.
 
Mit dem Generalthema „Tourismusdestinationen im Wandel“ habe man den Puls der Zeit getroffen, sagt Andreas Purt, der stellvertretende Präsident des BÖTM. „Neben all den Trends  dürfen die persönliche Ansprache, die Menschlichkeit und Gastfreundschaft aber nicht zu kurz kommen.“

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