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Weinviertel Tourismus

Mehr als „in die Grean gehen“! Weinviertel weiterhin auf Erfolgskurs

Print-Ausgabe 19. November 2021

Yvette Polasek will das Angebot weiter ausweiten und neue Gäste ansprechen, u. a. aus Tschechien und der Slowakei


 

Yvette Polasek hat als neue Marketing & Sales-Leiterin von NÖs Region mit den stärksten Nächtigungszuwächsen der letzten eineinhalb Jahrzehnte viel vor

Einen starken Neuzugang erhielt im Oktober der Weinviertel Tourismus: Yvette Polasek (48), zuletzt sechs Jahre Direktorin von CzechTourism in Wien, hat die Leitung des Bereiches Marketing & Sales in Niederösterreichs Region mit den stärksten Nächtigungszuwächsen der zurückliegenden eineinhalb Jahrzehnte (plus 85 % 2005 bis 2019) übernommen. Wo die ausgebildete Slawistik- sowie Publizistik- & Kommunikationswissenschaftlerin (Uni Wien) sowie Absolventin des Hochschullehrgangs für Tourismus an der WU Wien künftig die Hebel ansetzen will, darum ging es im Gespräch mit T.A.I.:

T.A.I.: Das Weinviertel ist durch seinen Namen engstens mit dem Wein verbunden. Sehen Sie darin eher einen Vorteil oder kommen da andere Stärken der Region zu kurz?

Yvette Polasek: „Der Name sagt schon viel über das größte Weinbaugebiet Österreichs. Wir haben einen großen Wiedererkennungswert, der Name ist sozusagen selbsterklärend. Unsere Aufgabe ist es, einerseits aufzuzeigen, wie vielfältig das Weinerlebnis bei uns ist, und andererseits zu vermitteln, dass unsere Region nicht nur für Weinerlebnis steht, sondern ebenso für Kulinarik, Radtourismus, Geschichte, Authentizität, Genuss und vieles, vieles mehr.“

T.A.I.: Das Weinviertel hatte zwischen 2005 und 2019 die stärksten Zuwächse der sechs NÖ Tourismusregionen. Worauf führen Sie diese Entwicklung zurück?

Yvette Polasek: „Treiber waren neue Betriebe – einerseits größere Betriebe, wie das JUFA Hotel Eselsmühle, das Schlosshotel Mailberg oder der Ausbau des Althof Retz, um nur einige zu nennen, und andererseits eine Vielzahl an kleineren Vermietern, wie die Gästezimmer Vino Verde oder der Winzerhof Küssler und viele mehr. Die steigende Nachfrage zeigt uns, dass wir mit unserem Angebot richtig liegen. Und wir arbeiten weiter intensiv, um es weiter zu verbessern und auszubauen. Es waren aber nicht nur die Kapazitäten, die positive Entwicklung ist ein Zusammenspiel verschiedenster Faktoren. Im Weinviertel hat man sich bewusst Gedanken gemacht, wonach der Gast sucht und womit man ihn ansprechen könnte. Dementsprechend sind Angebote kreiert worden, wie Tafeln im Weinviertel, in die ‚Grean‘ gehen im Frühling, …“

T.A.I.: Verzeihen Sie: Was bedeutet „in die Grean gehen“?

Yvette Polasek: „Den Frühling begrüßen, Wein verkosten, Kellergassen entdecken und eine herrliche Heurigenjause genießen. Das ist ‚in die Grean gehen‘. Es handelt sich um einen Weinviertler Brauch, steht also für viel mehr, als die Dialektübersetzung ‚ins Grüne‘ gehen vermuten lässt.“

T.A.I.: Leider haben wir Sie jetzt unterbrochen …

Yvette Polasek: „Kein Problem. Also wir haben die genannten Angebote kreiert, wie auch den Weinviertler Advent oder die Radsternfahrten. Es hat in den letzten Jahren auch ein Umdenken im Urlaubsverhalten stattgefunden – Stichwort: Trend zum Kurzurlaub –, das den Urlaubszielen in nächster Umgebung Auftrieb gegeben hat. Diese Entwicklung freut uns sehr. Sie ist aber auch Impuls, uns nicht auf den erzielten Erfolgen auszuruhen.“

T.A.I.: Trotz dieser Erfolge ist das Weinviertel die kleinste NÖ Tourismusregion. Wo müssten die Hebel angesetzt werden, um den Abstand zu den übrigen zu verringern?

Yvette Polasek: „Hier stellt sich die Frage, ob Quantität, – also Nächtigungszahlen –, der einzige Maßstab für Erfolg sind. Die Landwirtschaft ist bei uns ein dominierender Wirtschaftsfaktor und der Tourismus steht in Ergänzung zu anderen Wirtschaftszweigen. Zudem war das Weinviertel über Jahrzehnte an zwei Seiten vom Eisernen Vorhang begrenzt. Die Region hat es in den letzten Jahren aber geschickt verstanden, ihr Potential zu nutzen: Als größtes Weinbaugebiet Österreichs, den Erfolg rund um die Herkunftsbezeichnung Weinviertel DAC und mit inzwischen rund 2.000 km gekennzeichneten Radwegen. Wir präsentieren uns als authentische Genussregion – ein Attribut, das unsere Gäste schätzen. Durch die Nähe zu Wien sind wir auch eine beliebte Tagesausflugsdestination, sodass sich Besucher*innen nicht immer nur anhand von Nächtigungszahlen messen lassen. Wir sind natürlich bestrebt, das Angebot weiter auszuweiten, neue Gäste anzusprechen, u. a. auch vermehrt aus den Nachbarländern Tschechien und Slowakei, doch stets mit dem Fokus, authentisch und natürlich zu bleiben.“

T.A.I.: Stichwort Tschechien: Was ist aus der Kooperation mit Südmähren im grenzüberschreitenden Radtourismus geworden?

Yvette Polasek: „Das Weinviertel pflegt traditionell eine enge Zusammenarbeit mit den benachbarten Regionen, auch mit Tschechien. Mittlerweile gibt es in beiden Ländern Weinradrouten, radfreund­liche Betriebe und einen regen Austausch. Eine Besonderheit ist die EuroVelo-Route 13, also der ‚Iron Curtain Trail‘, der 2021 zur Radroute des Jahres gekürt wurde und mit dem auch viele internationale Gäste angesprochen werden können.“

T.A.I.: Gibt es Pläne, um mit slowakischen Tourismusregionen zu kooperieren?

Yvette Polasek: „Unbedingt. Das Weinviertel liegt in unmittelbarer Nähe zu Tschechien und der Slowakei, sodass es schade wäre, wenn wir nicht noch enger zusammenarbeiten und uns nicht stärker bei unseren Nachbarn präsentieren würden. Beide Länder sind für uns interessante Quellmärkte, wo es gilt, noch ein großes Potential an Gästen ‚abzuholen‘. Hier ist es aber notwendig, dass wir dort verstärkt unsere USPs vorstellen.“

T.A.I.: Was erwarten Sie von der NÖ Landesausstellung 2022 im Marchfeld?

Yvette Polasek: „Viel. Die NöLa trägt den verheißungsvollen Namen ‚Marchfeld Geheimnisse. Mensch. Kultur. Natur.‘ (26.3. bis 13.11., Schloss Marchegg). Und Geheinisse sind da, um gelüftet zu werden. Die Landesausstellung gibt uns also die Möglichkeit, verstärkt auf das touristische Potential des Marchfelds aufmerksam zu machen, als Naherholungsgebiet direkt vor den Toren Wiens und der slowakischen Hauptstadt. Die NöLa lässt sich zudem mit vielen Aspekten kombinieren: Mit Natur – auf den Spuren biologischer Marchfeld-Produkte – oder Aktivsport, wie dem Fahrrad fahren; mit Geschichte – das Marchfeld war schon seit Urzeiten besiedelt und Schauplatz für Ereignisse, wie die Schlacht zwischen Přemysl Ottokar und Rudolf von Habsburg. Auch bedeutende Adelsgeschlechter haben hier Spuren hinterlassen. All diese Aspekte lassen wir ins Marketing einfließen, wie eine neue Entdeckerkarte für Besucher*innen, ein Gästemagazin in deutscher und slowakischer Sprache und die Website wird um zwei Sprachmutationen (englisch und slowakisch) erweitert.“

© Fotos: Niederösterreich Werbung / Franziska Consolati, Robert Herbst; WTG / Mandl, www.pov.at

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