ANA
T.A.I. Exklusiv-Interview

„Markt ist das beste Heilmittel!“ Erfolgs-Modell Salzburg unter der Lupe

Print-Ausgabe 19. Oktober 2019

Leo Bauernberger und LH Wilfried Haslauer

Manche Dinge geschehen, ohne dass die breitere Öffentlichkeit Augenmerk daran nimmt. Ein Beispiel ist das SalzburgerLand: seit der Jahrtausendwende legten die Nächtigungen um mehr als ein Drittel zu (deutlich stärker als der Österreich-Durchschnitt), die Internationalisierung schritt zügig voran, und während der Anteil am Nächtigungskuchen in den übrigen Bundesländern (Ausnahmen Steiermark und Wien) stagnierte bzw. rückläufig war, legte jener Salzburgs deutlich zu. Zufall? Scheinbar nicht. Welche Gründe ausschlaggebend waren, darum ging es im T.A.I.-Interview mit dem Geschäftsführer der SalzburgerLand Tourismus GmbH, Leo Bauernberger.

T.A.I.: Das SalzburgerLand kann auf eine beeindruckende Entwicklung seit der Jahrtausendwende zurückblicken. So wie es aussieht, setzt sie sich weiter fort. Was sind die Gründe?

Bauernberger: „Es ist ein Bündel an Faktoren. Monokausale Gründe gibt es nicht. Das SalzburgerLand hat eine attraktive und wettbewerbsfähige Angebotslandschaft, im alpinen Bereich sowohl im Winter mit leistungsfähigen Skigebieten als auch im Sommer mit dem Nationalpark. Dazu kommt ein attraktiver Mix aus Kulturprogrammen. Die Festspiele sind ein unheimlicher Turbo, die auf hohem Niveau noch zulegen. Dazu kommt ein Ganzjahresangebot, mit dem wir in den Zwischensaisonen punkten, wie Wellness und Thermen, unsere Vermarktungsoffensive als ‚Alpine Gesundheitsregion‘ oder dem MICE-Segment.“

T.A.I.: Was sind die weiteren?

Bauernberger: „Dazu gehört die internationale Anbindung: Der Flughafen Salzburg ist mit wichtigen internationalen Drehkreuzen wie Frankfurt oder London verbunden – alleine im Winter haben wir 25 Abflüge pro Woche nach UK – und auch mit der Bahn sind wir sehr gut erreichbar. Die Betriebe investieren pro aktiv und haben vor 10 bis 15 Jahren den alpinen Sommer wiederentdeckt. Ganz wichtig sind das Themen-Setting und das Zusammenspiel von Tourismus und Landwirtschaft. Wir haben vor über 20 Jahren damit begonnen. Ein Beispiel ist der Salzburger Bauernherbst, der dem SalzburgerLand in den Monaten September und Oktober viele Nächtigungen bringt.“

T.A.I.: In wie weit sind diese Nächtigungen dem Bauernherbst konkret zuordenbar?

Bauernberger: „Wir konnten seit dem ersten Bauernherbst vor 23 Jahren die Nächtigungen im Herbst um die Hälfte steigern, die Ankünfte sogar verdoppeln. Der Salzburger Bauernherbst ist verantwortlich dafür, dass viele Betriebe überhaupt im Herbst offen haben. Ein Beispiel von vielen ist die Region Hochkönig: Maria Alm und Dienten etwa haben mittlerweile einen ganzen Monat lang Bauernherbst. Früher wurde oft Ende August/Anfang September zugesperrt.“

T.A.I.: Wie sieht es mit weiteren Erfolgsgründen aus?

Bauernberger: „Wir haben generell eine Angebotsverbesserung auf breiter Linie, die mir wahnsinnig viel Freude macht, von Bewegung in freier Natur bis hin zu internationalen Top-Veranstaltungen im Bereich Sport und Kultur. Dazu kommt eine hervorragende Ausbildung der touristischen Nachwuchskräfte, etwa an den Salzburger Tourismusschulen oder der FH Salzburg, die beispielgebend ist in der Spezialisierung auf den digitalen Bereich.
Ein weiterer wesentlicher Grund: Im SalzburgerLand ist der Tourismus Chef-Sache. Der Landeshauptmann persönlich hat den Aufsichtsratsvorsitz in der Landestourismusorganisation. Der Tourismus ist für ihn die Garantie für einen prosperierenden ländlichen Raum. Die Zusammenarbeit Tourismus und Landwirtschaft steht bei uns im Regierungsprogramm. Landeshauptmann Wilfried Haslauer schaut bei der Mittelverteilung sehr genau darauf, um die Allianz der beiden für das SalzburgerLand so wichtigen Wirtschaftszweige zu stärken.“

T.A.I.: Können Sie ein konkretes Beispiel nennen?

Bauernberger: „Der 2004 gestartete Salzburger Almsommer – unsere führende Angebotsmarke in der Sommersaison – ist entstanden aus der strategisch festgeschriebenen Allianz von Tourismus und Landwirtschaft sowie der Almerhaltung im Regierungsprogramm. Die EU Hygienevorschriften hätten für viele unserer aktiv bewirtschafteten Almen das Aus bedeutet. Der 2004 gestartete Almsommer ist eine Angebotsfacette dazu. Wir haben 9.800 Bauern im Salzburger Land, davon arbeiten 4.000 vollbiologisch. 60 Prozent der Flächen sind in der Regel kleinstrukturiert und können großteils ohne Zuerwerb aus dem Tourismus nicht bestehen. Ca. 2.000 Bauern haben Almen. Sie sind die Speerspitze in den Gebirgsregionen und der Garant, dass diese Kultur- und Naturlandschaft bewirtschaftet bleibt. Wir würden andernfalls zwei Drittel dieser Landschaft und Wanderwege verlieren. Wir haben auf den Almsommer noch viele weitere Programme daraufgesetzt, mit Kulinarik und Brauchtum. Dadurch haben viele Jungbauern entschieden, weiter zu machen. All das macht eine erfolgreiche Destination aus.“

T.A.I.: Wie sieht es mit der Marke SalzburgerLand aus?

Bauernberger: „Sehr gut, wir haben einige internationale Brands, Mozart, die Salzburger Festspiele oder ‚Sound of Music‘ – ein ‚all time seller‘. Der Life Ball wurde heuer unter dieses Motto gestellt. Und auch ‚Stille Nacht‘ gehört dazu. Wer auf internationalen Märkten Salzburg anspricht, hat die entsprechenden Bilder im Kopf. Wir haben in diesem Zusammenhang u. a. ein dreijähriges Asien-Programm aufgelegt, gemeinsam mit der Österreich Werbung, um uns noch stärker zu positionieren.“

T.A.I.: Die SalzburgerLand Tourismus GmbH (SLTG) war damals im Jahr 1987 Vorreiterin, als es darum ging, die Landestourismuswerbung aus der hoheitlichen Verwaltung herauszulösen. War das auch einer der Gründe für die erfolgreiche Entwicklung?

Bauernberger: „Ja. Das Konzept hat sich bewährt, auch dass das Land Salzburg nicht die Mehrheit hat, sondern die regionalen Tourismusgesellschaften. Der Landeshauptmann und unsere Eigentümer lassen uns arbeiten. Martin Uitz (Anm.d.Red: Er war der erste Geschäftsführer der SLTG, Leo Bauernberger ist erst der zweite) hat immer gesagt: ‚Der Schwerpunkt muss auf der Angebotsentwicklung liegen.‘ Das, was wir jetzt mit ‚Stille Nacht‘ machen (Anm.d.Red.: Das Weihnachtslied feiert im Dezember 2018 sein 200-Jahr-Jubiläum), ist ein klassisches Beispiel dafür. Zwei Aspekte gibt es dabei: der eine ist die Knochenarbeit, um mit Angebotsträgern Dinge zu entwickeln, die wirtschaftlich Sinn machen.
Der andere Aspekt betrifft die Marktorientierung. Marketing darf nie zu einer Selbstdarstellung werden, auch wenn’s die eine oder andere Extrarunde dafür braucht. Der Markt ist das beste Heilmittel dafür. Er zeigt schnell, ob etwas Sinn macht oder nicht. Es verhindert, Marketing-Luftballons und Strohfeuer zu produzieren, wenn man mit Angebotsträgern arbeitet. Ich habe 10 Jahre in der Hotellerie gearbeitet und weiß, wo die Schlacht geschlagen wird. Wir müssen die Betriebe dabei unterstützen.“

T.A.I.: Bei der „Stille Nacht“-Kampagne arbeitet die SLTG aber nicht alleine …

Bauernberger: „Nein, und das ist auch gut so. Gemeinsam mit Tirol, Oberösterreich und der Österreich Werbung ist es uns gelungen, für ‚Stille Nacht‘ ein Kommunikations- und Marketingbudget von 1,5 Millionen Euro aufzustellen. Damit kann man auch international etwas erreichen. Die Wirtschaftskammer und hier insbesondere Petra Nocker-Schwarzenbacher und Martha Schultz persönlich haben uns hier fantastisch unterstützt. Martha Schultz (Anm.d.Red.: die Top-Touristikerin ist Vizepräsidentin der WKÖ) kommt aus dem Zillertal, sie ist seit frühester Kindheit mit dem Thema vertraut. ‚Stille Nacht‘ ist ein super Modell für die Zukunft, um gemeinsame Angebotsentwicklung auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene zu machen. Wir arbeiten auch anderweitig gut zusammen, etwa beim Thema Golf und zuletzt bei der Rad-WM. Events wie dieses strahlen positiv auf Österreich und das SalzburgerLand ab, auch wenn sie nicht direkt hier stattfinden. Ich bin dagegen, hier allzu kleingeistig zu denken.“

T.A.I.: Abschließend nochmals eine Frage zum Zusammenspiel von Tourismus und Landwirtschaft, bei dem das SalzburgerLand als Vorreiter gilt. Wie sehen Sie in diesem Zusammenhang die erstmalige Zusammenführung beider Bereiche auf Bundesebene im Ministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus?

Bauernberger: „Ich freue mich sehr darüber, dass diese im SalzburgerLand so gut funktionierende Allianz nun auch bundesweit gestärkt und auf eine breitere Basis gestellt werden soll.“

Leo Bauernberger und Lifeball-Organisator Gery Keszler

Kurzportrait Leo Bauernberger

Der gebürtige Oberösterreicher Leo Bauernberger startete seine Karriere nach absolvierter Kochlehre und Hotelfachschule bei der Hilton Group in der internationalen Hotellerie. 1987 wechselte Bauernberger mit dem „Tourism Team Austria“ in den Consulting-Bereich um zwei Jahre später bei der Österreich Werbung anzuheuern, wo er in den folgenden Jahren verschiedene Positionen im In- und Ausland innehatte. Seit 1996 gehört er zum Team der SalzburgerLand Tourismus GmbH, zunächst als Prokurist, seit 2002 als Geschäftsführer.
Bauernberger verfügt über einen Abschluss in Werbung und Marketing der WU Wien und ist Absolvent des Programms „International Executive MBA in General Management“ an der Universität Salzburg. Er ist verheiratet und Vater von zwei Söhnen.

Skistar Marcel Hirscher und Leo Bauernberger

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