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FHWien der WKW

(K)eine Frage von Relevanz! Duale Ausbildung wichtiger denn je

Print-Ausgabe 16. Dezember 2022

„Das duale Studium zeichnet sich durch einen Wechsel von Theorie- und Praxis­phasen aus“, berichtet Florian Aubke


 

Tourismusausbildung darf nicht nur akademisch, sondern muss auch praxisorientiert sein – die FH Wien bietet deshalb ihr Bachelorstudium in dualer Form an

Für die personalintensive Tourismusindustrie ist die Suche nach gut ausgebildeten Mitarbeiter*innen seit geraumer Zeit eine Herausforderung. Im Jahresschnitt beschäftigt die Branche in Österreich rund 150.000 Personen, was gut 5 % aller Beschäftigten entspricht. Der Tourismus gilt als Schlüsselsektor der österreichischen Wirtschaft und als Wachstumsbranche mit hohem Beschäftigungspotential. Der daraus resultierende Bedarf an Fachkräften beflügelt ein Angebot an Ausbildungsmöglichkeiten. Welche Rolle dabei Fachhochschulen (FHs) übernehmen können, dieser Frage ist Florian Aubke, Studienbereichsleiter Tourismus & Hospitality Management an der FHWien der WKW, nachgegangen. Letztere zeichnet sich dadurch aus, dass das Bachelorstudium Tourismus-Management nun auch als duales Studium angeboten wird.

1994 wurde die post-sekundäre Bildungslandschaft um die Fachhochschulen (FH) erweitert. Mittlerweile gibt es an sieben österreichischen Fachhochschulen Studienprogramme mit Tourismus-Fokus. FHs haben den Auftrag, Studiengänge auf Hochschulniveau anzubieten, die einer wissenschaftlich fundierten Berufsausbildung dienen. Damit bewegen sie sich im Spannungsfeld von wissenschaftlichem Kom­petenz­erwerb und Berufsorientierung. „Dieses Spannungsfeld ist Gegenstand von Diskussionen seitdem ich in der Tourismusausbildung aktiv bin“, so Florian Aubke.

Expert*innen unterscheiden sich vor allem in ihren Vorstellungen davon, welche Fertigkeiten und Kompetenzen Absolvent*innen im Rahmen von Tourismus-Management Studiengängen entwickelt werden sollten. Dies resultiert in einer oft bemängelten Lücke zwischen den Inhalten hochschulischer Tourismusprogramme einerseits und den Bedürfnissen der Tourismusindustrie andererseits.

Akademische Protagonisten be­fürchten eine Verwässerung wis­senschaftlich-methodischer Kompetenzen, wenn berufsspezifische Inhalte die Ausgestaltung der Studienpläne bestimmen. Dem gegenüber steht ein Bedarf, fachliche Kompetenzen speziell auf die Bedürfnisse des Unternehmens auszurichten und entsprechende Fähigkeiten für einen möglichst nahtlosen Einstieg in die Praxis zu ermöglichen. Diese Diskrepanz ist insofern problematisch, als dass es die Anerkennung von Studienabschlüssen im Tourismus schmälert.

Einigkeit herrscht darüber, dass das Ziel von Ausbildung sein sollte, die Berufsfähigkeit von Studierenden zu erhöhen und dass dies am besten über eine Verknüpfung von Ausbildung und Praxiserfahrung erreicht werden kann. Die Kompetenzorientierung ist ein Ansatz, die Berufsfähigkeit der Absolvent*innen zu erfassen und ihre Entwicklung zu steuern. Mitarbeiter*innen des Studienbereichs Tourismus und Hospitality Management bedienen sich des Modells von Heyse und Erpenbeck, die mit dem KODEX ein Instrument zu Erkennung und Messung von Kompetenzen entwickelt haben. Der KODEX ordnet 64 Kompetenzen in vier Kategorien: Personale Kompetenz, Aktivitäts- und Handlungskompetenz, Sozial-Kommunikative Kompetenz, sowie Fach- & Methodenkompetenz.

Mehrere Studien bestätigen, dass personale und sozial-kommunikative Kompetenzen für den Tourismus am ehesten relevant sind. Konkret wurden folgende Schlüsselkompetenzen identifiziert: Belastbarkeit, Eigenverantwortung, Lernbereitschaft, Beziehungsmanagement, Kundenorientierung, Kommunikationsfähigkeit, Zuverlässigkeit, analytische Fähigkeiten, Einsatzbereitschaft und ganzheitliches Denken. Die Herausforderung, diese Skills in der Studienplanentwicklung zu operationalisieren, bleibt jedoch bestehen. In der Praxis haben sich drei Zugänge durchgesetzt:

  1. Integrativer Ansatz: Hier findet die Entwicklung der Kompetenzen durchgehend statt, z.B. durch Projektarbeit und Case Studies.
  2. Paralleler Ansatz: Hier werden in extracurricularen Angeboten berufsspezifische Fertigkeiten vermittelt
  3. Praktischer Ansatz: Hier wird durch Berufspraktika die Entwicklung fachlicher Kompetenzen ermöglicht.

Aubke: „Fachhochschulen zeichnen sich durch einen engen Bezug zur Wirtschaft aus und integrieren daher meist alle drei Ansätze in ihren Programmen, wenn auch in unterschiedlicher Ausprägung.“ Es zeigt sich allerdings, dass die beschriebene Ausbildungslücke dadurch nicht unbedingt geschlossen wird.

Mit dem Ziel, die Berufsfähigkeit der Absolvent*innen zu erhöhen und eine stärkere Verbindung zwischen akademischer und praxisorientierter Ausbildung zu schaffen, bietet die FHWien der WKW das Bachelorstudium Tourismus-Management als duales Studium an. „Dieses zeichnet sich durch einen Wechsel von Theorie- und Praxisphasen aus, es findet eine Verzahnung der Lernorte Hochschule und Praxisbetrieb statt“, nennt Aubke einige der Vorzüge. Noch zentraler ist für ihn allerdings, dass die Praxisbetriebe eine aktive Rolle in der Ausbildung übernehmen, was zum gegenseitigen Verständnis beitragen und vielleicht irgendwann die Lücke zwischen Theorie und Praxis schließen soll. „Dies im Sinne der zukünftigen Mitarbeiter*innen im Tourismus“, so Florian Aubke abschließend.

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