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Österreich Werbung

„Die richtigen Schlüsse ziehen!“ Corona als große Tourismus-Chance

Print-Ausgabe 19. Februar 2021

Vorrangig sei eine noch stärkere Vernetzung des Tourismus mit den Regionen – Natur und Entschleunigung gewinnen – der Fokus liegt bis Sommer 2022 auf Nahmärkten

Die Corona-Krise ist nicht Auslöser von sich abzeichnenden grundlegenden Veränderungen im Tourismus – sowohl weltweit als auch in Österreich –, sondern hat Trends beschleunigt, die bereits davor deutlich erkennbar waren. „Die Anzeichen waren schon da, wie etwa die Thomas Cook-Insolvenz oder die Diskussionen rund um Overtourismus gezeigt haben“, so PetraStolba, Geschäftsführerin der Österreich Werbung (ÖW), Mitte Februar bei einem Online-­Meeting, an dem auch T.A.I. teilnahm. 

Die entscheidende Frage, um die es derzeit gehe, umreißt die ÖW-Chefin wie folgt: „Wie soll der Tourismus nach der Krise aussehen, wie das ,neue Normal‘? Mit welchem Tourismus können wir in Zukunft die höchste Wertschöpfung erzielen?“ 

Im Vordergrund stünden vor allem die Themen Nachhaltigkeit und Klimawandel. Einen Lösungs­ansatz zeichnet Petra Stolba bereits vor: „Österreichs Tourismus muss MIT und darf NICHT VON den Regionen leben! Die Vernetzung mit den Regionen muss funktionieren.“ Nachsatz: „Genau diese Diskussion muss jetzt geführt werden. Der Tourismus muss sich noch viel mehr vernetzen.“ 

Die Österreich Werbung sei diesbezüglich „extrem stark im Einsatz.“ Denn im Vergleich zu anderen Ländern herrsche hierzulande im Tourismus eine sehr hohe Internationalität. Petra Stolba: „Das ist derzeit ein großer Nachteil.“ So betrage der Anteil ausländischer Gäste in der Alpen- und Donau­republik 74 Prozent. In der Schweiz sind es nur 55 Prozent, in Italien 50 Prozent, in Frankreich 37 Prozent und in Deutschland gar nur 24 Prozent. 

Ähnlich sieht es bei den touristischen Pro-Kopf-Einnahmen aus. „Österreich ist bei den EU-15 führend“, so Petra Stolba (Anm.d.Red.: Bei den EU-15 handelt es sich um die 15 Länder, die zwischen dem Österreich-Beitritt rund um die vierte EU-Erweiterung im Jahr 1995 und der fünften Erweiterung/Osterweiterung 2004 EU-Mitglieder wurden). Beliefen sich die Pro-Kopf-Einnahmen aus dem Tourismus im Jahr 2019 in Öster­reich auf 2.291 Euro, so lagen sie beispielsweise in Griechenland mit 1.692 Euro deutlich darunter. In Deutschland machten die Tourismus-Einnahmen 2019 sogar nur 439 Euro pro Kopf aus. 

Österreich sei „ein kleines Land, kommt aber auf einen Anteil von 2,16 Prozent der weltweiten Ankünfte. Es findet sich damit unter den Top 12 bis 13 Ländern der Welt“, so Petra Stolba. Zum Vergleich: Österreichs Anteil an der Weltbevölkerung liegt aktuell bei 0,11 Prozent, der Anteil am Welt-BIP erreichte 2019 laut Welt Bank 0,51 Prozent (Rang 28). 

Für Petra Stolba steht – unabhängig von der gegenwärtigen Beeinträchtigung durch die Corona-­Pandemie – fest: „Der Tourismus ist eine Wachstumsbranche ohne­gleichen.“ Seit 1950, als es erstmals Aufzeichnungen über den weltweiten Tourismus gab, kletterte die Zahl der internationalen Ankünfte um fast das 60-fache von 25 Millionen auf 1,459 Milliarden. Ohne Corona schätzte die World Tourism Organisation (UN-WTO) den bis 2030 erreichbaren Level auf 1,8 Milliarden. 

Von diesem Kurs ist der Welt­tourismus vorläufig weit abgedriftet: Zwischen Jänner und Oktober 2020 brachen die internationalen Ankünfte laut World Tourism Organisation um 72 Prozent ein (in Europa waren es minus 68 Prozent). Im Gesamtjahr könnte sich der Rückgang auf minus 75 Prozent ausgeweitet haben, was ein Schrumpfen auf 365 Millionen internationale Ankünfte bedeuten würde. Das Vor-Krisen-Niveau von 2019 dürfte nach jüngsten UN-WTO-Einschätzungen nicht vor 2023 wieder erreicht werden. Im aktuell schlechtesten Szenario geht die World Tourism Organisation von Ende 2024 aus. 

In der aktuellen Krise performen laut Petra Stolba Österreichs Nachbar­länder Deutschland und die Schweiz „in etwa gleich“, wobei Österreich durch die erwähnte hohe Internationalität die Auswirkungen stärker zu spüren bekomme: „Es ist nicht möglich, durch den großen Ausländeranteil den Ausfall der internationalen Gäste zu kompensieren.“ 

Dies habe auch große Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft, wie sich aus dem wöchentlichen BIP-Indikator der OeNB (Österreichische National­bank) gut herauslesen lasse. Anfang Februar 2021 beispielsweise schrumpfte Österreichs BIP um minus 10,5 Prozent, wobei die komplett eingebrochenen Tourismus-Exporte (BIP-­Anteil  von minus 3,5 Prozent) ein Drittel davon ausmachten. 

Die Hoffnung besteht, dass sich die Reisetätigkeit durch die kommenden Impfungen wieder erholen wird. Es sei aber aufgrund der unterschiedlichen Reise-Regime bei den Quellmärkten ein „Fleckerl­teppich“ zu erwarten (Petra Stolba drängt deshalb, wie viele andere im Tourismus, auf eine EU-weit einheitliche Lösung).

 Ebenso werde man diverse „Reise­korridore“ sehen, die zwischen einzelnen Ländern entstehen. Als Beispiel nannte die ÖW-Chefin jenes in der Vorwoche von Israel und Griechen­land vereinbarte Abkommen, demzufolge es Gästen mit Impfbescheinigungen fortan erlaubt ist, ohne jegliche Einschränkungen zwischen beiden Ländern zu reisen. 

Für den Tourismus werde es jedenfalls bis zum Sommer 2022 „einen deutlichen Nahmarkt-Fokus geben“. Natur und Entschleunigung seien dabei Trends, die stark im Vormarsch sind, während es der „Städtetourismus aller Voraussicht nach wirklich schwer haben wird“. Entscheidend in diesem Zusammenhang sei vor allem auch die weitere Entwicklung bei den Fluggesellschaften.

Die Österreich Werbung selbst sei „extrem stark im Einsatz“. Im Vordergrund stehen vor allem „inspirieren, informieren und Image verkaufen.“ So wurde für die Branche unter anderem das „ÖW Global Dashboard“ entwickelt, das für die wichtigsten Herkunftsländer Infor­mationen zur 7-Tage-­Inzidenz oder die Impf-­Statistik liefert, die tagesaktuelle Entwicklung der Buchungslage in der alpinen Ferienhotellerie zeigt, die Entwicklung der Flugankünfte veranschaulicht und vieles mehr. Petra Stolba: „So erfährt man, wo die Quellmärkte derzeit bezüglich Bekämpfung der Pandemie stehen.“ 

Den Gästen wiederum wird vermittelt: „Vergesst uns nicht, bleibt zuversichtlich, wir freuen uns auf ein Wiedersehen.“ Wenn es nach Petra Stolba geht, wird dies nicht „als Rückkehr zum alten Normal“ geschehen, sondern in einem touristischen Umfeld, das die rich­tigen Schlüsse aus der Krise gezogen hat. 

Gerhard Sindelar
22. 2. 2021
Eine andere Art der Digitalisierung
Nicht nur die Tourismus Branche, sondern auch viele andere befinden sich nach wie vor im "pull" anstelle im „push“ Modus. Sie hoffen, dass ihre Webseiten besucht und ihre Angebote gefunden werden.
Fallbeispiel: Verlängertes Wochenende in der Wachau mit E-Bike und Stiftsführung. Habe ich zufällig die Idee, danach zu suchen, benötige ich mehr als 6 Klicks, um auf einer entsprechenden Website (ist dem Verfasser bekannt), das Angebot zu finden. es öffnet sich ein formular, wo ich alle möglichen daten eingebe. Dieses sende ich an die Tourismusstelle, die die Verfügbarkeit überprüft und nach 2-3 Tagen erhalte ich die Antwort, dass kein e-Bike verfügbar ist.
Ob ich einen alternativ Termin haben möchte? Dasselbe Spiel noch einmal. Nein.
Was ich mir erwarte: Visualisierte Angebote als WebApp direkt auf mein Mobiltelefon ( mit WebSMS und programmatischer Werbung = push) und mit einem Klick buchen. Und über den Channel Manager direkte Notifikation der Anbieter.
Hier eine mögliche Lösung – Digitalisierung auf den Boden gebracht:

https://youtu.be/3aJIJoxR4IE

ich freue mich auf ihre Rückmeldung
Gerhard Sindelar

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