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Tourismus-Sommer 2021

7-Tages-Inzidenz ist nicht alles! BÖTM-Präsident und Italiens Gesundheitsminister fordern Umdenken

T.A.I. 24 TOP News

Es ist Halbzeit im Österreich-Sommer 2021, der nach Ansicht vieler BranchenexpertInnen schwieriger wird als jener im Vorjahr. In der Region Schladming-Dachstein, wo der seit bald zwei Jahren amtierende Präsident des BÖTM (Bundesverband Österreichischer Tourismusmanager), Mathias Schattleitner, als Geschäftsführer der Tourismusmarketing GmbH fungiert, lief die Saison bisher erfreulich: „Wir haben gute Zahlen“, so Mathias Schattleitner im Gespräch mit T.A.I.

Die zentrale Frage sei aber, „was kommt auf uns zu?“, betont Schattleitner angesichts der europaweit steigenden Infektionszahlen. Entscheidend sei in den „nächsten Wochen, wie sich die Lage entwickelt.“

Sicherheitskonzepte greifen

In diesem Zusammenhang sei es beruhigend, dass sich Österreich „durchaus noch im guten, absolut besten Feld“ bewege: Die 7-Tages-Inzidenz liegt mit 26. Juli bei 28,1. Zum Vergleich: Deutschland als mit Abstand wichtigster Quellmarkt, hält bei 14,1. In den Niederlanden als zweitwichtigstem Herkunftsland sind es 266,4, in der Schweiz (drittstärkster Quellmarkt) 54,2, in Italien 49,5. Die übrigen Nachbarländer Österreichs liegen teils deutlich darunter.

Mathias Schattleitner („Ich schaue lieber in die Zukunft“) ist jedenfalls überzeugt, dass der Österreich-Tourismus „im Sommer funktionieren wird. Die Sicherheitskonzepte in der Hotellerie, in der Gastronomie und in den Seilbahnen sind gut.“ Für den bisherigen Problembereich Nachtgastronomie gelten zudem seit 22. Juli neue Regeln (Zutritt nur mehr für geimpfte Personen sowie mit aktuellem, maximal 72 Stunden alten negativem PCR-Test).

Ruf nach neuen Maßzahlen

Wobei Schattleitner der Ansicht ist, dass in Zukunft aufgrund der bereits hohen Impfquote (in Österreich waren per 26. Juli 48,7 % der Bevölkerung vollständig geimpft, in Deutschland 49,02 %) die Inzidenz-Zahlen nicht mehr als einziger bzw. wichtigster Gradmesser sein dürfen. „Die Bevölkerung braucht Maßzahlen, die verständlich und aussagekräftig sind, um die Gefährdung richtig einschätzen zu können.“

Erst vor wenigen Tagen hatte die Regierung Italiens laut ORF.at angekündigt, neue Kriterien zur Bewertung der epidemiologischen Lage einführen zu wollen. Die Entwicklung der Infektionszahlen soll demnach in Italien „weniger bis gar nicht mehr maßgeblich“ sein. Stattdessen wäre „die Auslastung der Betten auf den Covid-19-Abteilungen in den Spitälern der Regionen“ stärker zu berücksichtigen. „Bei fortgeschrittener Impfkampagne ist das vernünftig“, so Italiens Gesundheitsminister Roberto Speranza. „Die Hospitalisierungsrate muss bei den Eindämmungsmaßnahmen nunmehr stärker ins Gewicht fallen als andere Parameter.“

Spitals- und Intensivaufenthalte wachsen unterproportional

Fest steht, dass die Spitals- und Intensivaufenthalte zwar steigen, bei weitem aber nicht in dem Ausmaß, wie es das aktuelle Infektionsgeschehen vermuten ließe. So erreichen laut T.A.I.-Recherche auf den Balearen die neu registrierten Fallzahlen pro 100.000 EinwohnerInnen im 7-Tages-Schnitt neue Rekordwerte (463 waren es am 26. Juli), der Anteil der belegten Intensivbetten mit Covid-PatientInnen bewegt sich aber mit nur 24 % nach wie vor im grünen Bereich.

Zum Vergleich: Mitte Jänner 2021, als das Infektionsgeschehen mit damals 344 Neuinfektionen der Höchstwert der zweiten Welle erreicht hatte, waren es bereits 67 %. Die Intensiv-Spitze wurde zwei Wochen später mit 74 % erreicht. In Großbritannien, dem im Zuge der dritten Welle zuletzt am heftigsten getroffene Land Europas, ist eine vergleichbare Entwicklung festzustellen. Standen Mitte Jänner 2021 täglichen Neuinfektionen von 40.000 bis 50.000 rund 4.000 belegte Intensivbetten gegenüber, so sind es derzeit bei gleich hohen Infektionen nur rund 700 Intensiv-PatientInnen.

Ein Umdenken bezüglich heranzuziehender Maßzahlen – wie es Mathias Schattleitner fordert und Italiens Gesundheitsminister Roberto Speranza angekündigt hat – erscheint damit ein Gebot der Stunde.

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