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Kongress-Branche

Lockerungs-Fahrplan ist zu wenig! Nur Maßnahmenpaket kann 2021 retten

T.A.I. 24 TOP News

Für Österreichs Veranstaltungs-, Messen- und Kongress-Branche ist seit vergangenem Wochenende erstmals seit dem Lockdown wieder ein Licht am Ende des Tunnels sichtbar. Per Verordnung wurden von der Bundesregierung die wichtigsten Details zur Abhaltung von Messen und Kongressen festgelegt. Das gebe „der Branche wieder Perspektiven“, kommentierte Tourismusministerin Elisabeth Köstinger den Erlass.

Der Präsident des Austrian Convention Bureaus (ACB), Gerhard Stübe, spricht von einem „sehr wichtigen Zeichen für die gesamte Veranstaltungsbranche.“ Eine wesentliche Frage sei aber hingegen nach wir vor ungelöst, wie Gregor Kadanka (Bild), Vorsteher des Fachverbandes der Reisebüros in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) und Chef des Kongress-Spezialisten Mondial, im Gespräch mit T.A.I. betont: jenes der Risiken.

Wichtig: Staatshaftung

Gregor Kadanka: „Was passiert, denn ein Mitarbeiter des Veranstalters einen oder mehrere Kongress-TeilnehmerInnen ansteckt? Können die einen verklagen?“ Laut Kadanka könne dieser theoretische Fall in der Praxis z.B. zehn hochrangige Ärzte aus den USA betreffen. Kadanka: „Da hilft nur irgendeine Form von Rechtsschutz und zwar mit Staatshaftung, möglicherweise in Zusammenarbeit mit einer der großen Versicherungen.“ Denn, so Kadanka: „Dieses Problem kann nicht alleine Kongress-Veranstaltern umgehängt werden.“

Wichtig: Ausfallshaftung durch die Republik

Ein weiterer, von den Maßnahmen nicht berücksichtigter Bereich betrifft die traditionell langen Vorlaufzeiten für Kongresse. „Wir reden vom Jahr 2021“, so Kadanka, denn die großen Kongresse für heuer sind durch die Bank bereits abgesagt worden, „auch wenn sie im Herbst stattgefunden hätten.“

Worauf der Mondial-Chef genau hinaus will, ist die Klärung der Frage, was passiert, wenn z.B. 2021 die Infektionen wieder ansteigen und der betreffende Kongress 3 Tage vor seinem Start abgesagt werden muss. Gregor Kadanka regt hier als Lösung das Modell der Ausfallshaftung durch die Republik an: „Das hatten wir schon einmal“, erinnert er an jene Zeiten, als Mitte der 1980er Jahre aufgrund der Wahl von Kurt Waldheim zum Bundespräsidenten viele Länder mit Sanktionen gegen Österreich reagiert hatten.

Wichtig: Förderungen

Der dritte ungelöste Bereich bezieht sich auf das, was Gregor Kadanka als „das normale wirtschaftliche Risiko“ bezeichnet: „Ein Kongress lebt von den Teilnehmer-Gebühren. Wenn Gäste nicht einreisen dürfen oder Firmen sagen, dass ihre Mitarbeiter nicht kommen dürfen, dann geht sich das mit dem Budget nicht aus.“

Hier reiche nicht eine Maßnahme, sondern man müsse sich viele Maßnahmen überlegen. Kadanka: „Derzeit dürfen von den weltweit rund 190 Ländern nur 31 nach Österreich kommen.“ Als Unterstützung sieht hier der Mondial-Chef „alle Arten von Förderungen“ als hilfreich an. „Da müssen sich Staat, Länder und Städte etwas einfallen lassen. Sonst kommt das Kongress-Geschäft nicht wieder in Gang.“

Rasch handeln, sonst ist 2021 gelaufen!

All diese Maßnahmen müssten „rasch, gut und geschickt“ umgesetzt werden. Laut Gregor Kadanka liege der diesbezügliche Zeithorizont bei maximal zwei Monaten: „So schnell muss das fixiert sein, weil dann werden die Entscheidungen für 2021 getroffen.“ Und: „Wenn wir das gut machen, haben wir einen echten USP!“ Motto: „Mach‘ deinen Kongress in Österreich.“

Andernfalls würden „die Stadthotellerie und alle, die an Kongressen dranhängen, also Locations, Caterer, Technikanbieter etc., auch 2021 leiden.“

ACB-Präsident Gerd Stübe sieht es genauso: „Unser Appell an die Regierung, gerade für unsere Branche langfristige Hilfs- und Konjunkturpakete zu schnüren, bleibt nach wie vor aufrecht. Denn aufgrund unserer langen Vorlaufzeiten für die Planung von Veranstaltungen, sind wir auch nach einer erhofften Lockerung ab 01.09. noch weit weg von jeglicher Normalität.“

Es geht um 8,9 Mrd. Euro Wertschöpfung

2018 fanden in Österreich über 21.000 Veranstaltungen (Kongresse, Tagungen, Messen etc.) mit rund 1,7 Millionen TeilnehmerInnen statt. 10 % der Kongresse und Tagungen hatten eine Teilnehmerzahl von mehr als 500 Personen.

Ein Viertel der Veranstaltungen betraf Kongresse. Diese geben 664 Messe- und Kongressveranstaltern und rund 4.000 Beschäftigten im Jahresdurchschnitt Arbeit. In Summe erwirtschaftet die Veranstaltungswirtschaft rund 8,9 Mrd. Euro an Wertschöpfung.

Lockerungs-Fahrplan für Messen & Kongresse

Lockerungs-Fahrplan für Messen & Kongresse

  • Regelungen für Fach- und Publikumsmessen (gültig seit 15. Juni):
  • Die Abstandsregeln müssen eingehalten werden; wenn das nicht möglich ist, ist ein Mund-Nasenschutz zu tragen.
  • Bewilligung der örtlich zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde notwendig.
  • Voraussetzung für diese Bewilligung ist die Bestellung eines COVID-19-Beauftragten und ein COVID-19-Präventionskonzept des Veranstalters.
  • Das COVID-19-Präventionskonzept ist vom Veranstalter wie folgt umzusetzen:
  1. Vorgaben zur Schulung der Mitarbeiter
  2. Regelungen zur Steuerung der Besucherströme
  3. Spezifische Hygienevorgaben
  4. Regelungen zum Verhalten bei Auftreten einer SARS-CoV-2-Infektion
  5. Regelungen betreffend die Nutzung sanitärer Einrichtungen
  6. Regelungen betreffend die Verabreichung von Speisen und Getränken.

 Regelungen für Veranstaltungen:

  • Veranstaltungen (Seminare Hochzeiten, Geburtstagsfeiern, etc.) sind seit 29.5. für bis zu 100 Personen zulässig
  • ab 1. Juli 2020 sind Veranstaltungen mit zugewiesenen und gekennzeichneten Sitzplätzen Indoor für 250 Personen und Outdoor für 500 Personen möglich.
  • Mit 1. August 2020 werden diese Höchstwerte auf Indoor 500 Personen und Outdoor 750 Personen erhöht.
  • mit Bewilligung der Bezirksverwaltungsbehörden können diese Höchstwerte ebenfalls ab 1. August 2020 auf Indoor 1.000 Personen und Outdoor 1.250 Personen ausgeweitet werden.

Für landwirtschaftliche Messen wurde folgende Regelung getroffen:

  • Messe Wels mit Agraria (nächster Termin Herbst 2020): mehr als 80.000 Besucher
  • Agro Alpin Innsbruck: über 20.000 Besucher, 300 Aussteller, nächster Termin Herbst 2020 (2-jährig)

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