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Catering

Event-Caterer sagen Lebensmittelabfallwahn(sinn) den Kampf an

ACB Magazin März 2019

In vier österreichischen Catering-Betrieben wurden erstmals Lebensmittelabfallanalysen durchgeführt. Die Ergebnisse bescheinigen der Branche ein hohes Einsparpotenzial. Betriebe und Kunden sind gleichermaßen gefordert.

Die heimische Eventcatering-Branche blickt auf ein arbeitsreiches Jahr zurück – auf unzähligen Firmen- und Privatveranstaltungen hat sie ihre Kunden mit kulinarischen Highlights verwöhnt. Verborgen bleiben hingegen die zahlreichen Lebensmittelabfälle, die bei solchen Events anfallen. Welches Einsparpotenzial in diesem Bereich liegt und welche Maßnahmen umgesetzt werden können, wurde nun von der Initiative United Against Waste (UAW) und der Universität für Bodenkultur Wien (BOKU) in Zusammenarbeit mit vier engagierten Catering-Anbietern – Amon’s Delicious Catering, BRoK Catering Company, impacts Catering und Ploberger Catering – untersucht.

Hohe Abfallquoten besonders im Bereich der Überproduktion „Die Ergebnisse bestätigen unsere bisherige Annahme, dass im Eventcatering im Durchschnitt höhere Mengen an Lebensmittelabfällen entstehen als in anderen Bereichen der Außer-Haus-Verpflegung. Der überwiegende Teil der Abfälle entsteht hierbei im Bereich der nicht ausgegebenen Speisen, also der Überproduktion. Besonders oft bleiben Sättigungsbeilagen, Gemüse und Obst sowie Süßspeisen übrig“, fasst Gudrun Obersteiner vom Institut für Abfallwirtschaft an der BOKU die Resultate der Untersuchungen zusammen.

Die BOKU hat im Herbst/Winter 2017 in den vier Catering-Betrieben die Quellen und Ursachen der anfallenden Lebensmittelabfälle auf Basis einer eigens entwickelten Analysemethodik untersucht. An je einem ausgewählten Erhebungstag wurden die gesamten anfallenden Lebensmittelabfälle, von der Lagerung über die Produktion bis zu den Teller- und Buffetresten, von allen stattfindenden Events gesammelt und anhand von acht Produktgruppen (z.B. Fleisch, Stärkeprodukte, Gemüse, Salat, Suppen) sortiert. Der mittlere Verlustgrad (Verhältnis des vermeidbaren Lebensmittelabfalls zum ausgegebenen Essen, exklusive Zubereitungsreste) der untersuchten Catering-Betriebe liegt mit 38 % über jenem der Gastronomie (14 %), Beherbergung (21 %) sowie Großküchen (22 %). Obersteiner fügt diesen Zahlen hinzu: „Das Sample von vier untersuchten Cateringbetrieben ist noch zu gering, um repräsentative Aussagen für die Branche treffen zu können. Obwohl noch weitere Untersuchungen notwendig sind, deutet alles darauf hin, dass es beim Lebensmittelabfall im Eventcatering ein enormes Einsparpotenzial gibt!“

Trotz schwieriger Rahmenbedingungen für die Branche gibt es Handlungsmöglichkeiten

Die Erhebungsergebnisse der BOKU wurden vom renommierten Haubenkoch und Küchen-Consultant Siegfried Kröpfl mit den einzelnen Betrieben nachbesprochen. Im Rahmen einer Vor-Ort-Analyse der Arbeitsstrukturen und Kommunikationsabläufe wurden die zentralen Einsparpotenziale identifiziert.

„Die vergleichsweise hohen Verlustquoten im Catering sind auf die schwierigen Rahmenbedingungen der Branche zurückzuführen. Aufgrund der räumlichen Trennung zwischen Küche und Veranstaltungsort ist eine bedarfsgerechte Nachproduktion vor Ort nicht möglich, weshalb von vornherein meist ein Puffer mit eingerechnet wird. Darüber hinaus sind die Caterer bei der Planung auf Informationen ihrer Kunden angewiesen, denen oft das Know-How für eine realistische Einschätzung der benötigten Speisemengen fehlt“, fasst Kröpfl seine Beobachtungen zusammen. Der Experte rät: „Für die Zukunft ist wichtig, dass Kunde und Caterer zusammen planen. Das heißt, die Kommunikation sollte nicht bei der Auftragsbestätigung enden. Kennzahlen zu den Gästen wie Anteil an Männern und Frauen, Tätigkeit z.B. Baustelle oder Büro, Tageszeit und Dauer der Veranstaltung sowie Details dazu, ob das Essen im Stehen oder Sitzen, in Form eines Buffets oder servierten Menüs stattfindet etc. sind für den Caterer sehr wichtig und sollten vorab besprochen werden.“

Die Vor-Ort-Analysen zeigen, dass Caterer trotz vorherrschender Umstände einen wesentlichen Teil des entstehenden Abfalls durch umsichtige Planung und gute Organisation vermeiden können. Kröpfl hierzu: „Verwendung einheitlicher Rezepturen, Reduktion der Angebotsvielfalt, Auswertung der Retourwaren oder laufende Kommunikation zwischen Verkauf und Küche – das sind nur einige der Stellschrauben, an denen die Betriebe drehen können!“ Nach Einschätzung von Kröpfl ließen sich mit solchen Maßnahmen bis zu 30 % des entstehenden Lebensmittelabfalls rasch und ohne negative Auswirkungen auf die Service- und Speisenqualität einsparen. Für die teilnehmenden Betriebe würden sich dadurch Kostenreduktionen von durchschnittlich 15.000 Euro pro Jahr erzielen lassen.

Cateringbetriebe setzen Massnahmen und engagieren sich für weniger Lebensmittelabfall

Das Projekt hat gleichzeitig gezeigt, dass für eine nachhaltige Reduktion der Lebensmittelabfälle im Event-Catering auch ein Umdenken bei den Kunden stattfinden muss: „Derzeit kann man als Catering-Betrieb nur wettbewerbsfähig sein, wenn man seinen Kunden garantiert, dass keine Speisen im Verlauf eines Events ausgehen. Das ist eine der zentralen Ursachen für die hohen Überproduktionen. Hier benötigt es eine breite Sensibilisierung der Öffentlichkeit sowie Mut bei den Event-Planern, diesen Teufelskreis zu durchbrechen“, bringt es Siegfried Kröpfl auf den Punkt. „Die Gastronomie und besonders die Caterer sind in einer Position, wo es schwierig ist, beim Kunden NEIN zu sagen. Doch Lebensmittel sind wertvoll und müssen auch so angesehen werden. Es gilt hier das Verständnis bei Kunden und Caterern zu sensibilisieren.“ Hierfür empfiehlt der Gastromie Consulter Vergleichswerte anderer Betriebe zu angefallenen Abfallmengen, Einsparungspotentialen etc. heranzuziehen.

Einsparung von Lebensmittelabfällen dank Green Meeting

Der Vermeidung von Lebensmittelabfällen auf Veranstaltungen widmet sich auch die Initiative für Green Meetings und Events des österreichischen Umweltzeichens, wobei diese von der Anreise bis zu Abreise der Veranstaltungsteilnehmer in allen Bereichen auf Nachhaltigkeit setzen. Bezüglich des Caterings schreibt die Richtlinie UZ 62 neben der Verwendung von regionalen und saisonalen Produkten auch ein verantwortungsvolles Management vor. Abfälle im allgemeinen, also Lebensmittel-, Verpackungs- und Einweggeschirrüberreste sollen vermieden und gegebenenfalls fachgerecht getrennt und entsorgt werden. Cateringbetriebe, welche mit dem Umweltzeichen zertifiziert sind, verfügen über Know-How und Erfahrungen im Bereich der umweltfreundlichen Betriebsführung und sind somit geeignete Partner bei der Durchführung eines ressourcenschonenden Caterings.

United Against Waste

United Against Waste wurde im Jahr 2014 in Form einer branchenübergreifenden Plattform ins Leben gerufen. Gemeinsam verfolgen Unternehmen aus dem Food Service Markt sowie Bund, Länder, Wissenschaft und NGOs ein ambitioniertes Ziel: Die vermeidbaren Lebensmittelabfälle in Küchenbetrieben sollen bis zum Jahr 2030 um die Hälfte reduziert werden. Auf der Website finden Sie Vergleichswerte und hilfreiche Tipps.

www.united-against-waste.at

Green Meetings & Events

 2010 veröffentlichte das österreichische Umweltzeichen die Umweltzeichenrichtlinie 62 für Green Meetings und Green Events. Diese dient als Gütesiegel für Veranstaltungen, die auf Klimaschutz, regionale Wertschöpfung und Sozialverträglichkeit setzen. Erfahrene Partner für Catering und weitere Bereiche finden Sie online.

www.umweltzeichen.at

Steckbrief Siegfried Kröpfl

Siegfried Kröpfl ist selbstständiger Gastronomie Consulter mit Schwerpunkt auf vegane Küche. Der Haubenkoch arbeitete bereits in zahlreichen Restaurants, Hotels und auch in der Kongressgastronomie. Aktuell bietet er Seminare, Kochkurse sowie Gastro-Konzeptentwicklung an, unterrichtet an der Gewerbefachschule Wien (GAFA) und leitet die Vegucation-Ausbildung zur zertifizierten vegan-vegetarischen Fachkraft.

www.siegfriedkroepfl.com

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Erstellt am: 31. März 2019

Fotos: © bildgewaltig.at

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