ANA
Bachelorarbeit

Die Implementierung der Erlebniskomponente in der österreichischen Kongress- und Tagungsbranche

ACB Magazin Dezember 2018

„Die Veranstaltungsbranche ist im Umbruch“ (www.futuremeetingspace.de 2016, S. 4)

...oder zumindest sollte sie das sein. Die Veränderung der Teilnehmerbedürfnisse, wirtschaftliche Herausforderungen, aktuelle Erkenntnisse der Lernforschung und technologische Entwicklungen machen eine Veränderung der alten Formate notwendig. Der Kongress der Zukunft muss innovativer und interaktiver sein, aber vor allem soll er begeistern. (Vgl. Business Events Canada 2017; Gleich 2014, S. V)

Trotz der veränderten Anforderungen an Kongresse bleiben die Ziele der Veranstalter und Teilnehmer weitgehend gleich. So stehen weiterhin Lernen und Netzwerken an oberster Stelle. (Vgl. The Experience Institute 2017, S. 10)

Das Ziel dieser Bachelorarbeit ist es, zu untersuchen, welche Möglichkeiten es zur Schaffung besonderer Erlebnismomente auf Kongressen gibt, denn dies ist eine Möglichkeit, Kongresse nach den Wünschen der Teilnehmer zu gestalten. Mittels empirischer Forschung soll weiters erhoben werden, welche Erlebniselemente tatsächlich in der Praxis eingesetzt werden und wie weit der Erlebnistrend bereits in der österreichischen Kongress- und Tagungsbranche angekommen ist.

Methodik

Die Erhebung der empirischen Daten für diese Arbeit erfolgte mittels leitfadengestützter Experteninterviews. Die Interviewpartner wurden in persönlichen Gesprächen dazu befragt, welche Erlebniskomponenten sie vor, während und nach dem Kongress einsetzen, welche Ziele sie mit deren Einsatz verfolgen, auf welche Hürden sie in der Planung und Umsetzung stoßen und wie ihre Einschätzung zur Relevanz des Erlebnistrends für die Kongressbranche ist. Die Interviewergebnisse wurden im Anschluss transkribiert und die Kernaussagen mittels einer Inhaltsanalyse nach Mayring identifiziert.

ExpertInnen

Befragt wurden fünf österreichische Veranstalter von verschiedenen Verbänden/Gesellschaften/Unternehmen, die bei der Planung und Durchführung von nationalen Wirtschaftskongressen mit mind. 250 Teilnehmern, die zwischen 2016 und Jänner 2018 in Österreich stattgefunden haben, mitwirkten. Bei allen untersuchten Kongressen handelt es sich um wissenschaftliche Branchenveranstaltungen zu folgenden unterschiedlichen Fachbereichen: Qualitätsmanagement, Kommunikation, Personalmanagement, Bautechnik und Hotellerie.

Ergebnisse

Die theoretische Aufarbeitung des Themas hat ein Spektrum an Möglichkeiten für die Erlebnisschaffung auf Kongressen in den Bereichen Veranstaltungsräumlichkeiten, wissenschaftliches Programm und Rahmenprogramm hervorgebracht. Die Empfehlung ist dabei ein Umfeld zu schaffen, welches sich positiv auf die Stimmung und Motivation der Teilnehmer auswirkt und effektives Lernen und Arbeiten fördert. Außerdem sollen die Kongressbesucher miteinbezogen und ein möglichst aktives Mitwirken dieser ermöglicht werden. Die Mehrheit der in der Literatur erwähnten Erlebniselemente konnte auch auf den untersuchten Wirtschaftskongressen gefunden werden, was beweist, dass der Einsatz von Erlebniskomponenten in der Praxis durchgeführt und als relevant erachtet wird.

Von den Veranstaltern werden folgende konkrete Beispiele für eingesetzte Erlebnisfaktoren in Bezug auf die Gestaltung der Wissensvermittlung genannt: Storytelling, Emotionalisierung und online Voting-Tools. Alle diese Elemente sollen Interaktivität bei den Vorträgen schaffen, genauso wie Diskussionsrunden und Workshops. Partizipative Formate, bei denen die Teilnehmer Themen selbst wählen und diese eigenverantwortlich bearbeiten können, kommen bei den Befragten nicht zum Einsatz. Bei der Locationwahl und –gestaltung setzen die interviewten Personen auf eindrucksvolle Gebäude und ansprechendes Ambiente durch Beleuchtung, Farben, Blumenschmuck und Dekoration. Aspekte wie flexible Raumkonzepte und das Einbinden von Musik werden vernachlässigt. Hingegen die Widerspiegelung eines einheitlichen Themas im Kongressdesign findet auf zwei Kongressen Anwendung. Darüber hinaus wird die Ausstellung erlebnisorientiert gestaltet. Kreative und lustige Ideen sowie interaktive, digitale Elemente werden genutzt, um den Besuch der Stände interessant und neuartig zu gestalten.

Im Bereich Technologie nutzen die Veranstalter in erster Linie Social Media. Für die Kommunikation vor, während und nach dem Kongress werden Videos, Fotos, Berichterstattung, Ankündigungen usw. gepostet, jedoch kaum in Verbindung mit Hashtags. Des Weiteren gibt es keine Apps, Augmented Reality Elemente oder kongresseigene Netzwerke, über welche die Teilnehmer in Kontakt treten können. Live Streams wiederum werden übertragen und genutzt, um Abwesende oder Personen in anderen Räumen an den Inhalten teilhaben zu lassen.

Zusätzliche Erlebniselemente können noch im Rahmenprogramm gefunden werden. Diese Erlebniskomponente wurde als einzige von allen Befragten eingesetzt. Dabei bieten die Veranstalter vor allem Abendveranstaltungen an. Ansonsten gibt es Entertainmentfaktoren wie eine Team Rally oder Preisverleihung neben sowie zwischen den wissenschaftlichen Programmpunkten und auf einem Kongress werden Fachexkursionen angeboten.

Als Hauptziele wurden Aufmerksamkeitserregung bei den Teilnehmern und die Schaffung eines Wettbewerbsvorteils durch die Unterscheidung von anderen Kongressen genannt. Zudem soll der Kongress dank Erlebnisorientierung in Erinnerung bleiben und dafür sorgen, dass die Kongressbesucher diesen weiterempfehlen und wieder kommen. Identifizierte Hindernisse bei der Erlebnisschaffung sind das Budget, die Zielgruppenbedürfnisse und Einschränkungen durch Platzmangel. Zudem kann die Zahl der Teilnehmer Probleme bezüglich der Organisation und Durchführbarkeit interaktiver Sessions verursachen.

Nichts desto trotz sieht die Mehrheit der interviewten Personen die Schaffung von Erlebnissen als wichtig für ihren Kongress an und plant, diese in Zukunft weiter auszubauen. Dass Erlebniselemente ein Hauptmotiv für den Wiederbesuch des Kongresses bzw. entscheidend für die Zufriedenheit der Teilnehmer sind, zweifeln sie jedoch an.

Kurzinfo zur Autorin

Jessica Huf absolvierte ihr Bachelorstudium Tourismusmanagement an der FHWien der WKW, wo sie momentan auch den weiterführenden Masterstudiengang Leadership im Tourismus besucht. Ihre wissenschaftliche Arbeit „Die Implementierung der Erlebniskomponenten in der österreichischen Kongress- und Tagungsbranche“ überzeugte die Fachjury und wurde zur Best Meeting Thesis 2018 in der Kategorie Bachelorarbeit gewählt.

Diesen und weitere Artikel finden Sie auch unter magazin.acb.at

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