T.A.I. auf Schienen in Prag

Von Kuchenbüffets und Künstlertreffs. Bahnreise zur aufblühenden Kaffeeszene

Print-Ausgabe 20. April 2018

Den berühmten Kaffeehäusern Prags fehlte lange nur eines: guter Kaffee – heute ist er selbstverständlich – Bericht von einem Rundgang durch die kultigsten Kavárnas.

Die Anreise von Wien nach Prag, vom Zentrum ins Zentrum, erfolgte mit der Bahn: die knapp vier Stunden Reisezeit sind sowohl mit dem Auto als auch mit dem Flugzeug schwer zu unterbieten, dafür aber stressfrei und komfortabel. T.A.I. konnte sich vor Kurzem davon überzeugen, als es auf Einladung von CzechTourism Wien zur Kaffeehaustour in die „Goldene Stadt“ ging.

Ähnlich wie in Wien, gehören auch in Prag die Kaffeehäuser (auf Tschechisch Kavárnas) zur urbanen Kultur, und die dortige Kaffeeszene hat sich in den letzten Jahren stark weiterentwickelt. Viele der alten Häuser wurden liebevoll und aufwändig restauriert. Architektur, Design und Kunst finden in alten und neuen Lokalen ihren Platz. Und auch der Kaffee selbst ist von erstklassiger Qualität. Von dieser Qualität war auch die Anreise: In nur vier Stunden ging es im bequem und mit umfassendem Bord-Service ausgestatteten Regio-Jet vom Wiener Hauptbahnhof in das Zentrum von Prag. Bei RegioJet handelt es sich um eine Low-Cost Bahnverbindung, die seit Mitte Dezember 2017 angeboten wird. Zum Einsatz kommen moderne Intercity Züge. Tickets von Wien nach Prag sind ab 15 Euro erhältlich (www.regiojet.at).

Untergebracht war die Kaffeehaustour-Gruppe im stylisch ausgestatteten Hotel angelo by Vienna House Prague im Stadtteil Smíchov. Unweit davon befindet sich das urige tschechische Restaurant U Pinkasů, wo seit mehr als 170 Jahren ohne Unterbrechung das untergärige Pilsner Urquell gezapft wird und es sich opulent speisen lässt.

Doch wir waren nicht wegen des Bieres gekommen, sondern wegen der Kaffeehäuser. Zur Hochblüte der Prager Kavárnas, – in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts –, suchte allerdings kein Mensch diese Lokalitäten zum Kaffeetrinken auf („Der Kaffee ist hier stadtbekannt schlecht“, ätzte einst der tschechische Literaturnobelpreisträger Jaroslav Seifert, 1901-1986). Sie dienten vielmehr als Treffpunkt für intellektuellen Austausch, zur Unterhaltung sowie als Informationsquelle mit über 200 Zeitungen und Zeitschriften.

Bei der Prag Tour auf den Spuren des Kaffees, – er hat seit der Jahrtausendwende einen extremen Qualitätsschub verzeichnet –, führt der Weg zunächst zu einem der ältesten Kaffeehäuser Prags: dem Muzejní kavárna, direkt im Museum unter der Karlsbrücke gelegen. Im ursprünglichen Barockgebäude des Ordens der Kreuzherren mit dem Roten Stern eröffnete der christliche Armenier Jiří Deodat (Georgius Deodatus Damascenus) aus Damaskus 1714 das erste Prager Kaffeehaus.

Unweit der Smetanovo nábřeží – dem nach dem tschechischen Komponisten Bedrich Smetana benannten rechten Flussufer zwischen der Legií- und Karlsbrücke – trifft man auf das nächste Highlight: das 1881 im Neurenaissance Stil eröffnete Café Slavia gegenüber dem Nationaltheater. 1934 wurde das Kaffeehaus im Art Deco Stil umgebaut, galt als Ikone der tschechischen Kulturwelt und war Treffpunkt von Künstler- und SchauspielerInnen.

Ganz anderes Flair vermittelt das 1893 gegründete Café Savoy (Vítězná 5): Dort blitzen die Kronleuchter. Bekannt für feinste Tortenkreationen, zählt das Café Savoy zu einem der beliebtesten Treffpunkte für Studentinnen und Geschäftsleute.

Weniger bekannt ist das Grand Café Orient in der Ovocný trh 19, im ersten Stock des kubistischen Gebäudes „Zur schwarzen Mutter Gottes“ (U Černé Matky Boží). Ursprünglich ein Kaufhaus, wurde es in der Altstadt von Prag nach Plänen des Architekten Josef Gočár errichtet, der auch für das Interieur verantwortlich zeichnete. Das Café existierte lediglich zehn Jahre, wurde dann als unmodern abgetan und geschlossen. Erst vor kurzem erkannte man den architektonischen Wert dieses Juwels und eröffnete das Café wieder. Im Haus „Zur schwarzen Mutter Gottes“ befindet sich zudem das Kubistische Museum mit Exponaten tschechischer Architekten.

Zu den schönsten und prunkvollsten Cafés in der Prager Neustadt (Na Poříčí 15) zählt das im Spätjugendstil errichtete Café Imperial. Franz Kafka oder der Komponist Leoš Janáček waren hier gerne zu Gast. Es beeindruckt mit wunderschönen babylonischen, ägyptischen und griechischen Motiven an Decken und Wänden. Auch das Kuchenbüffet lässt keine Wünsche offen.

Jugendstil-Fans sollten in der Neustadt (Národní 22) unbedingt das Café Louvre besuchen. Anhänger der Philosophie Franz Brentanos (Aktpsychologie) und Gäste wie Kafka, Brod, Werfel oder Einstein gingen hier ein und aus.

Abgerundet wurde die Kaffeehaustour mit einer eindrucksvollen Aufführung eines nonverbalen Schwarzlicht-Theaterstücks zu Motiven von „Alice im Wunderland“ von Lewis Caroll. Einen Abstecher in das so genannte Schwarze Theater sollten sich Prag-Besucher nicht entgehen lassen. 

Eindrücke aus Prag

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