ANA
Incoming-Tourismus

Stille Tourismus-Großmacht Incomer! Vergleich von Österreich mit Deutschland

T.A.I. 24 TOP News

Gut 80 TouristikerInnen aus Deutschland und dem Ausland – darunter auch aus Österreich – diskutierten Anfang Mai im Rahmen einer von SKAL-Berlin initiierten Videokonferenz über Auswirkungen der Corona-Krise auf das Deutschland-Incoming sowie auf die Incoming-Unternehmen. Prominente Teilnehmerin war Petra Hedorfer, Vorstandsvorsitzende der Deutschen Zentrale für Tourismus (DZT).

Incomer am stärksten betroffen

Die Situation der Incoming-Agenturen und DMCs (Destination Management Companies) ist prekär: „Bei allen Maßnahmen ist die Rede bislang überwiegend von Reisebüros und Veranstaltern. Die Incoming-Unternehmen sind jedoch alle und ausnahmslos am ärgsten betroffen, da ihr Geschäft aus vielerlei Gründen erst am Ende der Kette wieder anlaufen wird“, so Sebastian Worel, der Geschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Incoming-Unternehmen (BVDIU). Dies trifft auch auf Österreich zu, wie T.A.I. vor kurzem in einem Bericht festgestellt hat, der Worel zu einem Leser-Kommentar animierte.

Starke Zahlen in Deutschland …

Deutschlands Incoming-Unternehmen wickelten laut einer BVDIU-Studie von 2019 insgesamt 3 Mrd. Euro der insgesamt 15 Mrd. Euro Incoming-Umsatz ab und brachten 16 Prozent aller Gäste aus dem Ausland nach Deutschland. „Wir kennen unsere Kunden genau“, betonte Worel, „wir wissen, was jeder Veranstalter für seine Endkunden in den Quellmärkten braucht und könnten exakt dies auch liefern. Online-Direktbuchungsportale sind dazu nicht in der Lage.“

Dass die Leistungen der Incomer der Öffentlichkeit trotzdem nicht ihrer Bedeutung entsprechend bewusst sind, liegt daran, dass sie „eher im Hintergrund agieren.“ Selbst „für manche aus der Branche sind sie kaum auf dem Radar.“

… noch stärkere in Österreich

In Österreich zeichnen die Incoming-Reisebüros bzw. DMCs laut Helmut Bernhart von „Tourismusforum Incoming“ (TFI) mit zuletzt ca. 32,5 Mio. vermittelten Übernachtungen für mehr als ein Fünftel (21,7%) des Gesamtaufkommens aller Gäste im Österreich-Tourismus verantwortlich. Hochgerechnet entspricht dies einem durch Incomer vermittelten Umsatz in Höhe von ca. 4,2 Mrd. Euro (die Ausgaben aller Gäste aus dem Ausland erreichten 2018 rund 19,6 Mrd. Euro (Quelle: Österreichische Nationalbank).

Österreich als Incoming-Riese

Generell ist Österreich deutlich stärker vom Incoming abhängig, als die Bundesrepublik. Das übliche Verhältnis zum „großen Nachbarn“ wird hier auf den Kopf gestellt:

  • erreichte Österreich 2018 beim BIP (Bruttoinlandsprodukt) 455,7 Mrd. US-Dollar, kam die Bundesrepublik auf 3.996,8 Mrd. Dollar (Verhältnis 1:8,8).
  • Bei den Ausländer-Nächtigungen liegt die Relation bei 1,3:1 zugunsten der Alpen- und Donaurepublik (Österreich erreichte 2018 rund 110,4 Millionen, Deutschland "nur" 87,4 Millionen).
  • Bei den Tourismuseinnahmen ist die Dominanz von Österreich (wie erwähnt 19,6 Mrd. €) gegenüber der Bundesrepublik (15 Mrd. €) mit 1,2:1 etwas geringer, was durch den höheren Anteil des Geschäftstourismus im Deutschland-Incoming erklärbar ist.

Extreme Abhängigkeit versus Gleichverteilung

Aus dem von T.A.I. angestellten Vergleich geht auch hervor, dass Österreich anders als die Bundesrepublik überproportional von einem Quellmarkt abhängig ist: Deutschland als Herkunftsland Nummer 1 sorgt für 51% aller Ausländernächtigungen.

In der Bundesrepublik sorgen die Niederlande als stärkster Quellmarkt für 13% des Gesamtaufkommens (Österreich liegt an 5. Stelle mit 5% des Nächtigungsvolumens).

Die Top-3 Quellmärkte in Österreich zeichnen für 65% des Aufkommens verantwortlich, die Top-3 Länder der Bundesrepublik für 29%.

Vergleicht man die jeweils 12 stärksten Quellmärkte, zeichnen diese in Österreich für 83% des Volumens verantwortlich, in Deutschland sind es nur 67%.

Partnerschaft mit der Hotellerie

Zurück zu der von SKAL-Berlin Präsident Alex Gabriel Elsohn (AGE International, BVDIU-Präsident) initiierten Video-Konferenz. Für BVDIU-Geschäftsführer Sebastian Worel sei es jetzt wichtig, „die Entfremdung zwischen Incoming-Agenturen und Hotels zu überwinden.“ Es gehe darum, die Partnerschaft auf neue Füße zu stellen und deutlich zu machen, dass die zu zahlenden Provisionen sehr gut angelegtes Geld seien: „Es wird die Incomer zukünftig noch mehr brauchen, weil sie den Gast immer genau im Blick haben, weil sie Botschafter im Ausland sind und Zuversicht und Sicherheit vermitteln. Das Modell zieht Menschen an, die sich gegenseitig vertrauen.“

Erholung dauert zwei bis drei Jahre

DZT-Chefin Petra Hedorfer wird es „besonders lange“ brauchen, um als Reiseland „wieder so sicher und attraktiv wie vormals wahrgenommen zu werden.“ Sie rechnet „mit zwei bis drei Jahren, bis wir wieder auf dem alten Niveau sein werden.“ Es ist davon auszugehen, dass ein ähnlicher Zeithorizont auch für Österreich gilt.

Kommentar schreiben

Bitte die Netiquette einhalten. * Pflichtfelder

Nach oben