ANA
Kulturtourismusstudie 2018

Hausaufgaben fürs „Stiefkind“ - Starke Säule mit Schwachstellen

Print-Ausgabe 1. Juni 2018

Jede zweite Kultureinrichtung im deutschsprachigen Raum konnte in den vergangenen fünf Jahren einen Anstieg der touristischen Besucher verzeichnen, bei rund einem Drittel machen Touristen sogar einen geschätzten Anteil am gesamten Besucheraufkommen von mehr als der Hälfte aus. Von dem Trend profitieren nicht nur Großstädte, sondern vor allem auch Einrichtungen im ländlichen Raum, der lange Zeit als „Stiefkind“ des Kulturtourismus galt. Er ist also ein wesentlicher Faktor im touristischen Geschehen. Wissenschaftliche Unterlagen zu dem Thema gab es bislang keine. Das hat sich mit der Kulturtourismusstudie 2018 geändert.

Erstmalig liegt damit für den deutschsprachigen Raum eine umfassende Bestandsaufnahme des Phänomens Kulturtourismus vor und zwar sowohl aus Sicht von Kultur- als auch von Tourismusakteuren.

Ermittelt wurde dabei auch jener Handlungsbedarf, um potentielle Kulturtouristen verstärkt zu Besuchern und Gästen zu machen. Denn einige Ergebnisse der Studie sind alles andere als erfreulich:

  • So sind Kenntnisse über kulturtouristische Zielgruppen zum Großteil veraltet;
  • das Marketing ist oft nicht zeit- und zielgruppengerecht;
  • die kommunale Kulturverwaltung ist kaum in die Diskussionen mit eingebunden;
  • und das Geschehen konzentriert sich zu 75 Prozent auf baukulturelles Erbe, während das zeitgemäße, aktuelle Kulturgeschehen meist ausgeblendet wird.

Der Grund für Letzteres liegt laut Studie in den längeren Planungshorizonten der Touristik: das baukulturelle Erbe kann meist unabhängig von Saison und Spielplan beziehungsweise Jahresprogramm vermarktet werden und kommt damit der langen Vorlaufzeit für buchbare Angebote und Kampagnen entgegen. „Vermarktet wird, was vermarktungsfähig angeboten werden kann“, heißt es dazu in der Studie.

Womit als eine ihrer Schlussfolgerungen angeregt wird, dass Kulturinstitutionen und Touristiker „gemeinsam zuverlässige Kulturangebote schnüren sollen, die den Planungshorizonten der Touristiker entsprechen und die Kulturlandschaft einer Destination zeitgemäß und kreativ widerspiegeln.“ Ebenso müssen kommunale Kulturverwaltungen verstärkt in eine aktive Rolle im Kulturtourismus eingebunden werden.

Während also Kultureinrichtungen gefordert sind, von ihrer Planung und Angebotsgestaltung „den Mindestanforderungen der Touristiker zu entsprechen“, sollten die Destinationen wiederum ihre Teams um kompetente Ansprechpartner für Kulturtourismus (am besten mit Berufserfahrung im Kulturbetrieb oder einschlägigem Studium) erweitern.

Fazit: alle drei Hauptakteure Akteure – Kultureinrichtungen, kommunale Kulturverwaltungen sowie Touristik – sind gefordert, ihre Aktivitäten enger aufeinander abzustimmen und miteinander zu vernetzen. Eine umfangreiche Präsentation der Kulturtourismusstudie 2018 erfolgt in einer der kommenden Ausgaben des Magazins „Tourismus Wissen quarterly“.

Die Kulturtourismusstudie 2018 in Stichworten

Initiatoren der Kulturtourismusstudie 2018 sind das Institut für Kulturmanagement an der Pädagogischen Hochschule in Ludwigsburg und die projekt2508 GmbH. Die Daten für die Kulturtourismusstudie 2018 wurden mittels Online-Befragungen im Zeitraum Juni 2015 bis März 2016 durchgeführt. Generiert wurden dabei 910 Datensätze aus Kulturbetrieben, 232 aus Kulturverwaltungen sowie 504 aus Tourismusorganisationen.

Artikel teilen Artikel teilen per Mail verschicken ausdrucken

Erstellt am: 01. Juni 2018

Foto oben: © kulturmanagement.ph-ludwigsburg.de

Kommentar schreiben

Bitte die Netiquette einhalten. * Pflichtfelder

Nach oben