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„Red Sea Project“

Gigavorhaben im Tourismus nimmt Formen an! Saudi-Arabien setzt mit „Red Sea Project“ Maßstäbe

T.A.I. 24 TOP News

Bezüglich Saudi-Arabien ist ein kräftiges Umdenken angesagt, seit das Land im September 2019 seine Türen für internationale Gäste öffnete. Bis damals waren Einreisen nur für Pilger:innen, Geschäftsleute und im Ausland lebende Arbeitnehmende möglich. Ein Jahr später wurde die Saudi Tourism Authority ins Leben gerufen.

Zwar überwiegt in dem flächenmäßig sechsmal größeren Staat als Deutschland nach wie vor der Inlandstourismus (2023 gab es in Saudi-Arabien 79,3 Millionen derartige Ankünfte), doch die Zahl der internationalen Gäste ist stark steigend: Von 17,57 Millionen in 2018 und 20,292 Millionen im Jahr der Öffnung 2019 kletterten die internationalen Ankünfte Saudi-Arabiens 2023 auf 27,4 Millionen. Bis 2030 sollen es 70 Millionen sein.

Damit musste auch das Ziel, bis 2030 rund 100 Millionen Ankünfte bzw. Besucher:innen (Inland und international) zu erzielen, auf 150 Millionen abgeändert werden. Zum Vergleich: Österreich zählte 2023 rund 45,2 Millionen Ankünfte (also weniger als die Hälfte als Saudi-Arabien), davon 30,9 Millionen aus aller Welt (noch um ca. 12,8 % mehr als Saudi-Arabien).

Historische Stätten & neue Mega-Projekte

Wie man's auch dreht und wendet: Mit dem Königreich öffnet sich das Herz der arabischen Welt – es erstreckt sich über rund vier Fünftel der arabischen Halbinsel – dem internationalen Tourismus. Auch wenn Saudi-Arabien nur rund 8,3 % der Bevölkerung aller 22 arabischen Länder aufweist (12 davon in Asien, der Rest in Nordafrika), beherbergt es mit seinen historischen Stätten eine schier unerschöpfliche Bandbreite an Sehenswürdigkeiten.

Highlights sind etwa Jeddahs Altstadt Al-Balad, die im Norden des Landes gelegenen Oasenstadt Jubbah (dort befindet sich eines der weltweit größten und bedeutendsten antiken Denkmäler mit Felsinschriften und Skulpturen aus der Mittelsteinzeit) und die archäologische Stätte Al-Hijr (am besten erhaltene Ausgrabung der nabatäischen Zivilisation).

Dazu kommen zahlreiche neue Mega-Projekte, wie etwa das im Golf von Akaba gelegene NEOM, die auf Luxustourismus fokussierte am Roten Meer gelegene Lifestyle-Destination Amaala oder das künftig als umweltfreundlichstes Tourismuszentrum der Welt in Entwicklung befindliche „Red Sea Project“.

„Red Sea Project“ als Ganzjahresziel

Im Jahr 2017 gestartet, fungiert seit drei Jahren im „Red Sea Project“ Reema Al-Mokhtar (Bild oben) als Travel Trade Marketing Direktorin. T.A.I. hatte Gelegenheit, die perfekt Englisch sprechende, weltoffene Saudi-Arabierin (sie absolvierte ein Studium in Englischer Literatur an der King AbdulAziz University in Jeddah) auf der ITB Berlin 2024 kennenzulernen und Details über das „Red Sea Project“ zu erfahren. Auf 22 Inseln (von insgesamt 90), an der Küste sowie im von Wüsten und Bergen dominierten Landesinneren soll es bis 2030 fertiggestellt werden.

Konkret befindet sich das als Ganzjahresziel konzipierte „Red Sea Project“ auf ähnlicher geographischer Höhe wie Marsa Alam in Ägypten, nur eben am Osten des Roten Meeres gelegen. Neben einem Yachthafen ist auch ein großes Wellnesszentrum geplant. Die Gesamtfläche erstreckt sich über 28.000 m². Anlagen wie das Six Senses Southern Dunes und das St. Regis Red Sea Resort sind bereits geöffnet, Nujuma von Ritz-Carlton folgte vor kurzem. Bis 2026 ist die Eröffnung von 16 weiteren Hotels mit zusammen 3.000 Zimmern geplant, 50 Resorts sollen es dann 2030 sein.

Der internationale Flughafen Red Sea International Airport (RSI), zu 100 % mit erneuerbarer Energie betrieben, wurde bereits Ende September 2023 eröffnet. Der Hauptterminal folgt 2025 und 2030 sollen rund 1 Million Passagiere abgefertigt werden. Vorerst fliegen nur Saudia aus Riad und Jeddah sowie FlyDubai aus Dubai dorthin. Reema Al-Mokhtar: „Wir sprechen aber mit Condor bezüglich Flügen aus der DACH-Region.“

Fokus auf Nachhaltigkeit

„Alles wird neu entwickelt“, so Reema Al-Mokhtar, der zufolge es sich beim „Red Sea Project“ um die Kombination von Luxus mit Natur handelt: „Wir wollen eine bessere Destination hinterlassen, als sie sich darstellte, bevor wir gekommen sind.“

Um den Nachhaltigkeitsaspekt auch wirklich hochhalten zu können, wurde bei der Auswahl der Architektur-Studios auf deren Referenzen geachtet. Es werden sämtliche Bauten nicht vor Ort errichtet, sondern in Fertigteilen geliefert und vor Ort zusammengesteckt, wodurch anfallender Bauschutt deutlich reduziert wird. Um Schäden am Korallenriff zu vermeiden und die Meeresströmungen nicht zu stören, wird auf Biodiversität geachtet und modernste Meerestechnik eingesetzt.

Damit nicht genug, verpflichtete sich „Red Sea Global“ 2023 mit dem „Coral Commitment“, Korallen im Roten Meer und darüber hinaus zu schützen und zu regenerieren. Die erste Phase den „Coral Gardening“-Pilotprojekts wurde ebenfalls bereits abgeschlossen.

Antworten auf viele Fragen liegen in der Zukunft

Fakt ist: Bis 2019 galt das Königreich Saudi-Arabien nicht als Touristenziel. Dies hatte auch mit den lange (und großteils noch immer) geltenden konservativen Gesetzen und Kleiderordnungen zu tun. Mitte der 2010er-Jahre wurde zwar eine Kampagne zur Modernisierung des Landes gestartet, doch auch heute bestehen noch erhebliche Geschlechterunterschiede, Alkohol gilt als illegal und auch Social-Media-Konten von Besucher:innen werden routinemäßig überwacht. Die sich vollziehenden und noch bevorstehenden Änderungen dürften aber nicht mehr aufzuhalten sein.

Rund 800 Milliarden US-Dollar (andere Quellen sprechen von 1.000 Mrd. Dollar) werden angeblich in die Transformation des Reisezieles Saudi-Arabien gesteckt. Das auf 16 Mrd. Dollar geschätzte „Red Sea Project“ macht da nur einen verschwindenden Teil aus. Doch es ist das am weitesten fortgeschrittene Gigaprojekt.

Eine große Frage besteht darin, ob Saudi-Arabien aus Fehlern der Vergangenheit lernt, die anderswo begangen wurden, eine andere ob es in der Lage ist, negative Auswirkungen des Tourismus abzumildern. Und zu guter Letzt geht es darum, ob der Modernisierungskurs auch in den oben genannten Bereichen greift. Die Zukunft wird Antworten dazu liefern.

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