ANA
Luftfahrt Symposium 2016

Wettbewerb wird härter, auch unter Europas Flughäfen

Print-Ausgabe 23. September 2016

Beschönigt wurde nichts beim Luftfahrt Symposium in Wien – Airports und Airlines stehen weitere tiefgreifende Veränderungen ins Haus

In Europas Luftfahrt vollzieht sich ein Wandel. „Luftfahrt-Marktstrukturen ändern sich, ebenso die Dynamik“, so Olivier Jankovec, Generaldirektor des Airport Council International Europe (ACI), in seiner Key Note anlässlich des 15. Luftfahrt Symposiums, das vom Österreichischen Luftfahrtverband Mitte September in Wien veranstaltet wurde. Zwar lief das erste Halbjahr 2016 in Europa recht gut (Passagier-Plus 4,9 Prozent), doch die Terror-Attacken in Paris und Brüssel kosteten 2 Millionen Passagiere und im zweiten Halbjahr trüben Russland/Ukraine, Türkei, „Brexit“ und Flüchtlingswelle das Umfeld ein.

Mario Rehulka, Präsident des Luftfahrtverbandes und Initiator des Symposiums, konnte sich über ein gut gefülltes Auditorium freuen. Auch das Podium beim „Club Talk“ war prominent besetzt: mit Kay Kratky (Austrian), Oliver Lackmann (NIKI) und Dieter Watzak-Helmer (Eurowings Europe) saßen drei Airline-Chefs auf der Bühne, mit Julian Jäger ein Flughafen Wien-Vorstand und mit Heinz Sommerbauer der CEO von Austro Control. Die Politik war durch Sektionschefin Ursula Zechner (BMVIT) und Georg Hasslinger, Generaldirektion Transport und Verkehr der EU Kommission, vertreten.

Rehulka hob in seiner Begrüßungsrede die neue EU-Luftfahrtstrategie hervor, die im Dezember 2015 vorgestellt wurde: damit würde sich „die Behörde jetzt im Rahmen der Luftfahrtabkommen für die Überprüfung von fairen Wettbewerbsregeln einsetzen.“ Er sprach von „Doping-Tests der EU für fairen Wettbewerb.“ Abkommen mit 14 Drittländern stünden dabei im Mittelpunkt. Wobei sich wettbewerbsmäßig zuletzt viel verändert habe. Rehulka nannte die Lufthansa-Gespräche mit Etihad rund um Airberlin-Kapazitäten auf deutschen Flughäfen, die Emirates A380-Premiere in Wien, die Business Class bei NIKI und Airberlin oder die Qatar-Investments bei IAG, Meridiana sowie LATAM.

Wie ACI Europe-General Olivier Jankovec ausführte, dürfte dies ein Vorspiel für noch tiefergreifende Veränderungen gewesen sein. Als Treiber der Entwicklung sieht er die Low Cost Carrier (LCC): „Sie werden hochwertiger im Produkt und erobern mehr Marktpräsenz. Ihre Flugzeugkapazität nimmt zu und sie beginnen mit der Langstrecke.“ Darüber hinaus zeigen sie enorme Profite. Wobei der Wettbewerb unter den LCC äußerst bescheiden ist: nur auf 6 Prozent ihrer Routen stehen sie in Konkurrenz zu anderen Billig-Airlines.

Auch die großen Netzwerk-Fluglinien weisen Profite aus. Hier helfen fallende Ölpreise und neue Technologien. Doch die Restrukturierungen (allen voran Air France/KLM oder Lufthansa Group) sind noch nicht abgeschlossen und der Druck der Golf Carrier und von Turkish ist mit deren „unglaublichem Wachstum“ (Rehulka) groß.

Ebenso verändern sich die Verbindungs-Modelle: Die Vielfalt an Routen in Europa ist laut Olivier Jankovec top, wobei die Riesen (LHR, CDG, AMS, FRA aber auch MUC) stärker werden, während kleine regionale Flughäfen verlieren (-30 Prozent Verbindungen seit 2008). Jankovec: „Die Drehscheiben-Konnektivität hat stark zugenommen, Sekundärflughäfen haben hauptsächlich durch Billigflieger gewonnen.“ Der ACI-Manager rechnet mit mehr Hub-Wettbewerb und neuen Mischformen bei Flughäfen.

Wie beim Club Talk betont wurde, werde es zu einer Marktbereinigung auch unter Europas Flughäfen kommen, deren Wettbewerb härter wird. Ein wichtiger Faktor ist der Transferverkehr, dessen Anteil in Wien binnen weniger Jahre von rund einem Drittel auf ein Viertel gesunken ist, wie Airport-Vorstand Julian Jäger ausführte. Gründe dafür sind neue Konkurrenten wie Istanbul, der Sanierungskurs der AUA sowie der Einbruch im Russland-Geschäft. Bisher konnte der Transfer-Rückgang aber durch mehr Lokalverkehr überkompensiert werden.

Der Wandel in Europas Luftverkehr geht also weiter. Mega-Trends dabei sind laut Jankovec „eine langanhaltende Stagnation & das Ende der Zyklen, neue Technologien & virtuelle Realität sowie der Rückzug von Geopolitik & Globalisierung – soll heißen mehr Protektionismus & Regulierungen.“ Damit traf das diesjährige Motto des Symposiums „Engpässe in Europas Luftfahrt“ den Nagel voll auf den Kopf. 

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