Zollfreie Gedanken

Nachhaltig pleite

Print-Ausgabe 12. August 2016

Geht es – wie jetzt wieder – um Olympische Spiele, tauchen unweigerlich zwei Begriffe auf: Milliardeneinnahmen und Nachhaltigkeit. Die ersteren fallen in enormer Höhe beim IOC an, in zunehmend verschwindender Größenordnung bei den nationalen Veranstaltern. So begnügte sich das Internationale Olympische Komitee bis in die Achtzigerjahre noch mit bescheidenen 4 Prozent der Einnahmen aus den TV-Rechten, derzeit liegt der Satz bei 70 (!) Prozent. Womit dann die Veranstalter auf dem Großteil der Kosten, dazu meist noch überdimensionierten Sportstätten, sitzen bleiben.

Ja aber die Nachhaltigkeit, heißt es dann, besonders die für den Tourismus. Hier ist Vorsicht angebracht. So sind bisher nur jene Orte sportlicher Großereignisse gut gefahren, die keine neuen Sportstätten gebaut, sondern bestehende vergrößert haben. Das Gros der Investitionen ist dort in den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur geflossen, die der einheimischen Bevölkerung und dem Tourismus auf Dauer zu Gute kommt. Außerdem wurde für die zu errichtenden Gebäude ein klares Nachnutzungskonzept entwickelt und umgesetzt. Diese Vorgehensweise dürfte bei den letzten Fußballeuropameisterschaften ziemlich durchgängig der Fall gewesen sein, einige etwas zu groß geratene Stadien können als verkraftbarer Kollateralschaden durchgehen. Überhaupt scheint die UEFA gelernt zu haben – die EURO 2020 wird in 13 europäischen Städten durchgeführt, die Finalspiele in London. Das trägt der historischen Rolle Englands im europäischen Fußballsport Rechnung und mit der Ausbreitung des sportlichen Events auf den ganzen Kontinent kann vielleicht mehr für die europäische Idee getan werden als mit gut gemeinten aber hilflosen offiziellen Aktionen zur Stärkung des europäischen Bewusstseins.

Als Veranstaltungen von touristischem Wert könnten am ehesten noch Winterolympiaden ins Treffen geführt werden. Das Beispiel Sotschi zeigt dabei die Pros und Contras auf: Der Ort selbst – mit seiner großartigen Küste schon seit einem Jahrhundert als russische Riviera bekannt – wurde ebenso wie das gebirgige Hinterland mit dem Skizentrum Rosa Khutor um viel Geld aufgerüstet. Beides zusammen ergibt eine Region, die alles hat, was das Touristenherz erfreut – unendliche Badestrände, gut gepflegte Strandpromenaden, neue Hotels, viele Restaurants und eine eindrucksvolle Gebirgskette im Hintergrund, die für Winter- und Sommersport bestens geeignet ist. Trotz eines günstigen Rubelkurses machen aber ausländische Touristen nur drei Prozent aller vier Millionen Besucher der Region aus. Es gibt ganz offensichtlich niemanden, der die Destination als Ganzes im Ausland vermarktet. Ein gut funktionierendes Destinationsmanagement ist eben auch ein ganz wichtiges Instrument, um Nachhaltigkeit im Gefolge kostspieliger Großveranstaltungen zu sichern.

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